Northrop und Boeing kämpfen weiter um größten Rüstungsauftrag
Der Auftrag ist einfach zu groß, um sich schon nach der ersten verlorenen Runde geschlagen zu geben. Derzeit zittern die Flugzeughersteller Northrop Grumman, Boeing und Lockheed Martin, wer den nächsten Bomber für das US-Militär bauen darf. Der Auftrag hat einen Wert von 80 Milliarden $.
Ende Oktober schossen bei Northrop Grumman, dem kleinsten der drei amerikanischen Rüstungskonzerne, die Sektkorken in den Himmel: Die amerikanische Luftwaffe hatte das Unternehmen mit dem Bau des nächsten amerikanischen Langstreckenbomber LRS-B beauftragt. Northrop Grumman soll in den nächsten Jahren 100 Bomber für einen Festpreis von insgesamt 80 Milliarden $ liefern.
Dabei hatte die Branche damit gerechnet, dass das Konsortium aus Boeing und Lockheed Martin, die ihre Rivalität eigens für dieses Großprojekt begraben haben, zum Zuge kommen würde. Doch die Pleite lassen Boeing und Lockheed nicht auf sich sitzen: Die Unternehmen legten vor einem Monat Beschwerde ein. Jetzt wird die Auftragsvergabe noch einmal überprüft. Die amerikanische Vergabeordnung für große Militäraufträge sieht das ausdrücklich vor.
Einspruch gegen Vergabe an Northrop Grumman
Der Protest kann durchaus noch die Vergabe kippen. Das musste Airbus erleben, als der europäische Konzern den Auftrag für den neuen Fliegenden Tanker der US Air Force erhielt. In einem Revisionsverfahren ging dieser Auftrag dann an Boeing. Angefochten werden kann eine Vergabeentscheidung, wenn es zu Unregelmäßigkeiten wie etwa Bestechungen gekommen sein könnte.
Das Gleiche ist möglich, wenn die Bewertung einzelner technischer Aspekte des angebotenen Waffensystems einer späteren Überprüfung nicht standhält. Dennoch, die US Air Force scheint sich ziemlich sicher zu sein, dass der Jahrhundertbomber von Northrop Grumman gebaut werden wird. Allerdings gibt es auch in US-Medien noch keine Hinweise, wie die Prüfung ausgehen könnte.
B-2 Bomber ist Northrops Paradestück
Northrop weist große Erfahrung im Bau supermoderner Bomber auf. Technisches Paradestück war bisher der B-2 Bomber, von dem Northrop aber nur 21 Exemplare bauen konnte, ehe das Pentagon das Programm aus vielfältigen Gründen, so auch extremen Kostenüberschreitungen, abbrach.
Der LRS-Bomber, kurz für (Long Range Strike Bomber), knüpft an die B-2 insofern an, als auch die neue Entwicklung ein so genannter Nur-Flügel-Bomber ist. Das Flugzeug hat also weder einen klassischen Rumpf, noch ein herkömmliches Heckleitwerk. Alles ist vielmehr in die Tragflächen integriert.
Sowohl die US Air Force wie auch Northrop Grumman schweigen sich bislang über sämtliche Details der LRS-B vollkommen aus. Informationsquellen zu dem Bomber sind daher vor allem Zulieferer, die sich allerdings ebenfalls auffällig bedeckt halten. Triebwerk-Lieferant wird wohl Pratt & Whitney sein. Die LRS-B dürfte zwei Triebwerke haben, obwohl einzelne Zulieferer einen dreimotorigen Bomber nicht gänzlich ausschließen.
Neuer Bomber soll für das Radar unsichtbar sein
Der LRS-Bomber zeichnet sich durch eine Reihe von Eigenschaften aus. Erstens ist es ausdrücklich ein Langstreckenbomber, dessen Einsatzbasen sehr weit von potentiellen Gegnern entfernt liegen werden. Zweitens soll dieser Bomber für das Radar nahezu unsichtbar fliegen. Es wird also ein so genanntes Stealth-Flugzeug werden. Drittens soll der LRS-B stärkere Beschädigungen oder Systemausfälle an Bord ohne Absturzgefahr hinnehmen können als jeder bisherige andere Bomber der US Air Force. Viertens soll dieses Flugzeug künftige Waffensysteme und elektronische Ausrüstungen besonders schnell und kostengünstig integrieren können.
Die amerikanischen Streitkräfte haben aus vielfältigen technischen Schwierigkeiten und Rückschlägen in der Vergangenheit offenbar gelernt. Das bedeutet, dass der LRS-Bomber in der Lage sein muss, mit jedem anderen amerikanischen Waffensystem der Luftwaffe, der Landstreitkräfte und der Marine unproblematisch zu kommunizieren und technisch zu kooperieren. Dazu gehört auch das Open Mission System (OMS), das vom Pentagon als „offene Architektur“ charakterisiert wird. OMS soll ermöglichen, in Zukunft alle neuen Waffen und Systeme der Streitkräfte ebenfalls mit dem nun zu bauenden Bomber kommunizieren lassen zu können. Die dazu erforderlichen so genannten Upgrades oder Weiterentwicklungsstufen sollen schnell und kostengünstig ablaufen.
Größter Rüstungsauftrag des Jahrzehnts
Ungeachtet der extrem hohen Gesamtkosten von 80 Milliarden $ – es soll sich um den größten Rüstungsauftrag des Jahrzehnts handeln – zeigt sich das Pentagon bisher zufrieden mit der finanziellen Vereinbarung mit Northrop Grumman. Dabei werden 23,5 Milliarden $ als Entwicklungskosten eingestuft. Der Stückpreis je Flugzeug beläuft sich bei insgesamt 100 zu bauenden Bombern ohne Entwicklungskostenanteil auf rund 500 Millionen $.
Die Frage ist allerdings, ob es dabei tatsächlich bleiben wird. Die Entwicklung fast aller großen Waffensysteme der Vergangenheit waren von erheblichen Kostenüberschreitungen gekennzeichnet. Der Vertrag mit Northrop Grumman sieht vor, dass das Unternehmen zunächst 21 Bomber baut, die an der Flug- und Systemerprobung teilnehmen. Wenn daraus eine befriedigende Lösung für den endgültigen Bomber gefunden worden ist, sollen die restlichen 79 Maschinen sehr schnell gefertigt und die genannten 21 auf den gleichen technischen Status umgerüstet werden.
Der sogenannte Jahrhundert-Bomber
Amerikanische Bomber zeichnen sich wie jene der Russen durch ein ungewöhnlich langes Einsatzleben aus. Die legendäre B-52 von Boeing, die auch heute noch in großer Zahl geflogen wird, ist mehr als 50 Jahre alt und soll noch weitere 20 Jahre fliegen. Für den LRS-B wird eine noch darüber hinaus gehende Lebenserwartung eingeplant. Dieses Flugzeug könnte eines Tages durchaus 100 Jahre in Betrieb sein.
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