Technikprobleme, Diesel-Notlösungen 26.04.2025, 17:41 Uhr

Das Drama mit den Wasserstoffzügen

Technikprobleme, hohe Kosten und fehlender Wasserstoff: Warum Wasserstoffzüge in Deutschland ins Stocken geraten.

Wasserstoffzug

Ob Norddeutschland, Brandenburg oder Hessen - Wasserstoffzüge sind in Deutschland ins Stocken geraten. Die Gründe sind vielschichtig.

Foto: PantherMedia / Bennu W

Wasserstoffzüge galten lange als Hoffnungsträger für klimafreundlichen Regionalverkehr. Ohne lokale Emissionen, flexibel einsetzbar auf nicht-elektrifizierten Strecken, sollten sie die Diesellokomotiven ersetzen. In Deutschland flossen dafür Millionen in Pilotprojekte. Doch die Realität sieht ernüchternd aus: Ausfälle, Lieferprobleme und hohe Kosten überschatten den Alltag auf mehreren Strecken.

Chaos statt Klimaschutz: Der holprige Start im Taunus

Im hessischen Taunus wollte der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) die „größte Wasserstoff-Flotte der Welt“ in Betrieb nehmen. 27 Wasserstoffzüge von Alstom sollten Dieselzüge ablösen. Kostenpunkt: 500 Millionen Euro. Doch bereits zum geplanten Start im Dezember 2022 fehlten zahlreiche Züge. Ersatzzüge waren knapp, Dieselbusse mussten einspringen.

Bis zum Dezember 2023 wurden die Züge schließlich vollständig ausgeliefert. Doch die Probleme hörten nicht auf. Immer wieder fielen Wasserstoffzüge wegen technischer Defekte aus. Ersatzbusse und Notfahrpläne wurden zum Alltag.

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Der RMV machte seinem Ärger öffentlich Luft. Die Schuld sah man klar beim Hersteller: „Wir sind extrem erbost und mittlerweile sehr enttäuscht“, so der Verband gegenüber der Hessenschau. Alstom räumte Schwierigkeiten ein. Probleme bei der Antriebstechnologie und Materialengpässe seien die Hauptgründe, hieß es.

2025 zieht der RMV die Reißleine: Dieselzüge übernehmen wieder auf weiten Strecken. Die Wasserstoffzüge fahren nur noch auf einer Linie zwischen Königstein und Frankfurt. Eine bittere Zwischenbilanz für ein Projekt, das eigentlich den Weg in eine emissionsfreie Zukunft ebnen sollte.

Technische Hürden und fehlende Infrastruktur

Wasserstoffzüge nutzen Brennstoffzellen, um aus Wasserstoff und Sauerstoff Strom zu erzeugen. Während der Fahrt entsteht dabei nur Wasserdampf. Auf dem Papier ein idealer Ersatz für Dieselfahrzeuge. Doch die Wirklichkeit zeigt, dass der Betrieb komplexer ist als gedacht.

Ein großes Problem: die Versorgung mit Wasserstoff. Ohne eine leistungsfähige Tankstelleninfrastruktur wird der Betrieb zur logistischen Herausforderung. In Brandenburg etwa mussten die neuen Wasserstoffzüge der Heidekrautbahn nach nur zwei Wochen ihren Betrieb weitgehend einstellen. Die provisorische Betankung aus Trailern war zu aufwendig und fehleranfällig. Auch auf anderen Strecken, etwa zwischen Cuxhaven und Buxtehude, kam es zu Einschränkungen wegen Wasserstoff-Engpässen.

Ein weiteres Hindernis ist die Effizienz der Technologie. Wasserstoffzüge verlieren entlang der gesamten Prozesskette – von der Herstellung über Transport und Speicherung bis hin zur Rückverstromung – bis zu 70 % der ursprünglichen Energie. Im Vergleich dazu erreichen elektrisch betriebene Züge mit Oberleitung Wirkungsgrade von über 80 %.

Grüner Wasserstoff: noch Mangelware

Für eine echte Klimabilanz müssten Wasserstoffzüge mit grünem Wasserstoff betrieben werden. Dieser wird mithilfe von erneuerbarem Strom durch Elektrolyse hergestellt. In Deutschland gibt es davon bislang aber kaum Produktionskapazitäten. Die meisten Wasserstoffzüge beziehen derzeit Wasserstoff aus fossilen Quellen oder aus Verfahren mit CO₂-Abscheidung.

Bis 2030 plant die Bundesregierung, die Produktionskapazität auf zehn Gigawatt auszubauen. Derzeit liegt sie bei gerade einmal 0,1 Gigawatt. Verkehrsunternehmen sind daher auf wenige Lieferanten angewiesen, die nicht immer zuverlässig liefern können. In Cuxhaven etwa musste die Eisenbahngesellschaft EVB kurzfristig Dieselzüge einsetzen, weil der Wasserstofflieferant die zugesicherten Mengen nicht einhalten konnte.

Batteriezüge: eine günstigere und zuverlässigere Alternative?

Immer mehr Fachleute stellen die Frage, ob Wasserstoffzüge tatsächlich die beste Lösung für nicht-elektrifizierte Strecken sind. Forschende wie Arnd Stephan von der TU Dresden sehen batterieelektrische Züge im Vorteil. Diese können auf elektrifizierten Abschnitten ihre Batterien laden und auf Strecken ohne Oberleitung rein elektrisch weiterfahren.

Batteriezüge erreichen Reichweiten von 80 bis 120 Kilometern. Das reicht für den Großteil der Regionalstrecken in Deutschland aus, denn rund 90 % dieser Strecken sind kürzer als 70 Kilometer. Zudem ist die Ladeinfrastruktur günstiger und einfacher zu errichten als eine Wasserstofftankstelle.

Batteriezüge haben auch einen höheren Wirkungsgrad, da sie keine Energieverluste durch Umwandlungsprozesse wie bei Wasserstoffzügen haben.

Elektrifizierung bleibt der Goldstandard

Am effizientesten arbeiten Züge, die direkt aus der Oberleitung mit Strom versorgt werden. Hier gibt es keine nennenswerten Umwandlungsverluste. Die Technologie ist bewährt, international standardisiert und ermöglicht einen stabilen Betrieb.

Allerdings ist die Elektrifizierung bestehender Strecken teuer und dauert oft Jahre. Dennoch setzen viele Fachleute langfristig darauf. Wasserstoff- und Batterieantriebe könnten höchstens eine Übergangslösung sein, bis das Netz flächendeckend elektrifiziert ist.

Lesen Sie dazu auf vdi-nachrichten.com: Klimaneutrale Bahn mit Oberleitung satt Wasserstoff?

Millioneninvestitionen ohne nachhaltigen Erfolg?

Das Beispiel aus dem Taunus zeigt, wie riskant es sein kann, auf eine Technologie zu setzen, die noch nicht ausgereift ist. Die hohen Anschaffungskosten für Wasserstoffzüge, die aufwendige Infrastruktur und die unzuverlässige Versorgungslage werfen Fragen nach der Wirtschaftlichkeit auf.

Hinzu kommt, dass auch Hersteller wie Alstom immer wieder mit technischen Schwierigkeiten kämpfen. Allein auf den Hersteller zu setzen und auf funktionierende Technik zu hoffen, reicht offensichtlich nicht aus.

„Mit dem Rückgriff auf die bewährten Dieselzüge schaffen wir das Wichtigste: Ein verlässliches Fahrtenangebot auf der Taunusbahn für unsere Bürgerinnen und Bürger“, sagte Ulrich Krebs, Landrat des Hochtaunuskreises in der Hessenschau.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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