Testen Sie die Emissionen Ihres Autos jetzt per App
Statt Diesel-Skandal und sich auf Aussagen von Automobilherstellern zu verlassen, prüfen Sie künftig einfach selbst, wie viel Abgase der eigene Diesel ausstößt. Möglich ist das dank der kostenlosen App „LolaDrives“ und eines Bluetooth-Adapters. Informatiker der Universität des Saarlandes haben Verfahren und App entwickelt.
Wer sein Auto in der Europäischen Union (EU) zulassen möchte, muss seit September 2017 noch ein weiteres Dokument vorlegen: Den bestandenen „Real Driving Emissions (RDE)“-Test. Dieser ermittelt die tatsächlichen Abgasemissionen eines Fahrzeugs unter alltäglichen Fahrbedingungen. Daraus entstand bei zwei Informatikern der Universität des Saarlandes die Idee, das jeder Autobesitzer diesen Test doch auch selbst durchführen könne. Das Ergebnis: Die App „LolaDrives“. Basis der App ist eine Technologie zur Analyse von Echtzeitsystemen namens „RTLola“. Entwickelt wurde sie von Bernd Finkbeiner, Professor an der Universität des Saarlandes und Faculty am Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit (CISPA).
Diesel-Autos werden grüner: Die Rettung des Verbrennungsmotors?
Grundsätzlich lässt sich die App bei fast allen Autos ab Baujahr 2005 einsetzen. „Wichtig ist, dass der Wagen über eine Schnittstelle zur On-Board-Diagnose (OBD) verfügt“, sagt Sebastian Biewer, Doktorand am Lehrstuhl „Dependable Systems and Software“ und einer der beiden App-Entwickler. Das erwähnte Diagnosesystem überwacht während der Fahrt Steuergeräte und andere technische Einheiten, die die Abgase beeinflussen. Ein Bluetooth-Adapter ermöglicht es, auf die On-Board-Diagnose zuzugreifen. Einfach das Handy via Bluetooth mit dem Adapter verbinden und die LolaDrives-App starten. Solange der Wagen läuft, lassen sich die Abgasemissionen damit messen.
Sensoren müssen Emissionswerte übermitteln, damit App funktioniert
Über die App kann der Nutzer einerseits die Daten auslesen oder er folgt der schrittweisen Anleitung und führt einen RDE-Test durch. „LolaDrives ist nach unserer Kenntnis die einzige App, die einen RDE-Test ermöglicht“, sagt Sebastian Biewer. Voraussetzung dafür ist: Die Schnittstelle des Wagens muss die passenden Daten zur Verfügung stellen, vor allem die Werte des Stickoxid-Sensors des Abgassystems. Der ist nur in Diesel-Autos eingebaut und erst dann kann die App auch die Emissionswerte ermitteln. Die App ist so schlau, dass Sie den Nutzer direkt nach dem Start informiert, ob die Daten abgerufen werden können und ein RDE-Test möglich ist.
Besonderen Wert haben die App-Entwickler auf die einfache Nutzung gelegt. Denn der RDE-Test an sich ist schon komplex genug. Nur wenn zahlreiche Bedingungen erfüllt sind, wie festgelegte Fahrtdauer, Distanzen, Geschwindigkeitsvorgaben sowie Beschleunigungs- und Bremsverhalten, ist er auch gültig. „Unsere App zeigt all diese Elemente in einer leicht verständlichen Nutzeroberfläche an und führt strukturiert durch die verschiedenen Stufen des Tests, indem sie genau ansagt, was wann zu tun ist. Sie teilt mit, ob der Test erfolgreich war und auch, ob der Test durch den Verstoß gegen eine der Vorgaben unwiederbringlich gescheitert ist“, erklärt Yannik Schnitzer, der zweite der beiden App-Entwickler.
Diesel-Emissionen: Forschende wollen mehr Transparenz
Wer die App nutzt, kann die Fahrdaten freiwillig und datenschutzkonform an die Forschenden spenden. „Anhand der Daten möchten wir eine Plattform aufbauen, mit der wir mehr Transparenz und Verständlichkeit in den KFZ-Bereich bringen wollen. Vergangene Skandale haben gezeigt, wozu es führt, wenn Hersteller verantwortungsloses Handeln durch Intransparenz verschleiern können. Wir wollen helfen, Softwareverhalten aufzudecken, das für den Hersteller der Software vorteilhaft, aber für den Benutzer oder die Gesellschaft unerwünscht ist“, erklärt Holger Herrmanns, Professor für Informatik an der Universität des Saarlandes und Sprecher des transregionalen Sonderforschungsbereichs „Grundlagen verständlicher Softwaresysteme“, in dessen Rahmen die Forschung um „LolaDrives“ stattfindet.
Allerdings ist zu beachten, dass die RDE-Tests, die Nutzer mit der App durchführen, nicht rechtlich bindend sind. „Uns geht es darum, das Informationsbedürfnis der Nutzer zu stillen. Die Ergebnisse unserer RDE-Tests sind plausibel, wenn man sie im Kontext der veröffentlichten Emissionsdaten und Grenzwerte betrachtet. Aber letztendlich sind sie Annäherungen an die ‚echten‘ Tests, die zwingend mithilfe kostspieliger mobiler Mini-Labors durchgeführt werden müssen“, sagt Holger Hermanns.
„LolaDrives“ misst bald auch mit Apple-Smartphones Diesel-Emissionen
Der transregionale Sonderforschungsbereich besteht seit 2018, als Kooperation der Universität des Saarlandes, der Technischen Universität Dresden sowie der Max-Planck-Institute für Informatik und Softwaresysteme. Die App „LolaDrives“ gibt es aktuell nur für Android über den Google Playstore. Eine Version für das iOS-Betriebssystem der Apple-Geräte ist bereits in Arbeit. Interessierte Datenspender können über das Projekt auf ein begrenztes Kontingent an Bluetooth-OBD-Adaptern zugreifen und sie kostenlos nutzen.
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