Quer durch Berlin: 9 km langer Radweg mit Dach und grüner Welle
Das Dach ist schon da: 9 km lang ist die U-Bahn-Linie 1, die als Hochbahn quer durch Berlin führt. Darunter: nichts. Allenfalls ein paar Parkplätze und Imbiss-Buden füllen die Brache. Berliner Radfahrer wollen das ändern: Eine Fahrradroute quer durch Berlin, überdacht, mit grüner Welle und weitgehend kreuzungsfrei.
Warum eigentlich klingt ein überdachter Radweg so utopisch? Gibt es nicht sogar reichlich Autostraßen, die schön trocken im Tunnel verlaufen? Berliner Radfahrer haben nun die Idee eines 9 km langen Radweges quer durch die Stadt geboren – ein Projekt, das wirklich nicht utopisch ist. Denn das Dach steht schon: Die Hochbahn U1 läuft nämlich im 1. Stock durch Berlin, vom Bahnhof Zoo in Charlottenburg über Tiergarten, Schöneberg und Kreuzberg bis zur Warschauer Straße in Friedrichshain.
Darunter ist viel Platz. Genutzt wird die Brache in der Regel nicht. Ab und an gibt es einen Parkplatz, oder einen Gehweg, auf dem fast niemand geht, aber heute schon ein paar Radfahrer unterwegs sind. Denn unter der Hochbahn ist es schön trocken.
9 km Radweg mit Dach und grüner Welle
Gemeinsam mit einem Team aus Architekten, Projektentwicklern, Kulturmanagern, Städteplanern und PR-Beratern hat der Stadtentwickler Simon Wöhr das Konzept der Radbahn Berlin entwickelt. Und die Idee macht Furore: Das Projekt hat nicht nur den Bundespreis Ecosdesign erhalten. Jetzt hat der Hauptausschuss des Berliner Parlamentes den skeptischen Senat beauftragt, eine Machbarkeitsstudie durchzuführen.
Dass ein Radweg unter der Hochbahn machbar ist, dass ist für Initiator Simon Wöhr keine Frage. „Viele Berliner haben sich schon gefragt, warum niemand die Flächen unterhalb der U-Bahn nutzt“, schildert Wöhr. Denn die Flächen sind nicht nur vorhanden, sondern sogar befestigt. Teilweise gibt es sogar Fußwege unter der U1, die aber kaum genutzt werden. Alles ist Stückwerk, einen durchgehenden Weg gibt es nicht.
Eine Radstrecke unter der Hochbahn hätte viele Vorteile. Nicht nur, dass sie den Radfahrern eine trockene Hauptachse quer durch Berlin ermöglichen würde. Zugleich würde sie die Verkehrssicherheit stark erhöhen. Die Radfahrer hätten nicht nur eine eigene Trasse, selbst an den Kreuzungen ließen sich Rampen anlegen, die Radfahrer könnten im ersten Stock den Autoverkehr gefahrlos überqueren. Dazu stellen sich die Planer an der Hochbahn hängende Rampen vor. Diese wollen die Ingenieure auch einsetzen, um beispielsweise Kanäle und Flüsse zu queren.
Straßencafés und Werkstätten an der Strecke
Das Fahren auf der Radbahn soll nicht nur trocken, sondern auch sehr komfortabel sein. So soll es natürlich eine grüne Welle geben. Wenn sich eine ebenerdige Kreuzung nicht vermeiden lässt, sollen LEDs den Radfahrern anzeigen, mit welchem Tempo sie die nächste Kreuzung passieren können. Druckempfindliche Bodenbeläge sollen die Energie für die Anlagen und die Beleuchtung der Radbahn liefern. Bewegung soll in Strom umgewandelt werden.
Und es soll viel Spaß machen, auf der Radbahn zu fahren. „Es geht um Fahrfreude, Vorteile und Anerkennung, die Radfahrer dort genießen“, erklären die Initiatoren. Wenn Hunderttausende Berliner das Rad nutzen, um zu ihrem Arbeitsplatz, zur Schule oder zur Uni zu kommen, sollen sie wie in Amsterdam und Kopenhagen auch in Berlin optimale Bedingungen im Stadtverkehr vorfinden.
Und Rastgelegenheiten und Service entlang der Strecke. So können sich die Initiatoren „Drive-in-Cafés“ und Biergärten entlang der Radstrecke vorstellen, wo Radfahrer eine Pause einlegen könnten. An verschiedenen Service Points können Radfahrer kostenlos ihr Rad aufpumpen, flicken oder schrauben. Zudem könnte ein hängender Grünstreifen als akustischer Filter dienen. Dann würde aus dem Radweg sogar ein grüner Tunnel.
Die Radbahn ist nicht das einzige Vorzeigeprojekt für den Radverkehr in Berlin. Auch ein Radschnellweg ist in der Diskussion.
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