Power auf der Haube: Solarzellen in Motorhaube integrieren
Haben künftige PKWs nicht nur Power unter, sondern auch auf der Haube? Das Fraunhofer ISE hat Solarzellen in die Motorhaube eines PKWs integriert. Das Ergebnis seiner Forschungen präsentiert das Institut vom 05. bis 11. September auf der IAA MOBILITY in München.
Mehrere Automobilhersteller haben in den letzten Jahren Fahrzeuge mit Photovoltaik-Elementen auf dem Dach vorgestellt. Das Fahrzeugdach ist eine ideale Fläche für die solare Stromerzeugung an Bord. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE sind noch einen Schritt weiter gegangen. Im Rahmen von zwei öffentlich geförderten Forschungsprojekten ist es ihnen gelungen, Solarzellen in die Standard-Blechmotorhaube eines Pkw zu integrieren. Dank der innovativen MorphoColor-Technologie des Instituts lässt sich die solaraktive Fläche zudem farblich an den Rest des Fahrzeugs anpassen.
Solarzellen direkt auf das Blech aufgebracht
Motorhauben sind eine Herausforderung, wenn es darum geht, Solarzellen auf ihnen zu befestigen. Sie sind zum einen gebogen und zum anderen ist der Untergrund aus Metall und nicht aus Folie oder Glas wie bei herkömmlichen Photovoltaik-Modulen. Dr. Martin Heinrich, Koordinator für PV-Mobilität am Fraunhofer ISE erklärt, wie das Forschungsteam vorgegangen ist:
„Auf das Motorhauben-Blech eines in Deutschland oft verkauften PKW-Modells haben wir die Solarzellen aufgebracht, verschaltet und mit Folie laminiert. Dafür wurde der Laminierungsprozess sorgfältig optimiert, um Luftspalte zu minimieren, Faltenbildung des Folienmoduls aufgrund der gebogenen Oberfläche zu vermeiden und die Gesamtintegrität der Motorhaubenstruktur zu erhalten.“
Grundsätzlich jede Solarzellentechnologie nutzbar
Das Forschungsteam verwendete in seinen Prototypen eine Vielzahl von Solarzellentechnologien, darunter IBC-, PERC- und TOPCon-Solarzellen. Diese Auswahl ermöglichte eine optimale Nutzung der verfügbaren Fläche auf der Motorhaube. Generell ist der Einsatz verschiedener Solarzellentechnologien denkbar. Durch eine spezielle Laminierung der Oberfläche mit einer Spezialfolie wird eine texturierte Struktur erzeugt.
Diese kann durch den Einsatz der MorphoColor-Technologie farblich an die übrige Fahrzeuglackierung angepasst werden. „Das sieht schon jetzt sehr gut aus, aktuell arbeiten wir daran, die Oberflächenerscheinung noch weiter zu verbessern. Dafür suchen wir Projektpartner, die an einer gemeinsamen Entwicklung Interesse haben“, sagt Dr. Martin Heinrich.
Was ist die MorphoColor-Technologie?
Wir haben jetzt bereits zweimal den Begriff „MorphoColor-Technologie“ verwendet, es wird Zeit, diese kurz zu erklären. Die Technologie wurde vom Fraunhofer ISE gemeinsam mit Partnern aus der Industrie entwickelt und ermöglicht farbige Solarmodule. So lassen sich Photovoltaik-Anlagen zum Beispiel ziegelrot ins Dach integrieren oder bei bauwerksintegrierten Anlagen optisch passend an die Fassade angleichen.
Die MorphoColor Farbschicht verwendet eine photonische Struktur. Sie kombiniert eine Interferenzschicht mit einem geometrisch strukturierten Substrat, um ein außergewöhnlich schmalbandiges Reflexionsmaximum zu erzielen. Diese Konfiguration sorgt dafür, dass nur ein kleiner Teil des Lichtspektrums reflektiert wird, während der Großteil des einfallenden Sonnenlichts ungestört durch die Solarzelle hindurchgelangen kann. Im Vergleich zu einem unbeschichteten Modul fällt die Effizienz des Systems nur geringfügig, um deutlich weniger als 10 Prozent, ab.
Auf der Suche nach der richtigen Materialkombination
Wie bereits geschrieben, war es wegen der gebogenen Form und der Motorhaube aus Blech eine Herausforderung, die Solarzellen zu befestigen. Das Forschungsteam widmete sich daher eingehend der Untersuchung der Haftungseigenschaften diverser Materialkombinationen. Nach der Auswahl geeigneter Materialien entwickelte die Gruppe eine Reihe von Prototypen, die unterschiedliche Anzahlen und Arten von Solarzellen sowie verschiedene Verdrahtungs- und Verschaltungstechnologien aufwiesen.
Um die elektrische Leistung sowie die Zuverlässigkeit und Langlebigkeit der photovoltaikbestückten Motorhauben zu gewährleisten, unterzogen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler alle Prototypen intensiven Labortests. Auf der IAA MOBILITY stellt das Fraunhofer ISE eine Motorhaube mit einer Nennleistung von 115 Watt vor, die von 120 PERC-Schindel-Solarzellen erzeugt wird.
Technologie wäre auch für Autodächer nutzbar
„Die Technologie wäre auch für Metalldächer von Fahrzeugen anwendbar. Das hätte den Vorteil, sehr viel leichter zu sein als Photovoltaik-Autodächer aus Glas“, sagt Dr. Harry Wirth, Bereichsleiter Power Solutions am Fraunhofer ISE. „Eine Erweiterung der technischen Möglichkeiten für die Integration von Photovoltaik in Fahrzeughüllen wird immer mehr Kunden überzeugen, hier gibt es noch viel Potenzial zu heben.“
Prinzipiell können in Dach oder Motorhaube integrierte Solarmodule mehr Energie liefern als die Bordelektronik verbraucht, verraten die Experten. Darüber hinaus lassen sich handelsübliche PV-Module mit der sogenannten „Smart PV Junction Box“ sicher und effizient zu einem Hochspannungsstrang verbinden. Auf diese Weise lässt sich der Strom für Antriebsenergie oder bei LKW für Kühlaggregate verwenden.
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