Verbrennungsmotoren werden effizienter
Bis Elektromotoren den Automobilantrieb komplett übernehmen, werden Benzin- und Dieselmotoren wohl noch viele Milliarden Tankfüllungen verbrennen. Die Branche stellt sich auf einen evolutionären Wandel zur Elektromobilität ein. Darum arbeitet sie weiterhin mit Hochdruck daran, die Effizienz von Verbrennungsmotoren zu steigern. Ideen dafür gibt es reichlich, wie das 33. Wiener Motorensymposium Ende April zeigte.
„Der Elektroantrieb wird sich nicht von heute auf morgen am Markt etablieren“, so Prof. Thomas Weber Ende April vor 1000 Experten auf dem 33. Wiener Motorensymposium. Der Daimler-Forschungschef erwartet ein längeres Nebeneinander von Elektro- und Verbrennungsmotoren, in dem es noch auf Jahrzehnte vor allem vom Verbrennungsmotor abhängt, wie stark die Emissionen des Straßenverkehr sinken.
Daimler fährt laut Weber eine „mehrspurige Strategie“. Neben Hybriden und Elektrofahrzeugen mit Batterie- oder Brennstoffzellenantrieb spielen darin optimierte Verbrennungsmotoren eine Hauptrolle. Der Konzern startet noch 2012 den Verkauf des neuen Elektro-Smart für 16 000 € zuzüglich 60 € Batteriemiete pro Monat – und bringt so seine Batterietochter Deutsche ACCUmotive und sein Elektromotoren-Joint-Venture mit Bosch in Stellung. Zudem wird er bis 2014 mit Linde 20 Wasserstofftankstellen in Deutschland einrichten. Und auch die Hybridwelle der Sindelfinger rollt: Mit dem E400 Hybrid und dem E 300 BlueTec Hybrid gehen gerade hybride Benziner und Diesel an den Start. Zudem ließ Weber durchblicken, dass die nächste Generation der S-Klasse auch als Plug-in- Hybrid mit kaum mehr als 3 l Benzinverbrauch auf 100 km kommen wird. Doch neben den wenigen, besonders sparsamen Modellablegern bleibt die Masse konventionell angetrieben.
Daimler setzt bei Verbrennungsmotoren auf „Diätmaßnahmen“
Zum Erreichen der CO2-Ziele setzt Daimler wie andere Hersteller auch auf Leichtbau, aerodynamische Optimierung, Fahrzeugvernetzung – und wirksame Diätmaßnahmen für Verbrennungsmotoren. Die weltweit verschärften CO2-Grenzwerte und die Abhängigkeit vom endlichen Öl vor Augen gehen Hersteller und Zulieferer die Optimierung von Otto- und Dieselmotoren nun entschlossen an: Downsizing, Direkteinspritzung und Turboaufladung, variable Ventilsteuerung und Verdichtung, Zylinderabschaltung und immer ausgefeiltere Getriebe drücken den CO2-Ausstoß bei immer mehr Kompakt- und Mittelklassemodellen unter 120 g/km.
Um solche Werte künftig weiter zu unterbieten, wird jedes Detail überprüft. So zeigten Bosch-Ingenieure in Wien, wie sie unter anderem dank optischer Analysen von Verbrennungsprozessen in Forschungsmotoren sparsamere, schadstoffarme Verbrennungsstrategien entwickeln. So machen sie durch komplettes Neudesign von Magnetinjektoren für Dieselmotoren Einspritzdrücke von über 2000 bar und eine weit präzisere Steuerung der Einspritzmengen auch bei extrem schnellen Mehrfacheinspritzungen möglich.
Zulieferer nehmen jedes Detail unter die Lupe
Dafür haben die Entwickler den Hochdruckbereich in den Injektoren von der Nadelspitze bis zum oberen Servokolben der Einspritzdüse ausgeweitet. Dadurch habe man Druckverluste zwischen Hoch- und Niederdruckbereich um zwei Drittel reduziert sowie Mengenfehler dank des „Hochdruck-Vorrats“ im System weitgehend eliminiert. Letztlich führe das zu einer leiseren, exakteren Einspritzung trotz des höheren Druckes – und erlaube effizientere Verbrennungsstrategien. Möglich wurde das durch ein eigens entwickeltes Laserschweißverfahren, das die unterschiedlichen Materialien an Spitze, Mittelteil und Injektorkopf dauerhaft verbindet. Konventionelle Verbindungsmethoden waren hier an Grenzen gestoßen.
Ein weiteres Team des Zulieferers hat sich der Partikelproblematik bei aufgeladenen, direkteinspritzenden Benzinern angenommen. Gerade in der Warmlaufphase, aber auch bei hoher Last neigen diese zu Partikelbildung, die häufig über die 2014 in Kraft tretende Euro-VI-Grenzwerte hinaus geht. In ihren Analysen stießen die Ingenieure auf zwei Ursachen: Kraftstoffreste an den Wänden, die nicht schnell genug verdampfen und dann nach der eigentlichen Verbrennung unter Sauerstoffmangel unvollständig durchbrennen. Und inhomogene Gemischbildung im Brennraum bei Einspritzung im Kompressionstakt.
Auch hier half die Lasertechnik. Statt die Spritzlöcher von Benzin- und Dieselinjektoren wie bisher mit Funkenerosion und elektrochemischem Abtragen zu erodieren, „bohrt“ nun ein Laser variable Lochdurchmesser mit glatten Oberflächen. Beides führt dazu, dass sich der Kraftstoff als feinster Nebel im Brennraum verteilt, nähere Wände dank angepasster Lochdurchmesser erst gar nicht erreicht, oder die feineren Tröpfchen dort sofort verdampfen. Die Euro-VI-Normen sind so ohne Abgasnachbehandlung zu schaffen – und obendrein steigt durch die restlose Verbrennung die Effizienz der Motoren.
Continental: EMS3 koordiniert Elektroantrieb mit Verbrennungsmotoren
Zulieferer Continental stellte in Wien dagegen eine Lösung vor, die für das erwartete Nebeneinander elektrischer und verbrennungsmotorischer Antriebe prädestiniert ist. Die neue Motorsteuerung „Engine Management System 3 Plattform“ (EMS3) koordiniert beide Welten und bezieht dabei Fahr- und Streckenprofile in die Steuerungsstrategien ein. Dafür prognostiziert eine Software anhand topografischer Daten und eingehender GPS-Signale aus, wie viel Energie auf den kommenden Streckenabschnitten benötigt wird, wo Rekuperieren Sinn macht oder wo rein verbrennungs- oder elektromotorisches Fahren.
„Mit der neuen Motorsteuerungsplattform werden wir nicht nur Drehmomente koordinieren, sondern auch den Energiefluss im Antriebsstrang steuern“, erläuterte Jörg Grotendorst, Leiter Strategie und Technologie, Division Powertrain bei Continental. Ein gravierender Vorteil: Dank der vorausschauenden Fahrstrategie wird die teure Batteriekapazität effektiver genutzt. Versuchsfahrten bei Conti zeigten, dass sich der Gesamtenergieverbrauch mit der direkten Verbindung von Prognosedaten und Motorsteuerung bis zu 10 % senken lasse.
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