Segelflugzeug kehrt nicht zurück: Ingenieure lösen altes Problem
Wer in einem Segelflugzeug sitzt, verspürt das Gefühl unbegrenzter Freiheit. Problematisch wird es, wenn Segler nicht mehr zum Landeplatz kommen. Ingenieure haben dafür ein innovatives Modell entwickelt.
Die Erde von oben sehen und durch die Lüfte gleiten: Diesen Traum leben Segelflieger. Doch nicht immer klappt es mit dem langen Auftrieb. Was passiert, wenn ein Segelflugzeug es nicht zum Landeplatz zurück schafft? Der angehende Ingenieur Emil Pluta hat eine innovative Lösung. Als Mitglied der Flugwissenschaftlichen Vereinigung Aachen ist er selbst oft in der Luft und kennt das Problem: Wenn die Thermik nachlässt und Segler oder Seglerin nicht mehr zum heimatlichen Landeplatz kommen. Die Lösung: Eine neuartige Heimkehrhilfe. Anders als herkömmliche Modelle funktioniert das Modell, an dem Pluta und seine Kommilitonen arbeiten, hybrid-elektrisch. Im Interview berichtet Emil Pluta, wie die Segelflugzeug der Zukunft aussehen kann.
Segelflugzeug: Hybrid-elektrische Heimkehrhilfe ermöglicht letztes Steigen
ingenieur.de: Wie funktioniert denn die Elektro-Heimkehrhilfe?
Emil Pluta: Wir haben ja unsere Segelflugzeuge, die ohne Motor fliegen sollen. Das ist aber sehr wetterabhängig und wir wollen ja auch weite Strecken fliegen. Sollte die Thermik also mal nachlassen, müssen wir Außenlanden. Hier ist es wichtig, wirklich keine Notlandung zu machen, sondern eine bewusste Landung. Unsere Heimkehrhilfe, egal ob elektrisch oder mit einem Verbrenner, ermöglichen ein letztes Steigen, um sicher nach Hause zu kommen.
Unser Serienflugzeug gibt es in reiner Segelflug-Variante und mit einem Verbrenner und integrierter Heimkehrhilfe. Das Projekt ist schon ein paar Jahre alt und da kamen wir auf die Idee, das Ganze doch zu elektrifizieren, um einfach auch zu zeigen, dass es austauschbar ist. An denselben Aufhängepunkten können wir unser elektrisches Antriebssystem einbauen. Der E-Antrieb befindet sich hinten im Rumpf, sprich im leeren Motorkasten.
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Wie zufrieden sind Sie mit dieser technischen Entwicklung?
Richtig zufrieden ist man ja selten. Wir arbeiten daran, es angetrieben wirklich einmal in der Luft zu sehen. Alle Komponenten dafür sind da und zum Teil schon eingerüstet. Mit einzelnen Tests müssen wir die Komponenten aber zertifizieren lassen. Am Ende wird das Gesamtsystem erprobt, bevor es tatsächlich ans Fliegen geht. Auf der Zulassungsseite ist in letzter Zeit mehr passiert als am reinen Antrieb.
Segelflugzeuge brauchen nur wenig Landestrecke
Darf man bei einer Außenlandung eigentlich überall runter gehen?
Wir können auf jedem beliebigen Ackerland landen oder auf einer Wiese. Im Frühjahr klappt das gut, da sind die Acker frisch gepflügt. Und ein Segelflugzeug braucht auch nicht so viel Landestrecke.
Wie oft passiert sowas? Für Bauern ist das doch sicher nicht so erfreulich…
Im Jahr haben wir so 20-25 Außenlandungen. Das ist auch gesetzlich geregelt. Unsere Versicherungskarte haben wir stets dabei. Den Landwirten, bei denen wir landen müssen, stehen pauschal auch so um die 50 Euro zu. Realistisch betrachtet entsteht aber nie ein hoher Schaden.
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Batterien müssen Sicherheitstests bestehen
Sie haben die Zertifizierungen und Sicherheitstests angesprochen. Wie sieht denn solch ein Test aus?
Zum einen gibt es die reinen Komponenten-Tests. In unserem Antriebsstrang haben wir ja diverse Komponenten, zum Beispiel den Propeller oder die Batterie. Weiter geht es mit Boden- und Flugtests. Bei den Komponententests ziehen die elektrischen Komponenten den größten Aufwand nach sich. Wie warm werden zum Beispiel die Kabel, wie verhält sich die Batterie in diversen Situationen. Man kennt das ja aus der Automobilbranche, wo einige Fahrzeuge mal abgebrannt sind. Die Vorsicht steht an erster Stelle. Einen Propellerprüfstand haben wir unter anderem bei uns im Verein, sodass wir direkt selbst testen können. Für einige Stunden mussten wir das dann drehen lassen.
Was ist ein Segelflugzeug?
- Segelflugzeuge sind speziell für den Segelflug konstruiert: Das heißt, sie fliegen ohne Motor und steigen dabei im Aufwind beziehungsweise gleiten dann mit wenig Höhenverlust.
- Erste Gleitflugversuche, etwa von Flugpionier Otto Lilienthal, bildeten die Grundlage für den modernen Segelflug.
- In den 20er Jahren entwickelte sich das Gleitfliegen mehr und mehr zu Segelfliegen, wobei sich das Verständnis über thermische Aufwinde immer mehr verfestigte. Dem österreichischen Flugpionier Robert Kronfeld gelang es 1929 als erstem Menschen, mehr als 100 Kilometer in einem Segelflugzeug zurückzulegen.
- In den 30er Jahren konnten die Flieger bereits Strecken von 500 Kilometern und mehr zurücklegen.
- Die weiteste je mit einem Segelflugzeug geflogene Strecke liegt bei über 3.000 Kilometern.
- Der Höhenweltrekord beim Segelfliegen liegt bei 14.000 Metern.
Eine brennende Batterie muss doch die Hölle für Piloten oder Pilotinnen sein. Haben Elektromotoren ein höheres Risiko als herkömmliche Motoren?
Prinzipiell ist das wie bei regulären Flugzeugen auch: Start und Landung zählen zu den kritischsten Phasen. Beim Start ist ein Flieger ja sehr vollgetankt. Im Zweifelsfall ist das ein reiner Feuerball. Die Entwicklungen, Tests und Erfahrungen sind bei batterieelektrischen Fliegern bereits auf einem sicheren Niveau. Lithium-Eisen-Polymer-Zellen haben beispielsweise eine geringere Wahrscheinlichkeit, dass sich Zellen gegenseitig anstecken und ein Brand entsteht. Grundsätzlich kann sowas natürlich passieren, aber die verwendeten Technologien sind sicher und unterliegen ja auch strengen Zulassungen.
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„Das Thema Wasserstoff ist sehr reizvoll“
Wie viel Potenzial sehen Sie in Wasserstoff-Antrieben?
Das Thema ist sehr reizvoll und birgt Potenzial für längere Flugstrecken. Batterieelektrische Flieger wie beispielsweise Pipistrel Velis sind weit davon entfernt, die Kilometer eines Verbrennungsmotors zu erlangen. Wasserstoff unterliegt aber auch Einbußen im Vergleich zu konventionellen Verbrennern. Zum Beispiel ist der Aufwand deutlich höher den Hochdruckspeicher zu betreiben. Im Segelflugzeug wird man Wasserstoff eher nicht sehen, da die Reichweite eines Akkus vollkommen ausreicht.
Was die Luftfahrt jetzt unternehmen muss, um eine Zukunft zu haben
Wie sieht es mit der Finanzierung solcher studentischer Forschungsprojekte aus?
Es gibt unter anderem das sogenannte Luftfahrtforschungsprogramm, die Fördergelder ausschütten. Wir sind da leider leer ausgegangen. Wahrscheinlich muss man größere Projekte an den Tag legen, damit auch größere Geldsummen fließen. Die reinen Komponentenkosten, die wir beim elektrischen Antriebsstrang haben, liegen zwischen 15.000 und 20.000 Euro. Das ist eine kritische Grenze, wo meistens erst gar kein Fördertopf aufgemacht wird. Über Partner und Kooperationen mit den Hochschulen versuchen wir uns zu finanzieren.
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