Siemens erprobt auf der Elbe Lotsenboot mit Elektroantrieb
Lotsenbote, die nicht nur von Diesel-, sondern auch von Elektromotoren angetrieben werden, erprobt derzeit der Siemens-Konzern auf der Elbe. Je nach Fahrgeschwindigkeit kann das Boot Explorer zwischen Diesel- und Elektromodus hin- und herschalten, um den torpedoförmigen Auftriebskörper anzutreiben.
Wenn Fracht- oder Passagierschiffe in einem Hafen festmachen wollen, stehen den Kapitänen ortskundige Lotsen zur Seite. An und von Bord gelangen sie jeweils per Lotsenboot – das ist seit Jahren und Jahrzehnten so. Die Explorer schlägt ein neues Kapitel dieser Traditionsgeschichte auf. Das hochmoderne Lotsenboot auf der Elbe bezieht seine Antriebskraft von einem dieselelektrischen Hybridantrieb von Siemens namens EcoProp.
EcoProp ist die Weiterentwicklung eines Hybridantriebs, der ursprünglich für Busse vorgesehen war und unter anderem in London, München und Hanoi im Einsatz ist. Jetzt testet Siemens Marine Solutions eine Möglichkeit, auch Schiffe effizient und umweltfreundlich zu betreiben. Wert legt das Unternehmen darauf, dass das System flexibel verbaubar und modular um weitere Energiequellen erweiterbar ist. Zudem kommt es mit schnell und weltweit beschaffbaren Ersatzteilen aus.
Überschüssige Diesel-Energie fließt in die Stromversorgung
Bei der Explorer handelt es sich um ein sogenanntes SWASH-Schiff. Die Abkürzung steht für Small Waterplane Area Single Hull und bezieht sich auf einen mittig unter dem Schiff gelegenen, torpedoförmigen Auftriebskörper, der das Boot auch antreibt. Die Energie dafür entstammt dem EcoProp-Hybridantrieb, der im Rumpf untergebracht ist. Dieser hat einen Diesel- und einen Elektromodus, der für jedes Fahrprofil einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglicht: Wird das Schiff von seinem Dieselmotor angetrieben, fließt nicht genutzte Energie in einen Generator, um so das gesamte Schiff mit Strom zu versorgen.
Gerade bei einem Schiff wie der Explorer ist diese Option interessant: Lotsenboote fahren nicht stetig mit derselben Geschwindigkeit, sondern passen ihr Tempo sehr oft an. Für Dieselmotoren ist dieses häufige Stop-and-Go eine hohe Belastung – und energiesparend ist es auch nicht.
Mit EcoProp kann der Motor trotz wechselnder Geschwindigkeiten auf einem stetigen Niveau laufen. Überschüssige Energie geht dabei nicht verloren, sondern fließt in den Generator. Das führt zu einer höheren Lebensdauer des Motors und zu einem niedrigeren Kraftstoffverbrauch, einhergehend mit geringeren Emissionen. In die Karten spielt diesem verbesserten Energiehaushalt dabei auch die Bauweise des Schiffs: Es ist relativ leicht und liegt wegen seiner zwei seitlichen Ausleger selbst bei starkem Seegang stabil auf dem Wasser.
Elektromodus erreicht ein Drittel der Dieselgeschwindigkeit
Bei Bedarf kann der Elektromotor auch das ganze Schiff antreiben: Damit erreicht die Explorer immerhin noch ein Drittel ihrer sonstigen Höchstgeschwindigkeit von 17 Knoten – das entspricht rund 31 km/h. Damit erfüllt es auch die Sicherheitsbedingungen: Für Schiffe ist bei bestimmten Einsätzen ein zweiter Antrieb zwingend vorgeschrieben. Durch den mittig gelegenen Antrieb hat ein SWASH-Schiff jedoch nur einen einzigen Dieselmotor – die Rolle des Zweiten übernimmt bei der Explorer der Elektromotor.
Für ihre wichtigste Aufgabe benötigt die Explorer allerdings weiterhin den Dieselantrieb: Die großen Containerschiffe sind auf der Elbe in der Regel mit mindestens acht Knoten, also knapp 15 km/h, unterwegs. Um dem Lotsen ein sicheres Umsteigen zu ermöglichen, muss das Lotsenboot eine Zeitlang stabil neben dem zu leitenden Schiff fahren – und dafür ist die Explorer unter Elektroantrieb mit knapp sechs Knoten einfach noch zu langsam.
Deutsche Marine setzt ebenfalls auf teilelektrischen Antrieb
Der Hybridantrieb der Explorer ist nicht der erste seiner Art: Auch bei Antrieben für Marineschiffe stehen Hybrid-Lösungen hoch im Kurs. Bereits vor einigen Monaten stach eine Fregatte der deutschen Marine mit einem gemischten, teilelektrischen Antriebssystem in See – ebenfalls von Siemens. Dieses besteht im Wesentlichen aus zwei elektrischen E-Fahrmotoren und einer Gasturbine und verbindet die Vorteile einer hohen Leistungsdichte des Gasturbinenantriebes für hohe Einsatzgeschwindigkeiten mit den Vorteilen des dieselelektrischen Antriebs bei Marschfahrten.
In Norwegen soll 2015 zudem die weltweit erste rein elektrisch angetriebene Auto- und Passagierfähre den Betrieb zwischen Lavik und Oppedal im Sognefjord in Westnorwegen aufnehmen. Auch hier war Siemens beteiligt: Gemeinsam mit der norwegischen Werft Fjellstrand hat der deutsche Mischkonzern das Schiff für einen Wettbewerb des norwegischen Transportministeriums entwickelt. Statt auf einen durch Diesel betriebenen Generator setzt die Fähre auf extrem leistungsfähige, schnell aufladbare Wechselakkus.
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