Stratolaunch will von riesigem Flugzeug Raketen ins All schicken
Am Wochenende ist das größte Flugzeug der Welt zu einem ersten Testflug aufgebrochen. Der sechsstrahlige doppelrümpfige Flieger mit einer Spannweite von 117 Metern soll eines Tages als fliegende Raketenstartrampe dienen.
Der winzige Ort Mojave in Kalifornien mit rund 4.200 Einwohnern wird Weltraumgeschichte schreiben. Der Ort, der für die Zerlegung und Verschrottung von Flugzeugen bekannt ist, hat einen Flughafen in der Mojave-Wüste, der seit 2004 die Zulassung als Spaceport für den horizontalen Start von wiederverwendbaren Raumfahrzeugen hat. Hier, wo auch Blockbuster wie Stirb Langsam 2 mit Action-Ikone Bruce Willis gedreht wurden, ist am Wochenende das größte Flugzeug der Welt zum ersten Mal abgehoben. Die Stratolaunch oder auch „Roc“ hat eine Flügelspannweite von über 117 Metern. Der 2,5-stündige Ausflug verlief ohne Zwischenfälle und begeisterte die beteiligten Ingenieure ebenso wie Schaulustige, die extra in die Wüste gekommen waren, wie dieses Video beweist:
Stratolaunch soll fliegende Raketen-Startrampe werden
Seit 2011 arbeiten Ingenieure für die von Microsoft-Urgestein Paul Allen gegründete Firma Stratolaunch Systems in Mojave. Ihr Ziel: der sechsstrahlige doppelrümpfige Megaflieger Stratolaunch. Doch es geht nicht allein darum, dass das Flugzeug große Höhen erreichen soll. Es ist so groß, weil es als fliegende Startrampe für Weltraum-Raketen dienen soll.
Das riesige Flugzeug besteht aus einer massiven Kohlefaserkonstruktion und Bauteilen aus zwei Boeing 747. Es soll 200 Tonnen Nutzlast in die Luft bringen können. Dabei handelt es sich um Raketen, die in rund 10.000 Meter Flughöhe in den Weltraum starten sollen. Die Triebwerke der Stratolaunch wurden erstmals 2017 angelassen. In 2018 war der Erstflug des Flugzeugs geplant, nun hat es sich tatsächlich in die Lüfte geschwungen.
Kleinste Rakete hat eine Nutzlast von 3.400 Kilogramm
Ursprünglich sollten modifizierte Falcon-9-Raketen von Elon Musks Raumfahrtunternehmen Space X von der Stratolaunch aus starten. Daraus wurde nichts, weil der Umbauaufwand für SpaceX zu hoch war. So kam Northtrop Grumman Innovations Systems mit seiner Pegasus-Rakete ins Spiel. Von dieser Rakete mit einer Nutzlast von 370 Kilogramm will Stratolaunch ab 2020 gleich drei Raketen gleichzeitig im Flug abwerfen und bis zu einer Höhe von 400 Kilometern ins All durchstarten lassen.
Doch Stratolaunch will offenbar mehr. Gleich drei weitere Raketen mit verschiedenen Nutzlasten will Stratolaunch selber entwickeln und damit Satellitenstarts erheblich billiger machen. „Egal wie groß ihre Nutzlast ist und egal auf welche Umlaufbahn sie gebracht werden sollen, bald wird das Buchen eines Satellitenstarts so leicht wie das Buchen eines Airline-Tickets sein“, schwärmte Stratolaunch-Chef Jean Floyd bei der Vorstellung der drei geplanten Raketen im vergangenen Jahr.
Die kleinste der geplanten Eigenentwicklungen nennt sich Medium Launch Vehicle, kurz MLV, und bietet eine Nutzlast von 3.400 Kilogramm. Die ersten Raketenstarts des MLV sind für das Jahr 2022 geplant, ein Start soll weniger als 30 Millionen US-Dollar kosten. Im zweiten Schritt will Stratolaunch eine Schwerlastversion des MLV, das MLV-Heavy, entwickeln. Die Rakete soll ähnlich wie die Falcon Heavy von SpaceX drei parallele Raketenstufen bekommen. Dadurch soll eine Nutzlast von 6.000 Kilogramm erzielt werden.
Am fernen Horizont sehen die Strategen von Stratolaunch die Entwicklung eines vollständig wiederverwendbaren Raketenflugzeugs, das zunächst Satelliten und in einer weiteren Ausbaustufe auch Passagiere in den Orbit transportieren kann. Der Raumtransporter mit dem Arbeitstitel „Space Plane“ soll nach einer Weltraummission wie ein Flugzeug auf einem Rollfeld landen können.
Stratolaunch-Konzept kann Kosten für Weltraummissionen senken
Der Riesenvorteil einer in der Stratosphäre fliegenden Raketen-Startrampe ist der eingesparte Treibstoff. Denn um vom Erdboden abzuheben, müssen die Raketentriebwerke gegen den hohen Luftdruck auf Meeresspiegelhöhe und die starke Anziehungskraft der Erde arbeiten. Und das kostet Sprit. In 10 Kilometer Höhe dagegen beträgt der Luftdruck nur noch rund ein Viertel des Luftdrucks auf Meeresspiegelhöhe.
Ein weiterer Vorteil des Stratolaunch-Konzeptes einer fliegenden Raketenstartrampe ist die Flexibilität: Statt eines Raketenbahnhofes wie das Kennedy Space Center ist es von herkömmlichen Start- und Landebahnen der Flughäfen möglich, Raketen in den Weltraum zu befördern. Weil all das die Kosten senkt, könnten künftig auch Universitäten den Stratolaunch-Fracht-Service nutzen, um Weltraumforschung zu betreiben.
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