Schutz von Menschenleben und Klima 08.07.2024, 12:00 Uhr

Sofortiges Tempolimit: Verbände erhöhen Druck auf Bundesregierung

Nach wie vor ist Deutschland das einzige europäische Industrieland ohne Tempolimit. Verschiedene Verbände weisen noch einmal eindrücklich darauf hin, wie wichtig eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen ist.

Tempolimit 100 km/h

Verschiedene Verbände fordern ein sofortiges Tempolimit von 100 km/h auf deutschen Autobahnen.

Foto: PantherMedia / Lars Halbauer

Umweltverbände, Verkehrssicherheitsorganisationen und die Gewerkschaft der Polizei in Nordrhein-Westfalen (NRW) fordern die sofortige Einführung eines generellen Tempolimits auf deutschen Autobahnen. Angesichts der Tatsache, dass Deutschland das einzige Industrieland ohne ein solches Tempolimit ist, wird der Druck auf die Bundesregierung immer größer. Während unsere Nachbarländer ihre Regelungen verschärfen, bleibt Deutschland in diesem wichtigen Bereich zurück. Die Forderung nach einem Tempolimit basiert auf den dringenden Notwendigkeiten der Verkehrssicherheit und des Klimaschutzes.

Blockadehaltung der Bundesregierung

Trotz der klaren Vorteile und der Unterstützung durch eine breite gesellschaftliche Allianz hält die Bundesregierung an ihrer ablehnenden Haltung fest. Die Nachbarländer haben ihre Tempolimits bereits verschärft, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und die Klimaziele zu erreichen. In Deutschland hingegen werden die Klimaziele für 2030 voraussichtlich verfehlt. Zusätzlich ist die Zahl der Verkehrstoten zuletzt wieder gestiegen, was die Dringlichkeit eines Tempolimits unterstreicht.

Ein Tempolimit könnte sofort tödliche Unfälle verhindern und gleichzeitig eine erhebliche Menge an CO2 einsparen. Dies betont auch Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH): „Ein Tempolimit ist die effektivste Klimaschutzmaßnahme im Verkehr, die sofort wirkt und praktisch nichts kostet. Wir fordern ein strikt kontrolliertes Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen, Tempo 80 außerorts und Tempo 30 in der Stadt – damit lassen sich jährlich mehr als 11 Millionen Tonnen CO2 einsparen.“

75.000 Verkehrstote in 20 Jahren

Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD), führt aus, dass in den letzten 20 Jahren 75.000 Menschen auf deutschen Straßen ums Leben gekommen sind. Diese Zahl verdeutlicht die Dringlichkeit eines Tempolimits. „Die Bundesregierung hat sich zwar der Vision Zero – Null Verkehrstote und Schwerverletzte – verpflichtet, doch verweigert sie sich gleichzeitig dem Tempolimit auf Autobahnen und Tempo 30 innerorts. Das passt nicht zusammen, diese Haltung muss sich ändern. Denn Tempolimits retten nachweislich Menschenleben und schonen außerdem das Klima.“

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Silke von Beesten, Vorsitzende der Verkehrsunfall-Opferhilfe Deutschland (VOD), betont die Bedeutung eines Tempolimits aus der Perspektive der Verkehrsopfer: „Es ist unerlässlich, dass wir die Sicherheit auf unseren Straßen erhöhen. Ein Tempolimit ist hierfür ein einfacher und effektiver Weg: Verschiedene Studien haben nachgewiesen, dass eine Entschleunigung des Verkehrs zu einer signifikanten Reduzierung von tödlichen Unfällen und schwerstverletzten Verkehrsteilnehmern führt. Wir fordern daher: Tempolimit maximal 130 km/h auf Autobahnen, Regelgeschwindigkeit auf Landstraßen 80 km/h und innerorts 30 km/h.“

Elektromobilität und harmonisierter Verkehrsfluss

Auch Michael Mertens, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei NRW, sieht im Tempolimit eine wichtige Maßnahme für die Förderung der Elektromobilität: „Wer mehr Elektromobilität auf den Autobahnen ohne zusätzliche Sicherheitsrisiken will, muss dafür sorgen, dass der Verkehrsfluss stärker harmonisiert wird. Das geht nur durch ein Tempolimit. Elektrofahrzeuge lassen sich nicht ohne dramatische Verkürzung der Reichweite mit Geschwindigkeiten über 130 km/h bewegen. Dadurch verändert sich der Verkehrsfluss auf den Autobahnen und einzelne deutlich schnellere Fahrzeuge stellen ein immer größeres Unfallrisiko dar.“

Olaf Bandt, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), hebt hervor, dass ein generelles Tempolimit eine kostengünstige und effektive Möglichkeit ist, den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren und damit einen wesentlichen Beitrag zur Senkung der Treibhausgase im Straßenverkehr zu leisten. „Beim Tempolimit geht es um noch viel mehr als den Klimaschutz. Es verhindert schwere Unfälle, hilft beim Sparen von Energie und damit Kosten und ist nicht zuletzt auch wichtig für die Zukunft der Automobilbranche.“

Appell an die Politik

Ragnhild Sørensen, Pressesprecherin von Changing Cities, richtet einen Appell an die FDP: „Wenn die FDP nicht unter fünf Prozent rutschen will, sollte Wissing schleunigst ein Tempolimit einführen. Es gibt eine bundesweite Mehrheit in der Bevölkerung für mehr Verkehrssicherheit, weniger CO2-Verbrauch und lebenswerte Städte. Vor allem gibt es einen großen Wunsch nach Handlung statt bräsiger Ignoranz.“

Die Pressemitteilung der Verbände endet mit einem Hintergrund über das Tempolimit in anderen europäischen Ländern. So bleibt Deutschland das einzige Industrieland, das noch kein generelles Tempolimit auf Autobahnen eingeführt hat. In den letzten Jahren haben viele europäische Länder, darunter die Niederlande, Frankreich und Spanien, ihre Geschwindigkeitsvorschriften verschärft, um Klima, Umwelt und Menschenleben besser zu schützen. Diese Maßnahmen haben zahlreiche positive Effekte gezeigt. Beispielsweise reduzierten sich in über 200 französischen Städten die Unfallzahlen um 70 Prozent nach der Einführung von Tempo 30.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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