Technische Meisterleistung: Die Costa Concordia hat Genua erreicht
Selbst als Wrack bot die nach Genua schwimmende Costa Concordia noch ein imposantes Bild. 14 Schiffe begleiteten den riesigen Luxusliner auf seiner letzten Fahrt. In der Nacht zu Sonntag ist die 385 km weite Reise zu Ende gegangen. In Genua wird die Costa Concordia nun verschrottet.
Am Morgen wurden die beiden schweren Schlepper, die die Costa Concordia an 800 Meter langen Stahlseilen von Giglio nach Genua gezogen hatten, vom Wrack gelöst. Jetzt haben Hafenschlepper damit begonnen, die Costa, die von 30 mit Luft gefüllten Tanks stabilisiert wird, im Hafen von Genua in die richtige Position zu bringen.
Zuerst kommen Möbel und Inneneinrichtungen raus
Zunächst wird das Schiff in ein großes Sonderbecken bugsiert, welches durch Sperren abgetrennt ist, falls Öl oder Benzin ausläuft. Dann beginnt das große Schlachten, Deck für Deck: Zunächst Möbel, Teppiche, Wandverkleidung und Inneneinrichtung. So verliert das Schiff Gewicht, bis es nicht mehr als 15 Meter Tiefgang hat.
Dann kommt die Costa Concordia ins Dock. Dort wird das Schiff vollständig entkernt. Stahlwände, Verstrebungen – alles kommt raus. Danach wird die unterste Ebene, das Deck Null, wo sich die Kühlräume und die Tanks befinden, gereinigt.
Etwa 80 Prozent kann recycelt werden
Im Anschluss wird das Schiff ins Trockendock gezogen. Dort wird der komplette Rest demontiert. Wiederverwertbares wird abtransportiert und recycelt. Was nicht mehr zu gebrauchen ist, wird entsorgt. Nach Expertenschätzungen kann insgesamt 80 Prozent aller Materialien wiederverwertet werden, nur rund 20 Prozent müssen endgültig verschrottet werden.
Es geht vor allem um das Metall der Schiffswände und Verstrebungen. Es soll eingeschmolzen und zu neuen Stahlträgern gegossen werden. Diese lassen sich im Hausbau einsetzen, können aber auch zu Windkraftanlagen oder neuen Schiffsteilen werden. Die fast 40.000 Tonnen Stahl der Costa Concordia sollen etwa 15 Millionen Euro einbringen. Zwei Jahre lang soll das Verschrotten des Ozeanriesen dauern.
Reise nach Genua führte auch an Korsika vorbei
Weil die Route von Giglio, wo die Costa Concordia mehr als 900 Tage lag, nach Genua auch an der korsischen Küste vorbeiführte, beobachtete sogar Frankreichs Umweltministerin Segolene Royale persönlich die langsame Vorbeifahrt. Am Donnerstagmittag passierte das Unglücksschiff die Mittelmeerinsel Elba, der Konvoi war von Korsika aus gut sichtbar.
Die Bewohner Korsikas und die französische Regierung befürchteten, dass der Transport des Wracks 25 Kilometer vor der korsischen Küste zu Umweltverschmutzungen führen könnte. Admiral Giovanni Pettorino von der italienischen Küstenwache betonte hingegegen, dass zu keinem Zeitpunkt der Vorbeifahrt an Korsika französische Interessen verletzt wurden. „Wir haben darauf geachtet, dass zu keinem Zeitpunkt in Bereichen navigiert wird, die der französischen Rechtsprechung unterliegen.“
Der Schleppverband fuhr am Freitagmorgen in etwa 15 Kilometern Entfernung von der kleinen Mittelmeerinsel Gorgona. Diese liegt 35 Kilometer vor der Hafenstadt Livorno.
In Genua gebaut – und verschrottet
385 Kilometer lang war die letzte Reise des 290 Meter langen Luxus-Kreuzfahrtschiffes, das am 2. September 2005 im Baudock der italienischen Werft Fincantieri in Sestri Ponente zu Wasser gelassen wurde. Sestri Ponente ist ein Stadtteil der italienischen Hafenstadt Genua, und so hat sich am Sonntag ein Kreis geschlossen, als die Costa Concordia den Hafen erreichte.
Ihre Taufe erhielt der Luxusliner am 7. Juli 2006 im Hafen von Civitavecchia mit dem tschechischen Topmodel Eva Herzigová als Taufpatin. Glück hat dem Schiff diese prominente Taufpatin nicht gebracht. Denn aus dem gleichen Hafen von Civitavecchia lief sie an jenem 13. Januar 2012 gegen 19:00 Uhr Ortszeit aus auf ihrer Kreuzfahrt in Richtung Savona. Mit über 4.200 Menschen an Bord.
Schon nach knapp drei Stunden war die Kreuzfahrt final beendet: Das Schiff lief nahe der Ferieninsel Giglio mit einer Geschwindigkeit von 15 Knoten, manövriert von Kapitän Francesco Schettino, auf einen Felsen unter Wasser. Die Costa Concordia wurde auf einer Länge von 70 Metern aufgeschlitzt. Der Voyage Data Recorder (VDR) registrierte den Kollisionszeitpunkt mit 21:45 Uhr und 7 Sekunden.
Bergung kostet 1,5 Milliarden Euro
Der Transport des Costa-Wracks nach Genua war eine ungewöhnlich gut überwachte Passage. Selbst der Luftraum über der Transportroute war gesperrt. Die Reederei lässt sich die gesamte Bergung 1,5 Milliarden Euro kosten. Neben der Küstenwache und Umweltschützern gehörten Spezialschiffe zur Begleitung, um bei einem Ölaustritt oder im Notfall schnell reagieren zu können. Hoch oben auf dem Wrack befand sich sogar eine improvisierte Kommandobrücke. Von dort überwachte der südafrikanische Projektleiter Nick Sloane gemeinsam mit elf weiteren Technikern und Ingenieuren den ganzen Transportprozess.
Aktualisiert Sonntag, 20:21 Uhr
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