Rollout von Comac C919: China präsentiert erstes eigenes Mittelstreckenflugzeug
Staatssache: Das erste Modell eines komplett in China entwickelten Passagierflugzeugs rollte am Montag in Shanghai vom Band: Die Comac C919 ist vergleichbar mit einem Airbus 320 und der Boeing 737 und könnte den Bestsellern der beiden weltweit größten Flugzeughersteller Konkurrenz machen.
Zuvor muss sich die neue Maschine allerdings bewähren: Ungefähr drei Jahre Testflugzeit hat die Maschine des staatlichen Herstellers Commercial Aircraft Corporation of China (Comac) schätzungsweise noch vor sich, bevor sie kommerziell eingesetzt werden kann.
Die C919 ist eine zweistrahlige Schmal- oder Standardrumpfmaschine. Sie ist knapp 39 Meter lang und bietet je nach Ausführung zwischen 156 und 168 Passagieren Platz. Die Angaben zur Reichweite liegen zwischen 4075 und 5555 Kilometern.
Zwar haben die Chinesen das Flugzeug seit 2008 komplett selbst entwickelt und auch in China hergestellt, aber: ganz ohne die Mitwirkung westlicher Firmen geschah dies nicht. So stammen beispielsweise die beiden Triebwerke aus der modernen LEAP-Serie von CFM International, ein Joint-Venture des US-amerikanischen Unternehmens General Electric und dem französischen Snecma.
Schleppende Entwicklung
Seit der Gründung des staatlichen Unternehmens Comac 2008 arbeiten die Chinesen an Entwicklung und Herstellung ihrer eigenen Mittelstreckenmaschine, mit der sie gegen die beiden Weltmarktführer – den europäischen Flugzeughersteller Airbus und den US-amerikanischen Flugzeugbauer Boeing – antreten wollen. Bislang konnten diese sich noch in Sicherheit wiegen: Schliesslich hat Comac auch das kleinere Passagierflugzeug ARJ21 entwickelt. Dieser Regionaljet ist für Kurzstreckenflüge konzipiert und bietet bis zu 90 Passagieren Platz. Er befindet sich jedoch noch in der Testphase und hängt seinem Zeitplan hinterher.
Auch die Entwicklung der C919 hatte sich immer wieder verzögert. Ursprünglich sollte der Flieger schon im Jahr 2014 seinen Jungfernflug absolvieren. Nun wird die C919 laut Comac frühestens 2016 zu ihrem ersten Flug starten. Und muss dann noch etwa drei Jahre getestet werden, bevor sie kommerziell eingesetzt werden kann. Ab 2018 könnte die C919 in Serienproduktion gehen.
Comac zufolge liegen aktuell bereits Bestellungen von 517 Maschinen vor, überwiegend von chinesischen Fluggesellschaften. Die C919 gehört zur gleichen Flugzeugklasse wie die Modelle der Airbus 320-Serie und die Boeing 737. Boeing und Airbus beherrschen bislang den weitaus größten Teil des internationalen Markt für Mittelstreckenmaschinen wie die C919, während Bombardier aus Kanada und Embraer aus Brasilien erfolgreich auf dem Kurzstreckensektor und damit Wettbewerber für den chinesischen Regionaljet ARJ21 sind.
Wettbewerber ja, gefährlicher Konkurrent aber eher nicht
Inwieweit Comac den Riesen Airbus und Boeing überhaupt ernsthaft Konkurrenz machen kann, wird unterschiedlich bewertet. Die Chinesen könnten den Wettbewerbern aus dem Westen vor allem Kunden auf dem heimischen Markt abjagen. Das bevölkerungsreichste Land der Welt ist nach den USA auch der zweitgrößte Flugzeugmarkt und hat unzählige Fluggesellschaften, die überwiegend in staatlicher Hand sind und zum Kauf von Comac-Maschinen verpflichtet werden könnten.
Auch Fluggesellschaften in Ländern Lateinamerikas und Afrikas, zu denen China gute wirtschaftliche Beziehungen pflegt, könnten Interesse an den Passagiermaschinen „Made in China“ haben. Zumal zu erwarten ist, dass der Preis für eine C919 niedriger sein wird als der für eine gleichwertige Maschine von Boeing oder Airbus. Letztlich, vermuten Experten, könnte die C919 den Maschinen der Konkurrenz aus dem Westen jedoch technisch immer unterlegen sein. Angesichts der schleppenden Einwicklung im chinesischen Flugzeugbau bezweifeln sie, dass das Staatsunternehmen in der Lage sein wird, mit dem raschen technologischen Fortschritt mitzuhalten. Und außerdem müsse Comac die Verlässlichkeit seiner Flugzeuge – anders als Airbus und Boeing – erst noch beweisen.
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