Seine Überlegenheit lässt den Schiffsdiesel weiter dominieren
VDI nachrichten, Augsburg, 13. 8. 04 -Nicht Gasturbinen- oder Brennstoffzellentechnik, sondern der Dieselmotor wird auch in Zukunft bei zivilen Schiffsantrieben dominieren. In Nischen werden die konkurrierenden Systeme zu finden sein, verdeutlicht im Folgenden Prof. Dr.-Ing. Wolfram Lausch, Chef der Marine Division bei MAN B&W Diesel. Auch auf Segel und Wind, jüngst in der öffentlichen Diskussion, ließe sich kein Reeder ein, der Ladung zur vereinbarten Zeit anliefern muss.
Der Dieselmotor hat als Schiffsantrieb eine glänzende Zukunft. Das scheinen Zahlen zu untermauern, die diese Prognose leicht erscheinen lassen: So zählt die internationale zivile Schiffsflotte rund 90 000 registrierte Seeschiffe über 100 BRT, die mehr als 70 % des weltweiten Güteraufkommens befördern. Angetrieben wird diese Flotte zu fast 97 % durch großbohrige und hoch aufgeladene Dieselmotoren. Und bei den derzeit in Auftrag gegebenen Antriebssystemen überwiegt der Schiffsdiesel mit 99 % fast total.
Ähnlich beeindruckende Zahlen hätten in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts auch für die Dampfmaschinen vorgelegt werden können. Doch sie wurden in einem langwierigen Prozess vom Dieselmotor abgelöst. Denn es gilt: Das effizientere System verdrängt früher oder später seine Konkurrenz.
Für die Effizienz des Schiffsantriebs gelten vor allem vier Bewertungskriterien: Er muss das Schiff zuverlässig und in planbarer Zeit zum Ziel bringen. Die Antriebsanlage sowie Schmier- und Brennstoff soll so wenig Raum wie nötig erhalten, damit der Stauraum eine Kapazität so groß als möglich bekommen kann. Seine Anschaffungs-, Betriebs- und Wartungskosten müssen wettbewerbsfähig sein. Außerdem sollte die Umwelt minimal belastet werden.
Wie sieht nun die Konkurrenz aus? Gasturbinen emittieren im Vergleich zu Dieselmotoren geringere Stickoxidmassen. Zudem verfügen sie über ein gutes Verhältnis von Antriebsleistung zu Gewicht und Volumen. Aber ihre CO2-Emission ist höher wegen des größeren Brennstoffverbrauchs. Dennoch sind die Gasturbinen in militärischen Schiffen und weniger schnellen Fähren zu finden. Auch ist seit einigen Jahren eine Serie von großen und schnellen Kreuzfahrtschiffen damit ausgerüstet.
In der Handelsschifffahrt lassen sich Gasturbine und Dieselmotor gut an einem verbreiteten Schiffstyp vergleichen, dem Shuttle-Tanker: Tragfähigkeit 100 000 t, Fahrstrecke 10 000 sm (1 sm = 1,852 km), verfügbares Nutzvolumen 108 000 m3.
Ob nun mit Dieselmotor oder Gasturbine ausgerüstet, beide Antriebssysteme würden in zwei Vergleichspunkten ähnlich abschneiden. Bei beiden betrüge das Volumen für Antriebssystem plus Brenn- und Schmierstoff etwa 2,4 % des gesamten Nutzvolumens. Und die Anschaffungskosten könnten in beiden Fällen auf jeweils 7 % der Schiffskosten geschätzt werden.
Unterschiedlich fallen bei dem Vergleich aber die Betriebskosten für die 10 000-sm-Fahrt aus. Werden mittlere Brennstoff- und Schmierölpreise berücksichtigt, belaufen sie sich beim Dieselmotor auf etwa 250 000 $, für den Verbrauch von 1600 m3 Brennstoff (Schweröl), 90 m3 Schiffs-Dieselöl und 15 m3 Schmieröl. Für die Wartungskosten sind 20 000 $ anzusetzen.
Den insgesamt 270 000 $ des Dieselantriebs stehen beim Gasturbinen-Frachter mit 550 000 $ mehr als doppelt so hohe Kosten gegenüber. Bei ihm beliefen sich die Brennstoff- und Schmierölkosten auf 520 000 $ und für Wartung wären ca. 30 000 $ aufzuwenden.
Der angeführte Vergleich verdeutlicht die Vorteile des Dieselmotors: hohe Wartungsfreundlichkeit und bester Wirkungsgrad. Wenn ein Reeder für den Shuttle-Tanker mit Dieselantrieb rd. 10 000 $ je Fahrttag weniger Betriebskosten anzusetzen hat, muss man ihn nicht fragen, welchen Antrieb er bei einem Schiffsneubau wohl wähle.
Wie aber fällt der Vergleich mit weiteren Antriebsformen aus? Beim Segelschiff ist die Antwort eindeutig. Auch wenn sie in jüngster Zeit wieder in der öffentlichen Diskussion auftauchen, für einen Reeder sind sie keine ernst zu nehmende Alternative, weil er ja seine Ladung global zu einem festgesetzten Zeitpunkt abliefern muss.
Eher könnte schon die Brennstoffzellentechnik eine Alternative werden. Von allen heute bekannten Schiffsantriebskonzepten besitzt sie bis jetzt zwar die geringste Marktakzeptanz und die kürzeste Praxiserfahrung, doch sie erfreut sich wegen ihrer Umweltfreundlichkeit und ihres hohen Prozess-Wirkungsgrades – bei Verwendung reinen Wasserstoffes – großer Aufmerksamkeit in Öffentlichkeit und Politik. Aber in der Schifffahrt lassen sich sowohl Wasserstoff wie auch Methanol als Kraftstoff kaum verwenden. Neben dem Fehlen der nötigen Infrastruktur kommt als weiterer Nachteil ihre Stoffdichte und beim wasserlöslichen Methanol noch die hohe Toxizität hinzu.
Schiffe mit Brennstoffzellentechnik als Energielieferant für den Elektroantrieb würden erheblich größere Tankvolumina benötigen und könnten entsprechend weniger Nutzlast befördern. Wenn z.B. der Shuttle-Tanker aus dem obigen Vergleich – rein hypothetisch – zukünftig durch ein Brennstoffzellenkonzept auf Basis von gasförmigen Wasserstoff angetrieben würde, verminderte sich dadurch sein Transportvolumen um etwa 22 %.
Als ein weiterer Unsicherheitsfaktor gilt der Kosteneffekt, da Antriebssysteme mit Brennstoffzellentechnik gegenwärtig noch zehn- bis 20-mal teurer sind als solche mit Dieselmotor, also ein weiter Weg bis zur Konkurrenzfähigkeit. Die einzige maritime Anwendung, in der die Brennstoffzelle alle anderen Systeme klar aussticht, ist der Betrieb im U-Boot. Bei dieser Nischenanwendung wird es wohl aber auch für lange Zeit bleiben.
Die Systembetrachtung verdeutlicht, der Dieselmotor wird als Schiffsantrieb weiter dominieren – er ist absehbar das effizienteste System. Alternative Techniken werden in Nischen zur Anwendung kommen, so die Schiffs-Gasturbine in Teilen der Kreuzfahrtflotte und Brennstoffzellen bei U-Booten. Doch das Alleinstellungsmerkmal wird die Dieselmotoren-Hersteller nicht davon abhalten, ihre Technologie kontinuierlich zu überprüfen und zu verbessern.
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