Stuttgart 21 wird halbe Milliarde € teurer und später fertig
Schlechte Nachrichten für das Projekt Stuttgart 21: Der Tiefbahnhof könnte rund eine halbe Milliarde € teurer werden als geplant. Und zwei Jahre später fertig werden – also erst 2023. Lesen Sie hier, was Eidechsen damit zu tun haben.
Volker Kefer, Vorstand für Infrastruktur der Deutschen Bahn, hat dem Aufsichtsrat der Konzerns am Freitag eine unschöne Nachricht überbracht. IDer Tiefbahnhof wird wahrscheinlich über 524 Millionen € teurer als geplant. Er könnte zudem erst 2023 fertig werden, nicht wie beabsichtigt 2021.
Das ist jedenfalls das Ergebnis der ersten kompletten Überprüfung des Projekts Stuttgart 21, die er im Sommer 2015 in Auftrag gegeben hatte. Damit haben die Kritiker der Tieferlegung einmal mehr Recht gehabt. Das Münchner Ingenieurbüro Vieregg-Rössler hatte schon im vergangenen Jahr in einem eigenen Gutachten weitere Kostensteigerungen und Verzögerungen prophezeit.
Ist das Projekt damit eine ähnliche Planungskatastrophe wie der Flughafen Berlin Brandenburg (BER)? Nein, ist zumindest der Bahnvorstand überzeugt. Er hat in Medienberichten bereits Vermutungen zurückgewiesen, die Probleme seien hausgemacht. Vielmehr seien sie extern induziert. Ohne sie hätte man den Zeit- und Kostenrahmen einhalten können.
Arten-, Lärm- und Brandschutz führen zu Mehrkosten
Was macht Stuttgart 21 teurer? Unter anderem neue Erkenntnisse aus dem Straßen-Tunnelbau. Demnach müssen die Bauherren die Tunnel nach Bad Cannstatt und Feuerbach zusätzlich mit Kunstharz abdichten, um Schäden zu vermeiden. Und allein das kostet 144 Millionen €. Weitere 45 Millionen € werden fällig, weil die Bahn wegen des Artenschutzes für Juchtenkäfer und Eidechsen Tunnel statt Tröge bauen und außerdem Ausgleichsflächen für die Tiere bereitstellen muss.
Es geht weiter: 65 Millionen € kosten Änderungen wegen neuer Rechtsprechungen zum Lärmschutz. Und auch der Brandschutz ist ein Sorgenkind. Die Feuerwehr hat 2014 die Rettungsstrategie geändert. Das Problem: Die bisherige Statik trägt keine Treppenhäuser, die bis zu 90 Minuten feuerbeständig sein sollen.
Bahn kritisiert Tempo des Eisenbahnbundesamtes
Weitere Kritik äußert die Bahn an den Behörden. So würden die Behörden in Baden-Württemberg und das Eisenbahnbundesamt (EBA) das Planänderungsverfahren nur sehr schleppend bearbeiten. Das Genehmigungsverfahren für ein drittes Gleis am Filderbahnhof, ein Teil des Projekts Stuttgart 21, dauere beispielsweise bereits eineinhalb Jahre.
Die Bahn beziffert das damit verbundene Risiko auf rund 166 Millionen €. Weitere 125 Millionen € entfallen laut Bestandsaufnahme auf 77 sonstige Risiken. Doch trotz dieser Mehrkosten befindet sich die Bahn noch im Gesamtbudget, das sie mit Billigung des Aufsichtsrats schon 2013 um 2 auf 6,5 Milliarden € aufgestockt hatte.
Die Verlängerung des Baus um zwei Jahre stößt auch vielen Stuttgartern sauer auf. Denn sie müssen noch zwei Jahre länger mit Abgasen, Feinstaub und Lärm der S-21-Baustellen leben und Umleitungen von Stadtbahnlinien und Autoverkehr in Kauf nehmen.
Und was sich viele fragen: Wie ist es eigentlich den Schweizern gelungen, den neuen Gotthardtunnel planmäßig und im Kostenrahmen fertigzustellen? Gibt es in den Alpen keine unvorhergesehenen Probleme, Kröten und Berhörden?
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