Überschallauto Bloodhound: von 0 auf 1609 km/h in 55 Sekunden
Ist das noch ein Auto oder doch eine Rakete auf Rädern? Auf jeden Fall ist der Bloodhound das schnellste Auto der Welt. Im Oktober will das Raketenauto einen neuen Weltrekord aufstellen und mindestens 1.280 km/h schnell fahren. Am liebsten würde der britische Air-Force-Pilot Andy Green auf 1.609 km/h durchstarten.
Mit dem, was man sich gemeinhin unter einem Auto vorstellt, hat der „Bloodhound SSC“ nicht mehr viel zu tun. Das Überschallauto ist 13,5 m lang und hat große Ähnlichkeit mit einem Düsenjet, allerdings ohne Tragflächen. SSC steht für Supersonic Car, also ist Überschallgeschwindigkeit im Spiel, das heißt mindestens 1.233 km/h. Der Bloodhound soll im Oktober 2017 den 20 Jahre alten Geschwindigkeitsrekord seines Vorgängers knacken und in Südafrika auf mindestens 1.280 km/h beschleunigen.
Raketentriebwerk gibt dem Bloodhound den letzten Kick
Nach einigen Verzögerungen aufgrund von Finanzierungsproblemen hat Projektdirektor Richard Noble jetzt einen neuen Zeitplan für den nächsten Rekordversuch bekannt gegeben. Im September 2015 war das Auto mit seinen 3.500 Komponenten bereits zusammengebaut und in London der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Nun soll alles wieder zerlegt und der Prozess in einer Art Gebrauchsanweisung für die Ingenieure festgehalten werden. Dann wird der Bloodhound erneut zusammengesetzt und erhält seinen Antrieb.
Der besteht aus einem Eurojet-EJ200-Strahltriebwerk von Rolls-Royce, wie es auch in einem Eurofighter Typhoon eingebaut ist. Dieses Triebwerk bringt das Auto auf eine Geschwindigkeit von 500 km/h, bevor das Nammo Raketentriebwerk zündet und dem Gefährt den letzten Kick auf Überschallgeschwindigkeit gibt. Zusammen erreichen die Antriebe eine Leistung von 135.000 PS.
Das Auto wiegt vollgetankt über acht Tonnen. Der Tank ist gewaltig: Er fasst eine Tonne. Um die Triebwerke mit reichlich Treibstoff zu versorgen, wird die Kraftstoffpumpe von einem Jaguar-V8-Motor angetrieben. Die Räder des Bloodhound sind übrigens nicht aus Gummi, sondern aus Aluminium. Laut auto motor und sport drehen sie sich 10.200 mal pro Minute, wenn die 1600 km/h erreicht sind.
Der Fahrer Andy Green – der auch schon beim Rekord im Jahr 1997 mit 1.227 km/h in der Wüste Nevadas am Steuer saß – wird auch im neuen Cockpit aus Kunststoff sitzen, das mit Kohlenstofffaser verstärkt ist. In einem Interview mit auto motor und sport schildert der britische Air-Force-Pilot, was einem durch den Kopf geht, wenn man ein Auto mit Überschallgeschwindigkeit steuert. „Wenn man mit mehr als 400 Metern pro Sekunde durch die Wüste prescht, gibt es viele Dinge zu beachten“, gibt sich Green ziemlich cool. „Verglichen mit einem Einsatz im Kampfflieger ist das Fahren doch einfach, denn im Flugzeug kommt die dritte Dimension dazu. Das ist viel schwieriger, als mit einem Auto einfach nur geradeaus zu fahren, auf einem perfekt glatten Untergrund.“
Auf Wüstenstrecke in Südafrika darf kein Stein die Bahn stören
Im Juni nächsten Jahres soll der Bloodhound an der englischen Küste auf einer Landebahn getestet werden, zunächst mit der geringen Geschwindigkeit von 354 km/h. Hier geht es vor allem darum auszuprobieren, ob alle Daten aus dem Auto wie gewünscht in Echtzeit übertragen werden. Das, sagen die Entwickler des Bloodhound, sei wesentlich, um „das Abenteuer mit einem Publikum weltweit teilen“ zu können. Als nächstes steht der Transport nach Südafrika an.
Der Bloodhound wird mit einer Boeing 747 nach Upington in Südafrika gebracht und von dort aus über Land ins Basislager nach Hakskeen Pan transportiert. Hier, in der Wüste im Nordwesten Südafrikas, nicht weit von Namibia entfernt, liegt das perfekte Gebiet für einen Geschwindigkeitsrekord. Für den Rekordversuch muss ein Terrain von 18 km Länge und 1,5 km Breite vorbereitet werden. Der Untergrund muss hart und eben sein und kein Stein darf die perfekte Oberfläche stören. 16.000 t an Gestein wurden dafür bisher von Hand beiseite geräumt.
„pit stop from hell“
Im Oktober 2017 soll schließlich Pilot Andy Green seinen eigenen Rekord von vor 20 Jahren zunichtemachen und den Bloodhound auf mindestens 1.280 km/h beschleunigen. Was letztlich zählt, ist aber nicht nur die Höchstgeschwindigkeit, die erreicht werden wird. Beim Rennen gegen die Uhr geht es auch um die Zeit, die zwischen der Hin- und der Rückrunde liegt.
Ist der Bloodhound am Streckenende angelangt, muss er umdrehen – sein Wendekreis beträgt 120 m –, wird neu betankt und durchgecheckt. Dieser „pit stop from hell“, wie ihn das Bloodhound-Team nennt, darf nicht länger als 40 Minuten dauern. Für 2018, so schreibt die BBC in einem Bericht, will das Bloodhound-Team sogar die 1.000-Meilen-Marke übertreffen. Und das ist dann die Grenze von 1.609 km/h.
Wie lange bräuchte Green, um auf 1.608 km/h zu beschleunigen? Genau 55 Sekunden, haben seine Ingenieure ausgerechnet. Wir werden mitstoppen.
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