Staus kosten Pendler jährlich Milliarden von Euro
Immer wieder steht die Bahn wegen Verspätungen in der Kritik. Doch auch Autofahrer können ihr Leid klagen, denn Staus kosten viel Geld und Lebenszeit. Wie viel? Das zeigt eine aktuelle Studie.
Nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus ökonomischen Gründen sollte der Individualverkehr auf der Straße reduziert werden. Viele Autofahrer wissen das zwar, wollen aber nicht konkret auf ihr Fahrzeug verzichten. Über dieses Phänomen haben wir vor einigen Wochen berichtet: Alle regen sich über das Auto auf, doch keiner will etwas ändern. So kommt es, wie es kommen muss – immer mehr Pkws verursachen immer längere Staus. Wieviel Geld und Lebenszeit dies kostet, hat der Verkehrsdaten-Auswerter Inrix nachgerechnet.
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Jeder Pendler steht 40 Stunden im Stau
Ein durchschnittlicher Pendler in Deutschland verbringt laut einer Analyse des Verkehrsdaten-Dienstleisters Inrix jährlich 40 Stunden im Stau. Rechnet man allein den Zeitverlust mit einem halben durchschnittlichen Stundenlohn, entstehen pro Fahrer Kosten von 427 Euro. „Insgesamt beliefen sich die Staukosten für Autofahrer in Deutschland auf 3,2 Milliarden Euro, was einen Anstieg von 14 Prozent gegenüber 2022 darstellt“, gab Inrix am Dienstag, den 25. Juni, bekannt. Dazu kommen noch die erhöhten Spritkosten im Stop-and-Go-Verkehr, die in einer ähnlichen Größenordnung liegen.
Berlin steht an der Spitze der staugeplagten Städte in Deutschland. Dort verbrachten Autofahrer im Jahr 2023 durchschnittlich 55 Stunden im Stau, gefolgt von Stuttgart mit 53 Stunden und München mit 52 Stunden. In Köln standen Pendler 50 Stunden, in Düsseldorf 49 Stunden und in Bremen sowie im Ruhrgebiet jeweils 45 Stunden im Stau oder zähfließendem Verkehr. „Hamburg schneidet mit 43 Stunden noch vergleichsweise gut ab, aber auch hier mussten Pendler mehr als eine zusätzliche Arbeitswoche pro Jahr für ihren täglichen Arbeitsweg im Auto opfern.“ Zur Berechnung des Zeitverlusts verglich Inrix die Fahrtdauer auf freier Strecke in der Nacht mit den Zeiten im Berufsverkehr am Tag.
In manchen Innenstädten ging der Verkehr zurück
Eine interessante Entwicklung zeigte sich bei den Fahrten in die Innenstadt. Diese gingen in den Millionenstädten Berlin, Hamburg, München, Köln sowie in Frankfurt am Main stark zurück: „In Berlin sogar um 17 Prozent und in München um 16 Prozent“ im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig nahmen jedoch die Verzögerungen durch Staus oder stockenden Verkehr zu. „Dies deutet auf eine allmähliche Abwanderung aus den Stadtzentren und eine stärkere Verlagerung des Verkehrs in die Randgebiete hin“, erklärten die Verkehrsdaten-Analysten. Der morgendliche Pendelverkehr hat zugenommen.
Der staureichste Straßenabschnitt befand sich im vergangenen Jahr an der A8 in Stuttgart-Ehningen. Weitere Stauschwerpunkte sind der Mittlere Ring in München und der Elbtunnel in Hamburg.
Weltweit hat der Verkehr im Jahr 2023 erneut zugenommen. Um den wachsenden Verkehr in den Innenstädten besser in den Griff zu bekommen, gilt Paris für viele als Vorbild, da dort der Radverkehr im Zentrum gezielt gefördert wird, sagte Verkehrsanalyst Bob Pishue. „Andere Modelle sind das ‚Deutschland-Ticket‘ sowie das City-Maut-Programm in London, deren Erfolg mit Interesse beobachtet wird.“ In Deutschland wurden Nahverkehrszüge, Straßenbahnen und Busse im Vergleich zu 2022 deutlich mehr genutzt.
Was hilft wirklich gegen Stau?
Das ist eine spannende Frage. Im Prinzip ist es natürlich klar – weniger Fahrzeuge auf der Straße, weniger Staus. Aber so einfach ist es nicht, denn der Mensch will mobil sein. Solange er es sich leisten kann, wird er ins Auto steigen. Sind also mehr Straßen die Lösung? Zunächst ja, aber die Verkehrsforschung hat schon vor Jahren herausgefunden, dass neue Straßen wie ein Magnet zusätzlichen Verkehr anziehen. Um Staus in Zukunft wirklich zu reduzieren, braucht es also andere Lösungen.
Eine davon ist sicherlich, den öffentlichen Verkehr auszubauen und günstiger anzubieten. Wichtig ist dabei vor allem, dass er für die Pendler schnell und bequem ist. Niemand mag überfüllte und verspätete Züge, und solange das nicht in den Griff zu bekommen ist, helfen niedrige Preise nur bedingt.
Geschwindigkeitsbegrenzungen sind eine weitere Stellschraube, um Staus zu reduzieren. Besonders hilfreich ist es, wenn die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Lkw und Pkw nicht zu groß sind. Denn das Bremsen und Beschleunigen ist eine der Hauptursachen für Staus. Ein starres Tempolimit ist aber auch kein Allheilmittel. Besser ist es, je nach Verkehrsdichte unterschiedliche Tempolimits festzulegen, um die Staugefahr zu verringern.
Auch künstliche Intelligenz kann helfen, Staus zu reduzieren. In einigen Städten wie Ingolstadt laufen derzeit Versuche mit KI. Dort steuert sie zum Beispiel Ampeln und entscheidet selbstständig, ob Busse, Fußgänger oder Autos Vorrang haben. (Mit Material der dpa)
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