Rollt transparent und umweltfreundlich auf Litauens Straßen
Omnibusse müssen nicht düster, stinkend und rumpelig sein. Ein litauisch-deutsches Unternehmen zeigt, wie es anders geht: Ihr Experimental-Bus verbindet Retro-Chic mit erneuerbarer Energie und sorgt darüber hinaus für ordentlich Durchblick.
Omnibusse lassen in der Regel jeglichen Chic vermissen. Auch an ihrer Umweltfreundlichkeit lässt sich noch einiges verbessern. Selbst rausgucken kann man meist nicht mehr, seit findige Unternehmen die Fenster als Werbeflächen entdeckt haben.
Hypermoderne Materialien auf altbewährter Basis
Genau das will Vėjo Projektai, ein litauisches Unternehmen mit deutscher Beteiligung, ändern: Busfahren soll cooler werden, sauberer – und sich dabei in das Stadtbild integrieren. Dafür haben die Entwickler das rollende Experiment „Dancer“ auf die Straße gebracht: Ein Bus aus hypermodernen Materialien auf einem Vintage-Rahmen mit Anleihen an altbewährte Oberleitungs-Antriebstechnik. Woher die darüber hinaus benötigte Energie stammen soll, hat die generationenübergreifende 17-köpfige Gruppe aus Praktikern und Wissenschaftlern mit ihrem Namen bereits festgelegt: „Vėjo Projektai“ heißt so viel wie „Wind-Projekt“.
Der Bus, der im Rahmen der Versuchsphase bereits über Litauens Straßen rollt, basiert auf einem Škoda 14Tr – einem in den 80er Jahren in ganz Osteuropa verbreiteten Oberleitungsbus, der auch in der späten DDR eingesetzt wurde. In Kontrast zu dieser altbekannten Form steht die verbaute Technik bei Antrieb und Außenhülle.
Windenergie treibt das Leichtgewicht an
Die modernen Bus-Bauer setzen auf Elektrokraft. Der Bus wird über eine Oberleitung mit Energie versorgt, kann sich aber ausklinken. Dann kommt Strom aus Windenergie zum Einsatz – für diesen Zweck sind die Räder mit entsprechenden Motoren versehen. Um den Verbrauch so niedrig wie möglich zu halten, ist Dancer extrem leichtfüßig unterwegs: Aufgrund moderner Verbundwerkstoffe, aus denen die Außenhülle besteht, ist der Bus satte 57 % leichter als seine konventionellen Geschwister.
Und auch in anderer Hinsicht kann sich die Außenhülle sehen lassen – oder eben gerade nicht: Die verwendeten Paneele sind zu einem großen Teil transparent. Passanten und Passagiere können von außen und innen hindurchsehen; der Bus integriert sich ins Straßenbild. Ein weiterer Pluspunkt in der Energie-Bilanz: Zumindest tagsüber wird im Fahrgastraum keinerlei künstliches Licht benötigt.
Außenhülle als Video-Wand
Fallen diese Vorteile weg, weil es draußen dunkel ist, lässt sich die Hülle aufgrund ihrer speziellen Struktur bei Bedarf mit Videos und Bildern bespielen, so dass aus dem Transportmittel ein rollendes Kunstwerk wird – oder eine rollende Litfaß-Säule mit variabler Botschaft.
Noch befindet sich Dancer in der Entwicklungs- und Experimentierphase. In der aktuellen „Stufe eins“ beschäftigen sich die Entwickler noch weiter mit Material, Antrieb und den Möglichkeiten ihres modernen Stadtbusses, um ihre Ideen an der Realität zu messen. Stufe zwei haben sie dabei jedoch fest im Blick: Wenn es nach Vėjo Projektai geht, sollen die in Stufe eins gesammelten Erkenntnisse sich in einem superleichten Elektrobus manifestieren und Dancer als Pionier einer neuen Stadtbus-Generation an den Start rollen.
Auch in der Schweiz tut sich etwas in Sachen Stadtbus. In Sitten sollen im Frühling 2016 tatsächlich Elektrobusse ohne Pilot durch die Gegend kutschieren. Allerdings bieten sie nur Platz für neun Fahrgäste.
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