Portugiesische Insel soll völlig CO2-frei werden
Nur Windkraft, Solarenergie und Elektroautos: Auf Porto Santo sollen gut 5.000 Menschen bald völlig emissionsfrei leben. Elektroautos dienen dabei nicht nur als Fahrzeuge, sondern auch als temporäre Energiespeicher.
Auf Porto Santo wird es niemals kalt und selten heiß. Die Luft ist trocken und konstant mild, Heizung und Klimaanlagen braucht es hier kaum. Die Insel nahe Madeira ist kaum größer als der Berliner Bezirk Mitte, und der Bedarf an moderner Energieversorgung ist trotz des stabilen Klimas hoch, schließlich kommt der Strom hier oft noch aus einem Dieselgenerator. Ein ideales Testgebiet für das Projekt, das die Münchener Firma The Mobility House (TMH) gemeinsam mit Renault und dem örtlichen Energieversorger gestartet hat.
In drei Jahren soll es auf Porto Santo mit seinen gut 5.000 Einwohnern praktisch nur noch Elektroautos geben, und der Strom dafür soll ausschließlich durch Windräder und Photovoltaikanlagen erzeugt werden. Bei durchschnittlich zehn Sonnenstunden pro Tag selbst im Januar scheint vor allem die Solartechnik vielversprechend.
Altbatterien als zusätzliche Speicher
Die beteiligten Unternehmen sehen das Projekt als Modell für eine Zukunft, in der selbst ganze Städte komplett emissionsfrei funktionieren könnten. Der Clou an dem Konzept ist, dass die Stromspeicher der E-Autos „bidirektional“ arbeiten. Sie können also nicht nur geladen, sondern auch gezielt entladen werden. Außerdem ermögliche eine neue Technologie den Anschluss an das lokale Stromnetz. Die Batterien werden damit zu temporären Speichern, wenn gerade mehr Energie erzeugt als gebraucht wird – und zu Reserven im umgekehrten Fall. Hinzu kommen so genannte Second-Life-Batterien, also ausgediente Fahrzeugakkus, die Renault zur Verfügung stellt und die als zusätzliche Speicher dienen sollen.
Teurer Netzausbau gar nicht nötig?
Die zweite wichtige Voraussetzung für das Funktionieren des Konzeptes ist die intelligente Steuerung. Über eine selbst entwickelte Software und eine Internetverbindung an jeder Ladesäule kann TMH von München aus die Ladevorgänge steuern und überwachen. Dadurch könne „in Echtzeit“ auf die steigende oder sinkende Nachfrage des Energieversorgers EEM reagiert werden, „wodurch ein kostengünstigeres und stabilisierteres Stromnetz gewährleistet wird“, sagt Thomas Raffeiner, Geschäftsführer von TMH. Das Unternehmen will mit dem Projekt eben auch beweisen, dass eine nachhaltige Energieversorgung ohne einen teuren Netzausbau möglich sein kann. Wenn nicht überall, so doch auf Inseln, in Städten, Flughäfen oder Stadien.
Strompreis soll drastisch sinken
Im Sommer 2018 wurden die ersten 20 Elektroautos von Renault an öffentliche Einrichtungen, private Unternehmen und Bewohner der Insel übergeben. Damit läuft nun der Praxistest, für den 40 Ladestationen zur Verfügung stehen.
TMH ist aber schon jetzt überzeugt, dass sich das Konzept bewähren und vor allem auch bei der Bevölkerung auf Zustimmung stoßen wird. Denn die gut 1.000 E-Autos, die ab 2022 zur Verfügung stehen sollen, dürften kostenlos genutzt werden. Außerdem werde der Strompreis durch Wind und Sonne im Vergleich zu den Dieselgeneratoren drastisch sinken: Von mehr als 50 Cent pro Kilowattstunde auf nur noch drei bis vier Cent.
Über das Speichern von Windstrom in riesigen Betonkugeln im Bodensee können Sie sich hier informieren.
Das erste Elektroauto, das dafür zugelassen ist, Teil des Stromnetzes zu werden, ist ein Nissan Leaf.
Ein Beitrag von: