Statt Kurzschluss und Totalausfall – So wird autonomes Fahren sicherer
Bremse und Lenkung gehören in Autos zu den sicherheitskritischen Komponenten. Bei autonomen Elektrofahrzeugen könnte ein Kurzschluss einen Totalausfall der Systeme nach sich ziehen. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration haben eine Lösung entwickelt.
Liegt der ADAC mit seiner Schätzung richtig, gehören bis zum Jahr 2050 autonom fahrende Autos ganz selbstverständlich zu unserem Straßenbild. Rund zwei Drittel aller Fahrzeuge sollen dem Fahrer die Möglichkeit geben, sich um andere Aufgaben zu kümmern, als das Auto zu steuern. Im Zuge der Diskussion kommt immer wieder eine Frage auf: Kann ein solch automatisiertes System im Notfall zuverlässig reagieren? Was passiert zum Beispiel, wenn es zu einem Kurzschluss kommt, der sich auch noch ausbreitet? Kommt es zu einem Totalausfall des Fahrzeugs? Und was geschieht dann? Wie verhält sich das Auto?
Mit diesen Fragen haben sich Forscher des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) eingehend beschäftigt. Ihre Lösung: ein elektronisches Trennelement, das den Fehler im Falle des Falles im Bordnetz einfach isoliert. Damit kann verhindert werden, dass ein Kurzschluss sich von einer lokalen Stelle weiter ausbreitet.
Statt doppeltem Bordsystem ist ein Trennelement die Lösung
Grundsätzlich gilt bei der Energieversorgung: In autonomen E-Autos ist sie durch zwei Quellen gewährleistet. Die eine ist die Hochvoltbatterie, die andere eine herkömmliche 12V-Batterie, die im Ruhezustand oder in hohen Lastsituationen das Auto im Fahrbetrieb versorgt. Bei der Architektur des Bordnetzes geht man heutzutage so vor, eine Überlastsicherung einzubauen, die dann den betroffenen Bereich abgrenzt. Das bedeutet im Umkehrschluss aber eben auch, dass diese Komponente im Falle eines Fehlers komplett abgeschaltet wird. Dieses Verfahren kann also nur funktionieren, wenn das System doppelt vorhanden ist. Das kommt aus verschiedenen Gründen aber nicht in Frage: Kosten, Platz, Gewicht. Wissenschaftler des Fraunhofer IZM haben deshalb gemeinsam mit Partnern aus der Industrie und dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB ein Trennelement entwickelt.
Autonomes Fahren: Sicher unterwegs, auch bei technischen Störungen
Es sorgt dafür, einerseits den fehlerhaften Teil abzuschalten und andererseits die Versorgung von sicherheitsrelevanten Teilen weiterhin zu gewährleisten. Philipp Arnold, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IZM erklärt den Hintergrund: „Mit den bisherigen Systemen kann es bei Unterspannungen während der Fahrt zu einem abrupten und unkontrollierten Ausfall der gesamten Elektronik, also auch der Lenk- und Bremssysteme kommen. Gerade bei hohen Geschwindigkeiten ist das ein nicht tolerierbares Risiko. Dank unseres neuen Moduls funktioniert ein Teil des Bordnetzes weiter und das vollautomatisierte Auto hat noch ausreichend Zeit, um die Passagiere in einen sicheren Bereich, zum Beispiel auf einen Standstreifen oder Parkplatz, zu fahren.“
60-mal schneller als herkömmliche Sicherungssysteme
Getestet haben es die Wissenschaftler, indem sie zahlreiche künstliche Kurzschlüsse verursachten. Die Ergebnisse waren vielversprechend: Das neu entwickelte Elektronikmodul ist in der Lage, eine Stromstärke bis zu 700 Ampere zuverlässig zu isolieren, ohne dass sich der Kurzschluss weiter ausbreitet. Es bietet auch in puncto Schnelligkeit deutliche Vorteile. Während eine herkömmliche Schmelzsicherung rund 20 Millisekunden benötigt, bis sie auslöst, erkennt das Trennelement den Fehler innerhalb von 10 Mikrosekunden und löst innerhalb von nur 300 Mikrosekunden aus. Das ist mehr als 60-mal schneller als aktuell eingesetzte Sicherungssysteme.
Bei dem Sicherungssystem setzten die Forscher auf sogenannte MOSFETs, das sind Feldeffekttransistor-Schalter. Sie dienen dazu, große elektrische Ströme oder Spannungen zu leiten oder zu sperren. In dem Trennelement verbauten die Forscher 16 dieser MOSFET-Schalter. Damit kann es problemlos bis zu 180 Ampere leiten. Sobald dieser Wert überschritten wird, zum Beispiel bei einem Kurzschluss, öffnet sich der elektrische Schalter und unterbricht die Stromzufuhr. Diese besonderen Schalter können mit einer Stromstärke von bis zu 300 Ampere belastet werden. In autonomen E-Autos lägen sie damit deutlich unter der Belastungsgrenze. Das könne nach Ansicht der Forscher zu einer erheblich höheren Lebensdauer führen und sich damit von bisherigen Lösungen absetzen. Als Testumgebung nutzten sie einen elektrischen BMW i3-Demonstrator und zeigten damit, dass ihr Modul grundsätzlich in jedem Elektroauto einsetzbar ist.
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