Riedbahn nach Sanierung: Weniger Störungen, neue Herausforderungen
Sanierung zeigt Wirkung: Auf der Riedbahn fahren Züge pünktlicher – doch Herausforderungen bleiben.

Die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim wurde in Rekordzeit saniert. Sie soll als Vorbild weiterer Streckensanierungen dienen.
Foto: PantherMedia / Joerg Hackemann
Die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim wurde in nur fünf Monaten generalsaniert und Ende 2024 wiedereröffnet. Für solch ein Mammutprojekt ist das eine Rekordzeit. Die Bilanz nach drei Monaten: Es zeigt sich ein positiver Trend bei der Pünktlichkeit im Bahnverkehr. Die Zahl der Verspätungen ist gesunken, die Infrastruktur robuster. Doch die Strecke bleibt ein Engpass mit begrenzter Kapazität – und weiteren Baustellen.
Inhaltsverzeichnis
- Update 31.03.25: Erste Bilanz nach 100 Tagen
- Meldung 17.12.24: Ein Mammutprojekt in Rekordzeit
- Warum die Riedbahn ein Vorbild ist
- Effiziente Bauprozesse durch Lean Management
- Vorausschauende Logistik trotz Materialknappheit
- Ein Blick in die Zukunft: 1500 Kilometer sollen folgen
- Ein Beitrag zur Verkehrswende
Update 31.03.25: Erste Bilanz nach 100 Tagen
Rund drei Monate nach der Wiederinbetriebnahme der modernisierten Riedbahn zieht die Deutsche Bahn ein erstes Fazit. Seit dem 24. Dezember 2024 rollen die Züge wieder planmäßig auf der wichtigen Verbindung zwischen Frankfurt und Mannheim. Die rund fünfmonatige Sperrung für die umfassende Sanierung war ein Pilotprojekt: Zum ersten Mal wurde ein stark befahrener Streckenabschnitt komplett stillgelegt, um ihn in einem Zug zu modernisieren.
Philipp Nagl, Chef der neu gegründeten Bahn-Infrastrukturgesellschaft InfraGo, sieht positive Entwicklungen: „Im Nahverkehr haben wir im Februar eine Pünktlichkeit von 80 % erreicht – das sind 20 Prozentpunkte mehr als im Vorjahresmonat.“ Auch im Fernverkehr sei ein klarer Fortschritt zu erkennen. Die Verspätungen hätten sich um ein Drittel reduziert. Infrastrukturbedingte Störungen seien um 27 % zurückgegangen, an einzelnen Tagen sogar um bis zu 50 %.
Mehr Züge, bessere Steuerung
Ein weiteres Ergebnis: Im Februar verkehrten auf der Riedbahn täglich 345 Züge – 16 mehr als noch ein Jahr zuvor. Die modernisierte Strecke kann also nicht nur pünktlicher, sondern auch dichter befahren werden. Der Betrieb verlaufe laut Nagl „deutlich geordneter“ und sei einfacher zu steuern.
Gleichzeitig macht der Infrastrukturchef deutlich: „Es gibt nicht das Allheilmittel. Es gibt viel zu tun. Die Generalsanierungen sind nicht die Lösung für alles.“ Die Sanierung sei ein Baustein – aber keine Garantie für dauerhaft reibungslosen Verkehr.
Was wurde modernisiert?
Die Riedbahn wurde im Zuge der Maßnahme komplett überholt: Gleise, Weichen, Oberleitungen, Stellwerke und Stationen wurden erneuert oder angepasst. Ziel war es, die Strecke widerstandsfähiger gegen Ausfälle zu machen und auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.
Die Kosten stiegen während des Projekts: Statt der ursprünglich kalkulierten 1,3 Milliarden Euro beliefen sich die Ausgaben am Ende auf rund 1,5 Milliarden Euro. Für die Bahn ist das ein kalkuliertes Risiko – denn ähnliche Projekte sind bereits in Planung.
Bis 2030 sollen mehr als 40 besonders belastete Streckenabschnitte im deutschen Bahnnetz ähnlich grundlegend saniert werden. Ziel ist es, die Zuverlässigkeit des Netzes spürbar zu verbessern.
Nahverkehr bleibt eingeschränkt
Trotz der Erfolge gibt es noch deutliche Einschränkungen – vor allem im Nahverkehr. Laut Nagl könnte theoretisch mehr Regionalverkehr über die Riedbahn laufen. Praktisch ist das aber aktuell nicht machbar. Grund dafür ist der sogenannte Mischverkehr: Fern-, Nah- und Güterzüge teilen sich die Strecke. „Es gibt nach wie vor ein Gedränge“, sagt Nagl. Der verfügbare Platz reicht nicht aus, um alle Verkehre konfliktfrei abzuwickeln.
Das Ziel ist klar: Der Nahverkehr soll in Zukunft mehr Raum bekommen. Doch dafür braucht es zusätzliche Streckenkapazitäten. Abhilfe könnte die geplante Neubaustrecke Frankfurt–Mannheim bringen. Ist sie fertig, könnten Fernzüge diese Verbindung nutzen. Die Riedbahn stünde dann vermehrt dem Nah- und Güterverkehr zur Verfügung.
Pro Bahn: „Strecke bleibt unter Beobachtung“
Auch der Fahrgastverband Pro Bahn bewertet die Modernisierung überwiegend positiv. Thomas Mroczek, Sprecher des Verbands, lobt die schnelle Verfügbarkeit von Störungsteams. Dennoch sieht er weiter Handlungsbedarf: „Ganz abgeschlossen ist das Projekt nicht.“
Ein Beispiel: Zwischen Frankfurt und Biblis dürfen ICE-Züge derzeit noch nicht mit voller Geschwindigkeit fahren. Grund ist eine fehlende Endabnahme eines Streckenabschnitts.
Ein weiteres Problem: Es fehlt nach wie vor an Personal in Stellwerken. Diese Schwachstelle kann den Verkehr schnell ins Stocken bringen. Hinzu kommen externe Störungen – etwa durch Personen im Gleis oder technische Probleme in anderen Teilen des Netzes. Mroczek stellt klar: „Diese Verspätungen bleiben uns leider erhalten.“ (mit dpa)
Meldung 17.12.24: Ein Mammutprojekt in Rekordzeit
20 Bahnhöfe modernisiert, 111 Gleiskilometer erneuert, 152 Weichen ausgetauscht und 130 Kilometer Oberleitungen neu verlegt: Die Generalsanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim war ein technisches Meisterwerk. In nur fünf Monaten wurde die vielbefahrene Strecke auf den neuesten Stand gebracht. Seit Mitte Dezember rollen hier wieder die Züge – ohne Verzögerung und mit deutlich erhöhter Zuverlässigkeit.
Mit der Riedbahn hat die Deutsche Bahn ein Pilotprojekt realisiert, das als Blaupause für künftige Sanierungen dienen soll. „Der Abschluss der ersten Generalsanierung ist ein wichtiger Schritt für die strukturelle Sanierung unserer Infrastruktur“, erklärt DB-Chef Dr. Richard Lutz. Das Ziel: Ein stabiler und effizienter Bahnverkehr in Deutschland.
Die Strecke, die Mitte des 19. Jahrhunderts in Betrieb genommen wurde, war zuletzt besonders anfällig für Störungen. Mehr als 300 Züge täglich setzten die Infrastruktur an ihre Grenzen. Besonders die hohen Anforderungen des Personenfern- und Regionalverkehrs sowie des europäischen Gütertransports verdeutlichen die Bedeutung dieser Strecke für das deutsche Schienennetz.
Warum die Riedbahn ein Vorbild ist
Die Riedbahn gehört zu den meistbefahrenen Schienenstrecken Deutschlands. Täglich rollten hier vor der Sanierung mehr als 300 Züge über die Gleise. Doch die hohe Belastung hinterließ Spuren: Störungen waren häufig und hatten Auswirkungen auf das gesamte Schienennetz. Die Generalsanierung sollte diese Schwachstellen beseitigen.
Anders als bei traditionellen Bauprojekten entschied sich die Deutsche Bahn für eine Komplettsperrung der Strecke. Dadurch konnten die Bauarbeiten gebündelt und die Modernisierung in Rekordzeit abgeschlossen werden. Annette Beierl, Teamleiterin bei Drees & Sommer, betont: „Es handelte sich um ein Pilotprojekt, denn statt einer langwierigen Modernisierung im laufenden Betrieb wurde hier die Strecke inklusive Bahnhöfe in Rekordzeit generalüberholt.“
Das Ergebnis spricht für sich: Die Strecke wurde termingerecht fertiggestellt. Neue Gleise, Weichen und Signalanlagen sorgen nun für mehr Stabilität und eine höhere Verfügbarkeit.
Ein weiteres Highlight des Projekts war die umfassende Modernisierung der 20 Bahnhöfe entlang der Strecke. Reisende profitieren nun von barrierefreien Zugängen, modernen Wartebereichen und einer verbesserten Fahrgastinformation. Diese Zukunftsbahnhöfe machen die Reise nicht nur komfortabler, sondern auch effizienter.
Effiziente Bauprozesse durch Lean Management
Ein wichtiger Erfolgsfaktor war der Einsatz des sogenannten Lean Construction Managements. Diese Methode ermöglicht eine kontinuierliche Überprüfung und Anpassung aller Bauprozesse. Störungen wurden so frühzeitig erkannt und behoben. Die Kommunikation lief auf kürzestem Weg, was bei einem derart engen Zeitplan entscheidend war.
„Indem die laufenden Prozesse während der Planungs- und Bauphase kontinuierlich überprüft, angepasst und verbessert wurden, konnten Effizienz, Qualität und ein gutes Zeitmanagement sichergestellt und jegliche Art der Verschwendung vermieden werden“, erläutert Beierl. Dieses Vorgehen bewährte sich insbesondere bei unerwarteten Herausforderungen, die bei einem solchen Mammutprojekt unvermeidbar sind.
Auch digitale Werkzeuge spielten eine zentrale Rolle. Mit Tools wie SharePoint, Confluence und Jira wurden Informationen effizient gebündelt und in Echtzeit geteilt. Zusätzlich kamen Drohnen und kameragestützte Überwachung zur Steuerung der Baustellen zum Einsatz. Digitale Steuerungsinstrumente sorgten dafür, dass alle Beteiligten jederzeit über den Projektfortschritt informiert waren.
Vorausschauende Logistik trotz Materialknappheit
Ein weiteres Kernstück der Sanierung war eine vorausschauende Materiallogistik. Um während der globalen Lieferkettenprobleme alle Bauteile rechtzeitig vor Ort zu haben, wurden die Planungen flexibel angepasst. Annette Beierl erklärt: „Die ganzheitliche Planung ermöglichte es, frühzeitig zwischen Standardprodukten und Einzelanfertigungen zu unterscheiden und die Produktion entsprechend zu steuern.“
Dieses Vorgehen bewährte sich in der Praxis und trug maßgeblich dazu bei, das ambitionierte Zeitfenster einzuhalten. Trackerüberwachte Fahrzeuge sorgten zudem dafür, dass Materialien effizient zu den jeweiligen Bauabschnitten transportiert wurden. Gerade bei derart großen Bauvolumina war dies eine logistische Meisterleistung.
Ein Blick in die Zukunft: 1500 Kilometer sollen folgen
Die Generalsanierung der Riedbahn ist erst der Anfang. Bis 2027 plant die Deutsche Bahn die Modernisierung von insgesamt 1500 Kilometern Schienennetz. Besonders hochbelastete Strecken sollen davon profitieren. Das nächste große Projekt ist die Sanierung der Bahnstrecke zwischen Hamburg und Berlin.
Das Ziel ist klar: Mehr Zuverlässigkeit, weniger Verspätungen und eine bessere Infrastruktur für den Bahnverkehr in Deutschland. Für das Gelingen spielt auch die Effizienz der Bauprozesse eine entscheidende Rolle – wie sie bereits bei der Riedbahn unter Beweis gestellt wurde.
Ein Beitrag zur Verkehrswende
Eine modernisierte Bahnstrecke ist nicht nur für den Personenverkehr wichtig, sondern auch für den europäischen Gütertransport. Die Riedbahn ist Teil eines zentralen Transportkorridors und trägt zur Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene bei. Dies ist ein zentrales Ziel des European Green Deal, der den Klimaschutz in Europa vorantreiben soll.
Die Bahn ist bis zu 28-mal klimafreundlicher als das Flugzeug und wesentlich energieeffizienter als der Straßenverkehr. Eine moderne Schieneninfrastruktur spielt daher eine Schlüsselrolle für die Erreichung der Klimaziele.
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