Rufen wir ab 2020 das Robotaxi?
Elon Musk will 2020 rund 1 Million vollständig autonomer Taxis in den US-amerikanischen Verkehr bringen. Diesen Service nennt er „Tesla Network“. Die Idee dazu kam Musk bereits 2016. Ob wir 2020 wirklich schon ein Robotaxi rufen, scheint zweifelhaft. Schließlich warten wir noch immer auf die für Ende 2017 angekündigte autonome Fahrt eines Tesla von einer US-Küste zur anderen.
Robotaxis – der fahrerlose Ride-Hailing-Service
Autobauer und Zulieferer weltweit sind sich sicher: das Robotaxi wird die Mobilität maßgeblich beeinflussen. Mit dem „Tesla Network“ reagiert Musk auf die Entwicklungen in der Mobilitätsbranche. Dabei handelt es sich um eine Art Carsharing-Plattform. Besitzer eines Tesla’s stellen dem Taxi-Service ihr Privatfahrzeug für autonome Fahrten zur Verfügung. Wer eine Fahrgelegenheit braucht, kann sich einfach per Smartphone einen der Wagen buchen und sich davon chauffieren lassen. Um zusätzliche Einnahmen zu generieren, will Tesla auch eigene Fahrzeuge in das Taxi-Netzwerk einbringen.
Neben Tesla forschen noch weitere Unternehmen am Personenverkehr der Zukunft. Und sie sind auch nicht die einzigen, die sich in Sachen Robotaxi einen straffen Zeitplan setzen. So wollte General Motors (GM) die Entwicklung autonomer Autos im eigenen Haus vorantreiben und kaufte 2016 das Start-up Cruise Automation. Zwei Jahre später kündigte der Autobauer das Robotaxi Chevrolet Cruise AV für 2019 an. Das Fahrzeug sollte vollautonom fahren und weder Lenkrad noch Pedale haben. Allerdings hat sich der US-amerikanische Autobauer im Laufe der Zeit ein neues Ziel stecken müssen: Bis Ende 2019 will GM 1.000 neue Mitarbeiter einstellen und die Zahl des Cruise-Teams damit verdoppeln.
Fords Ambitionen wirken dagegen fast schon bescheiden. Der Konzern hat den Start seines Robotaxi-Service für 2021 in der US-Hauptstadt Washington und in Miami, im US-Bundesstaat Florida angekündigt. Ein speziell für den Service entwickeltes Ford-Robotaxi ohne Lenkrad und Pedale soll dabei zum Einsatz kommen. Wegen der vergleichsweise niedrigen Reichweite von Elektroautos soll das Fahrzeug mit einem Hybrid-Antrieb ausgestattet werden.
Wesentlich weiter ist Googles Tochtergesellschaft Waymo. Sie entwickeln keine kompletten Fahrzeuge, sondern rüsten Serienautos wie den Crysler Pacifica und den Jaguar i10 zu autonomen Fahrzeugen um. Waymo testet seit Dezember 2018 seinen Robotaxi-Service „Waymo One“. In Phoenix im US-Bundesstaat Arizona können die Fahrzeuge auf einer Fläche von 260 Quadratkilometern per App bestellt werden. Das Unternehmen testet zwar auch fahrerlose Fahrzeuge, allerdings haben die meisten Taxis noch einen Sicherheitsfahrer mit an Bord, der eingreift, falls die Technik versagt.
Waymo ist jedoch nicht das erste Unternehmen, das seine Robotaxis auf die Straßen geschickt hat. Das Start-up nuTonomy testete seinen Taxi-Service bereits 2016 in Singapur. Das Spin-off des Massachusetts Institute of Technology (MIT) im US-amerikanischen Cambridge entwickelt wie Waymo keine kompletten Fahrzeuge, sondern rüstet Serienfahrzeuge zu autonomen Taxis um.
Auch europäische Unternehmen planen Ride-Hailing-Services mit einer eigenen Robotaxi-Flotte. So will Volkswagen (VW) seinen Service gemeinsam mit dem israelischen Hersteller für Fahrerassistenzsysteme Mobileye und dem Fahrzeugimporteur Champion Motors noch 2019 in Israel testen. Das Projekt soll ab 2022 in den Realbetrieb übergehen. Zudem entwickeln die Wolfsburger mit Sedric – kurz für Self Driving Car – ihr eigenes Robotaxi-Modell. Ebenso Renault: Mit dem Robotaxi EZ-GO wollen die Franzosen Fahrzeug und Service etablieren. Ein bisschen weiter ist der französische Fahrzeughersteller Navya. Sein Autonomous Cab ist bereits erhältlich und unterscheidet sich stark von den Modellen von Waymo und nuTonomy. Zum einen hat der Wagen hat nur einen Einstieg: eine Schiebetür auf der rechten Seite. Zum anderen sind die vorderen Sitze entgegen der Fahrrichtung ausgerichtet, sodass die Insassen sich gegenüber sitzen.
Während Robotaxis derzeit noch als modifizierte Serienmodelle daherkommen, haben Autobauer schon die nächste Generation im Visier. Fahrzeuge wie der VW Sedric und der Renault EZ-GO haben nur noch wenig mit aktuellen Taxis gemein. Sie wirken wie eine Mischung aus Linienbus und Limousine. Ihr Innenraum hat keine getrennten Sitzreihen mehr, die über verschiedene Türen besetzt werden. Er ist offen gestaltet, sodass sich die Insassen einerseits gegenüber sitzen und mit einander unterhalten können. Außerdem haben sie große Türen, damit die Passagiere ungehindert ein- und aussteigen können.
Daimler plant wie schon beim Carsharing-Service „ShareNow“ ein gemeinsames Ride-Hailing-Geschäft mit BMW zu etablieren. Außerdem kooperieren die beiden Unternehmen bei der technischen Entwicklung autonomer Fahrsysteme. Ein gemeinsames Robotaxi ist nicht geplant. Die Hersteller wollen ihre Modelle ab 2021 produzieren. Ab 2030 will Daimler eine Taxi-Flotte selbstfahrender Smarts zum Ride-Hailing anbieten. Die Stuttgarter haben sich zuvor schon zusätzliche Unterstützung vom Zulieferer Bosch für die Entwicklung der Robotaxis geholt. Neben Bosch arbeitet der Automobilzulieferer ZF ebenfalls an einem Robotaxi.
Mit Nissan wurde auch ein japanischer Hersteller im Bereich Ride-Hailing von Robotaxis aktiv. Gemeinsam mit dem Softwareentwickler DeNA testet das Unternehmen derzeit seinen Mobilitätsservice „Easy Ride“ mit der autonomen Variante des Nissan Leaf in Yokohama. Mitbewerber Honda hingegen forscht nicht im eigenen Haus. Der Konzern hat sich für eine Kooperation mit General Motors entschieden und sich mit 2,75 Milliarden US-Dollar an Cruise beteiligt. Toyota verfolgt eine ähnliche Strategie. Das Unternehmen hat die Arbeit des US-Fahrdienstanbieters Uber an autonomen Fahrzeugsystemen mit 500 Millionen US-Dollar unterstützt.
Wer heutzutage Taxi sagt, darf Uber nicht vergessen. Mit eigenen Ride-Hailing-Services wollen Autohersteller einerseits zusätzliche Einnahmen generieren. Andererseits sind sie eine Kampfansage an Mobilitätsdienstleister wie Uber, Lyft und MyTaxi. Daimler geriet 2017 bereits in die Kritik, weil sie ihre Robotaxis an Uber lieferten.
Flugtaxis – dem Stadtverkehr entfliegen
Ab 2025 sollen autonome Flugtaxis die Lufträume unserer Städte erobern. Zumindest nach Angaben ihrer Hersteller. Passagier-Drohnen nach dem VTOL-Prinzip (Vertical Take-Off and Landing) sollen den innerstädtischen Straßenverkehr künftig entlasten. Auch sie sollen sich per Handy buchen lassen. Die ersten Pilotprojekte laufen bereits. Darunter das Versuchsprogramm von Volocopter. Das gleichnamige Flugtaxi mit 18 Rotoren bekam 2016 die Zulassung für bemannte Testflüge und wird seit Herbst 2017 in Dubai getestet. Seit Februar 2019 entwickelt das Bruchsaler Unternehmen mit dem Frankfurter Flughafen Fraport eine Flughafeninfrastruktur und Passagierprozesse für den Einsatz von Flugtaxis.
Neben Volocopter arbeitet noch ein weiteres deutsches Start-up an einem Flugtaxi. Lilium in München entwickelt einen senkrecht startenden Passagier-Jet. Mit seinen 36 kippbaren Mantelpropellern soll es der Elektroflieger auf 300 Kilometer pro Stunde bringen bei einer Reichweite von 300 Kilometern. Nach dem Testflug des Prototypen 2017 soll noch 2019 der erste voll funktionsfähige Lilium-Jet abheben. Den Flugtaxidienst will Lilium 2025 starten.
Aachener Forscher stellen Flugtaxi vor
Forscher aus Aachen haben gemeinsam mit dem E-Auto-Unternehmer Günther Schuh ein Flugtaxi vorgestellt, das bis zu 1.000 Kilometer weit kommen soll. Bis 2024 soll das elektrohybride Kleinflugzeug in Betrieb genommen werden. Das Modell hat 5 Sitze und trägt den sprechenden Namen „Silent Air Taxi“. Die RWTH und die Fachhochschule Aachen haben das „leise“ Flugtaxi vorgestellt. Die Reisegeschwindigkeit soll mehr als 300 Stundenkilometer betragen. Das ambitionierte Ziel der Hochschulen: Das Air Taxi soll den Verkehr zwischen größeren Städten entlasten und dabei so günstig wie ein Erste-Klasse-Bahnticket sein. Der Unterschied zu anderen Herstellern und Forschern soll in der geringen Geräuschemission liegen. Das „Silent Air Taxi“ soll so leise sein, dass es im Abstand von 100 Metern nicht mehr zu hören sei. Die Entwickler versprechen zudem, dass das Flugtaxi eine Start- und Landebahn von maximal 400 Metern Länge benötige und so fast jeden Flughafen in Deutschland anfliegen könne. Der Jungfernflug ist für 2022 geplant.
Airbus hat mehrere Projekte am Start
Airbus arbeitet derzeit an mehreren Flugtaxi-Projekten. Im März 2019 präsentierte das Unternehmen der Öffentlichkeit erstmals das Flugtaxi CityAirbus. Derzeit testet es den Multikopter in Ingolstadt und 14 weiteren Städten Europas. Vorerst allerdings nur auf einem Prüfstand am Boden. Ihren Jungfernflug soll die Drohne noch in der ersten Hälfte 2019 absolvieren. Etwas weiter ist die Airbustochter Vahana. Im Februar 2018 absolvierte das Lufttaxi A³ seinen ersten Testflug in Pendelton im US-Staat Oregon. Daneben entwickelt Airbus mit dem Automobilhersteller Audi das Robotaxi Pop.Up Next, das sich zum Lufttaxi transformieren kann; und umgekehrt. Die Passagierkabine kann sowohl auf einer Fahrzeugplattform als auch an einem Multikopter andocken.
US-Konkurrent Boeing entwickelt ebenfalls ein Flugtaxi. Das Boeing Passenger Air Vehicle (PAV) hat seinen ersten Testflug im Januar 2019 in Manassas im US-Bundesstaat Virginia bestritten. In den frühen 2020er Jahren will der Flugzeughersteller mit seiner Passagierdrohne an den Start gehen.
US-Helikopterproduzent Bell konzipiert sein Flugtaxi gemeinsam mit Mobilitätsdienstleister Uber. Der Multikopter Nexus wird von sechs kippbaren Mantelpropellern angetrieben. Im Gegensatz zum Gros der Flugtaxis ist der Nexus nicht rein elektrisch, sondern hat einen Hybrid-Motor. Die Taxidrohne soll Mitte der 2020er Jahre seinen Dienst in Ubers Service antreten.
Robobusse – der autonome Linienverkehr
Mit autonomen Busprojekten kamen die ersten selbstfahrenden Linienfahrzeuge auf die Straßen. Das erste Projekt in Deutschland startete im Oktober 2017 im bayrischen Kurort Bad Birnbach. Im ersten Testjahr transportierte der Bus mehr als 20.000 Fahrgäste und legte über 10.000 Kilometer zurück. Das Fahrzeug stellte der französische Hersteller Easymile. Der EZ10 ist mittlerweile weltweit im Einsatz. Unter anderem verkehrt er auf dem Universitätsgelände des chinesischen Nanjing, zwischen den Pariser Bahnhöfen Gare de Lyon und Gare d’Austerlitz und seit April 2019 auch im US-Bundesstaat Utah.
Ein weiterer französischer Hersteller autonomer Shuttles ist Navya. Bevor das Unternehmen sein oben erwähntes Robotaxi auf den Markt brachte, entwickelte das Unternehmen sein Kleinbusmodell Arma. Es ist unter anderem am Flughafen des neuseeländischen Christchurch, im West Kowloon Cultural District im chinesischen Hongkong und in Ann Arbor im US-Bundesstaat Michigan unterwegs.
In Deutschland will E-Automobilhersteller e.GO Mobile den Nahverkehr mit autonomen Shuttles bedienen. Gemeinsam mit dem deutschen Zulieferer ZF und dem Eisenbahn- und Busunternehmen Transdev haben sie den e.GO Mover entwickelt. Das autonome Shuttle soll noch 2019 in Serie gehen. Die ersten Modelle sollen aber noch einen Sicherheitsfahrer an Bord haben.
Mit dem Westfield POD kommt ein britisches Shuttle auf die Straßen. Die englischen Elektrobusse sind schon seit 2011 am Flughafen Heathrow in London kommerziell unterwegs. Bis Ende April 2019 haben die dort eingesetzten Shuttles bereits über sieben Millionen Kilometer zurückgelegt und knapp 4,5 Millionen Passagiere befördert. Mittlerweile sind 50 PODs im Einsatz. Unter anderem auch im National Park der Region Lake District, wo er Touristen von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten bringt.
Und auch in Asien sind Robobusse unterwegs. Während sich Googles Waymo auf Robotaxis spezialisiert, hat das chinesische Pandant Baidu sich auf den Linienverkehr konzentriert. Das Unternehmen, das die gleichnamige Internet-Suchmaschine betreibt, produziert seit 2018 serienmäßig den autonomen Shuttlebus Apolong. Die Fahrzeuge sind unter anderem in der neu gebauten Stadt Xiong‘an in der chinesischen Provinz Hebei unterwegs.
Sind wir bereit fürs autonome Fahren?
Im Linienverkehr sind Autopiloten schon längst angekommen. Kein Flugzeug fliegt heute noch ohne Automation. Und zumindest im Flugverkehr wird sie nicht hinterfragt. Wir haben uns daran gewöhnt, dass Piloten nur bei Start und Landung den Knüppel in der Hand haben. Anders ist es im Straßenverkehr. Unfälle mit autonomen Autos erregen noch immer große Aufmerksamkeit. Dabei kann das autonome Fahren laut einer McKinsey-Studie bis zu 90 % der Verkehrsunfälle vermeiden, da die meisten Unfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen sind. Dennoch sind die Menschen hierzulande skeptisch. Laut der Studie Self-Driving Vehicles, Robo-Taxis and the Urban Mobility Revolution der Boston Consulting Group und des World Economic Forum wollen sich nur 45 % der befragten Deutschen von einem autonomen Fahrzeug befördern lassen. Auf ein ähnliches Ergebnis kommt eine Umfrage der Gesellschaft zur Förderung der Unterhaltungselektronik in Deutschland (gfu) der zufolge 42 % der Befragten das autonome Fahren ablehnen.
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