Schutz vor Bomben-Explosion im Flugzeug
Ein Material, dass dem Explosionsdruck einer Bombe in den Frachträumen von Verkehrsflugzeugs trotzt, haben Wissenschaftler der University of Sheffield entwickelt. Erste Tests verliefen erfolgreich. Das Spezialmaterial dehnt sich bei einer Explosion einfach aus und zieht sich dann wieder zusammen.
“Fly-Bag” heißt das Material, das ein Team unter Leitung von Dozent Andy Tyas vom Department of Civil and Structure Engineering der Universität Sheffield entwickelt hat. Für Fly-Bag gibt es nur einen Einsatzzweck: Die Auskleidung der Frachträume von Verkehrsflugzeugen, damit diese Maschinen Bombenexplosionen ohne größere Schäden überstehen können.
Katastrophe von Lockerbie
Am 21. Dezember 1988 war über der schottischen Kleinstadt Lockerbie in einem Boeing 747 Jumbo-Jet von Pan American World Airways auf dem Flug von Frankfurt nach Detroit eine libysche Kofferbombe explodiert. Das Flugzeug stürzte auf die Kleinstadt. Außer 243 Passagieren und 16 Besatzungsmitgliedern wurden weitere elf Menschen am Boden getötet. Es war der bisher schlimmste Bombenanschlag auf ein Verkehrsflugzeug und zugleich der Beginn vielfältiger wissenschaftlicher Arbeiten zur Bekämpfung von Bombenschäden sowie zur Gepäck- und Frachtkontrolle auf Bomben.
Während die Kontrolle am Boden bislang recht gut funktioniert, hat es bisher nichts Wirksames gegeben, damit Verkehrsflugzeuge Bombenexplosionen an Bord relativ unbeschadet überstehen können. Anfangs konzentrierten sich die Arbeiten vor allem auf Gepäckcontainer aus hochfestem Material, das dem Explosionsdruck standhalten konnte. Dies hat sich aber als Irrweg erwiesen, da die Bomben immer stärker geworden sind und die steifen Container ihnen damit immer weniger trotzen können. Zugleich waren diese Container viel zu schwer für den Einsatz in Flugzeug-Frachträumen.
Flexibles Fly-Bag-Material der Universität Sheffield
Ansatzpunkt der Arbeiten in Sheffield war von Anbeginn an ein flexibles Material zum Schutz gegen Explosionsschäden. Dieses Material sollte sich ausdehnen und nach der Explosion wieder zusammenziehen können. Zugleich sollte es in der Lage sein, die Explosionshitze unbeschadet zu überstehen und auch Schutz vor Splittern zu bieten.
Fly-Bag besteht aus mehreren Materialschichten aus Spezialstoffen sowie Verbundwerkstoffen, zu denen auch Aramid gehört. Aramid wird bereits in schussfesten Westen für Polizisten eingesetzt. Mit Fly-Bag werden die Frachträume locker ausgekleidet – locker damit sich das Material im Ernstfall membranenartig ausdehnen kann.
Nach Angaben von Andy Tyas ist Fly-Bag intensiv im Explosions-Laboratorium der Universität Sheffield getestet worden. Dabei kam es besonders darauf an, die Schutzwirkung bei Explosionen in relativ engen, kleinen Räumen zu erproben und zu verbessern.
Nach dem vorläufigen Abschluss dieser Arbeiten kam es dann zu einem großen Test unter lebensechten Bedingungen. Dieser Test fand auf dem Cotswolds Airport in der Nähe der englischen Stadt Cirencester statt. Dabei wurden in zwei alten Verkehrsflugzeugen, einer Boeing 747 und einem Airbus A321, die mit Fly-Bag ausgestattet waren, Bomben verschiedener Sprengladungsstärke zur Explosion gebracht. Im Anschluss wurden die Fly-Bags wieder ausgebaut und die Bomben in ungeschützten Flugzeugen ausgelöst, um einen direkten Schadensvergleich zu ermöglichen.
Fly-Bag als Standard-Schutzvorkehrung gedacht
Nach Abschluss aller Tests sind Tyas und sein multinational zusammengesetztes Team ausgesprochen zufrieden. Sie rechnen damit, dass in einigen Jahren die Fly-Bags zur Standardausrüstung der Frachträume von Verkehrsflugzeugen gehören werden. Bei den weiteren Arbeiten in Sheffield wird die Möglichkeit untersucht, Fly-Bag auch in den Passagierräumen der Verkehrsflugzeuge als Explosionsschutz einzusetzen.
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