Öffentlicher Nahverkehr 29.05.2019, 16:32 Uhr

upBus: Mal fährt er, mal schwebt er

Eine Kombination aus Seilbahn und autonom fahrendem Elektrobus soll den Nahverkehr revolutionieren. Die vorhandene Technik muss lediglich geschickt kombiniert werden. Ein System aus der Raumfahrt ist auch dabei.

So könnte eine Reisende im möglichen upBus aussehen
Foto: panthermedia.net / matej kastelic

So könnte eine Reisende im möglichen upBus aussehen

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Aachen Hauptbahnhof: Zahlreiche Menschen quillen aus den Portalen. Viele steuern zielstrebig auf eine Reihe von Kleinbussen zu, die dort stehen, wo einst ausschließlich Taxis standen. Sobald die Menschen, die den jeweiligen Bus gebucht haben, an Bord sind, rollt er los, elektrisch und ohne Fahrer. Nach wenigen 100 Metern fahren die Fahrzeuge nach und nach in eine Seilbahnstation. Hier werden sie an den Haken genommen, was wörtlich zu verstehen ist. Die Kupplung der Bahn synchronisiert sich mit dem rollenden Bus und schnappt ihn sich. Das Fahrgestell einschließlich Motor und Batterieblock bleibt zurück, der Akku wird aufgeladen. Von nun an geht es über die Dächer der Stadt Richtung Südosten.

Verkleinertes Holzmodell des Busses ist schon fertig

In Brand, einem großen Vorort der Stadt, endet die Seilfahrt. Die Busse bekommen ein neues Fahrgestell, klinken sich aus und rollen das letzte Stück über die Straße. Nach und nach steigen die Fahrgäste genau vor ihrer Haustür aus, die letzten in der Nachbarstadt Stolberg, in der weder ICE noch Thalys hält.

So könnte der Nahverkehr der Zukunft in Städten aussehen, meinen Professor Kai-Uwe Schröder und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Tobias Meinert. Beide arbeiten am Institut für Strukturmechanik und Leichtbau (ISL) der Technischen Hochschule Aachen. In der dortigen Werkstatt entstand ein verkleinertes Holzmodell des Busses, das auf Messen wie der Internationalen Automobilausstellung im September in Frankfurt am Main präsentiert werden soll.

Auf dem Weg zur elektromobilen Hauptstadt

Die Busse sollen jeweils 35 Fahrgäste befördern. Ein Modell, das in Frage kommt, ist der e.Go Mover. Er müsste nur ein bisschen größer sein. Entwickelt wurde er von Forschern der Hochschule, die bereits den Elektrokleinwagen e.Go konzipiert haben, der gerade auf den Markt gekommen ist. Auch der Street Scooter ist hier entwickelt worden, ein Elektro-Kleinlaster, der von der Deutschen Post initiiert wurde. Mit der Kombination Elektrobus und Seilbahn könnte Aachen sein Ziel erreichen, die elektromobile Hauptstadt Deutschlands zu werden.

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Für Innenstädte sind Seilbahnen ungeeignet

„Seilbahnen sind das mit Abstand sicherste Verkehrsmittel“, schwärmt Schröder. Zudem seien die Investitionskosten weitaus geringer als die für Straßen- oder U-Bahnen und man könne das System flott erweitern. „Tragmasten sind schnell aufgestellt.“ Doch vor allem in attraktiven Innenstädten sei dieses Verkehrsmittel ungeeignet. „Man kann die Seilbahn doch nicht am Dom oder am gotischen Rathaus der Stadt Aachen vorbeiführen“, sagt Meinert. Der upBus, wie die Entwickler ihn nennen, soll im 30-Sekunden-Takt verkehren. Pro Richtung und Stunde kann er im 30-Sekunden-Takt bis zu 6000 Passagiere befördern. Vielleicht hätte dieses Konzept auch die Bürger von Wuppertal überzeugt, die sich gerade gegen eine konventionelle Horizontal-Seilbahn ausgesprochen haben.

iBoss ist eigentlich für Kleinsatelliten gedacht

Die für das Vorhaben nötige Technik ist vorhanden. Fahrerlose Elektrobusse sind bereits vereinzelt im Einsatz. Und horizontal verkehrende Seilbahnen haben Unternehmen wie Leitner in Italien und Doppelmayr in Österreich bereits gebaut. Fehlt nur noch die Kupplung zwischen dem Seil der Bahn und dem Oberteil des Busses. Da kommt „iBoss“ ins Spiel, eine Kupplung, die von mehreren deutschen Instituten, darunter das ISL, entwickelt worden ist. Sie ist etwa so groß wie ein Suppenteller und überträgt Daten, elektrische Energie, Wärme und Lasten.

iBoss soll die unbemannte Raumfahrt revolutionieren. Gedacht ist sie für kleine würfelförmige Satelliten, die jeweils nur eine einzige Aufgabe haben, etwa Bilder der Erdoberfläche in einem bestimmten Frequenzbereich aufzunehmen. Viele dieser Spezialisten werden per iBoss miteinander verbunden. Gemeinsam decken sie das Aufgabenspektrum von heute eingesetzten oft tonnenschweren Satelliten ab.

Teststrecke soll 2023 den Betrieb aufnehmen

Der modulare Aufbau habe einen entscheidenden Vorteil. Wenn einer dieser Kleinsatelliten wegen einer technischen Störung ausfällt lässt er sich ausklinken und durch einen neuen ersetzen. Heutige Großsatelliten sind dagegen ein Komplettausfall, wenn eine solche Panne passiert.

„Wir haben überlegt, wie man die Kupplung auf der Erde nutzen könnte“, sagt Meinert. „So kamen wir auf den upBus.“ Bis 2023 soll eine Teststrecke aufgebaut werden, auf der der upBus verkehrt und tatsächlich Fahrgäste befördert.

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Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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