Ausbau von Wasserstraßen: Interview 03.06.2011, 19:53 Uhr

„Verkehr auf Wasserstraßen lässt sich nicht herbeibauen“

Die Bundesregierung wird Ausbau und Unterhaltung der deutschen Wasserstraßen und Schifffahrtswege künftig stärker am Transportaufkommen ausrichten. So will sie den Schifffahrtsbetrieb auf zentralen Routen trotz Finanz- und Personalknappheit aufrechterhalten. Mit der Reform wird etwa jedes vierte Schifffahrtsamt schließen. Staatssekretär Prof. Klaus-Dieter Scheurle erklärt gegenüber den VDI nachrichten, wie die Einschnitte umgesetzt werden und warum die Schifffahrtsverwaltung trotz alledem Ingenieure sucht.

VDI nachrichten: Laut Bericht Ihres Ministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages sind deutsche Wasserstraßen chronisch unterfinanziert. Viele technische Anlagen haben ihre Lebensdauer überschritten. Qualifiziertes Personal fehlt. Outsourcing erweist sich als teuer. Kann so der Anteil des Gütertransports auf Wasserstraßen steigen?

Scheurle: Bisher wurden die Investitionsmittel breit über alle Wasserstraßen verteilt, ohne dass sich der Gütertransport darauf erhöht hat. Verkehr lässt sich eben nicht „herbeibauen“. Nun werden wir begonnene Ausbaumaßnahmen noch beenden. Aber künftig konzentrieren wir unsere knappen Haushaltsmittel auf Wasserstraßen mit hoher Verkehrsbedeutung. Wir sind dem Steuerzahler schließlich schuldig, dass wir seine Gelder effizient einsetzen! Nur ein solcher Ausbau kann mehr Güterverkehr auf die Bundeswasserstraßen bringen.

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Der Bundesrechnungshof mahnt Sparmaßnahmen in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) an. Für Binnenschifffahrt und Binnenhäfen ist die Schmerzgrenze längst überschritten. Man wirft Ihrem Ministerium vor, die umweltfreundliche Alternative zum Straßengüterverkehr aufzugeben …

Scheurle: Wie alle Ressorts müssen wir jedes Jahr Personaleinsparauflagen umsetzen, und unsere Mittel sind durch den Bundeshaushalt begrenzt. Mit unserem Konzept reagieren wir auf diese Realität. Indem wir unsere Ressourcen konzentrieren, stärken wir die Schifffahrt dort, wo bereits hoher Transportbedarf besteht – oder entsprechendes Potenzial vorliegt.

Im Bericht beklagt das BMVBS massiv gestiegene Kosten und Personalbindung bei Vergabeverfahren an Dritte. Wäre das nicht ein Hebel für Sparmaßnahmen?

Scheurle: Personalbindung und gestiegene Kosten haben mehrere Ursachen. Die Personalbindung ist unmittelbare Folge des europäischen Vergaberechts, das wir allein nicht ändern können. Die Kosten spiegeln immer die aktuelle Marktsituation wieder – also Rohstoffkosten, Einschränkungen durch Anbietermonopole und Ähnliches. Auch da gibt es keinen Spielraum. Allerdings werden wir künftig vor Fremdvergaben noch genauer die Vergabefähigkeit und, im Rahmen der Vergabewürdigkeit, die Wirtschaftlichkeit im Einzelfall analysieren.

Was spricht gegen Insourcing und Personalaufbau?

Scheurle: Einerseits die haushaltsgesetzlichen Einsparauflagen. Seit 1993 mussten wir bei der WSV rund 5000 Stellen und Planstellen abbauen. Bis 2020 müssen weitere 2800 der 13 315 Planstellen wegfallen. Zudem ist der Fachkräftemarkt in Deutschland leer gefegt. Da die Konditionen des öffentlichen Dienstrechtes oft nicht konkurrenzfähig sind, sind Personalaufbau und Insourcing reine Utopie.

Ihr Reformvorschlag kategorisiert Wasserstraßen in Vorrang-, Haupt-, Ergänzungs- sowie in Neben- und Randnetze. Grundlage sind die jährlich transportierten Frachttonnen. Reicht dieses Kriterium?

Scheurle: Ja, das ist ausschlaggebend: Benötigt wird ein leicht ermittelbares schlichtes Kriterium. Im Übrigen: Würde man ein System wertschöpfender Transporte oder sogenannter Spezialtransporte über das „Tonnennetz“ legen, ergäben sich nur geringfügige Änderungen, oft sogar nur lokale Auswirkungen. Diese werden in unserem Konzept aufgefangen.

Binnenschiffer monieren, dass eine Tonne Sand kaum die wirtschaftliche Bedeutung habe wie eine Tonne Wasserturbinen oder Windradflügel. Warum hat sich das BMVBS auf Tonnen festgelegt?

Scheurle: Wie gesagt: Das „wertschöpfende Netz“ benötigt im Regelfall nur kleinere, lokale Optimierungen, die nicht nur im Vorrangnetz, sondern auch im Haupt- und Ergänzungsnetz stattfinden werden.

Unternehmen, die sperrige, große Güter produzieren, haben sich an Wasserstraßen angesiedelt. Auch so manches Gewerbegebiete wurden wegen der Wasserstraßenanbindung entwickelt. Wie erklären Sie den Investoren, dass ihnen an Nebenstrecken nun buchstäblich das Wasser abgegraben wird?

Scheurle: Das ist einfach falsch: Wir werden die bestehenden Verhältnisse nicht verschlechtern. Von den Rest- und Randwasserstraßen abgesehen, erhalten wir den Status quo. Die Entscheidung, die Produktion bestimmter Güter oder auch Gewerbegebiete an Wasserstraßen zu legen, war und bleibt richtig. Sie wird durch unser Konzept in keiner Weise konterkariert.

Das Deutsche Verkehrsforum bemängelt eine mangelnde Gesamtstrategie – etwa bei der Abstimmung mit dem Hafenkonzept. Binnenhäfen sehen intermodale Transportketten in Gefahr. Inwieweit folgt der Rückzug aus den Randstrecken detaillierten Untersuchungen?

Scheurle: Natürlich haben wir das Nationale Hafenkonzept ebenso berücksichtigt wie die Konsequenzen für intermodale Lieferketten. Aber klar ist auch: Würden wir die Strategie unserer Vorgänger fortsetzen, die Investitionen in den Ausbau ungeachtet der jeweiligen Verkehrsfunktion vorzunehmen, würde das zu Realisierungszeiträumen von bis zu 40 Jahren führen. Das würde keiner Kategorie von Wasserstraßen nützen. Mit solchen Zeiträumen sind keine Güterverlagerungen auf das Schiff zu erreichen. Im Übrigen ist mir ein solcher Vorwurf des Verkehrsforums nicht bekannt.

Die Wirtschaftsminister Bremens, Hamburgs und Niedersachsens sehen einheitliche Ausbaustandards der Wasserstraßen als Voraussetzung freizügiger Transporte. Ihr Konzept schreibe die heutigen Defizite fest …

Scheurle:  … wir werden den Ausbaustandard erhöhen, wo wir entsprechende Transportmengen erwarten. Damit setzen wir unsere knappen Mittel so effizient wie möglich ein. Aufgrund der haushalterischen Rahmenbedingungen ist die gleichzeitige Beseitigung aller Defizite nicht möglich. Das ist einfach fernab jeder Realität, die auch den genannten Ministern bekannt ist.

In Magdeburg wird befürchtet, die dortige Wasser- und Schifffahrtsdirektion stehe vor dem Aus. Ihr Haus strebt eine Dienstvereinbarung mit dem Personalrat zur „sozialverträglichen Umsetzung“ an. Wird es Auflösungen ganzer Behörden oder größerer Behördenteile geben?

Scheurle: Wenn wir Ausbau, Betrieb und Unterhaltung an Wasserstraßen mit hoher Verkehrsbedeutung intensivieren und an Wasserstraßen mit geringer oder fehlender Verkehrsfunktion reduzieren, hat das Auswirkungen auf die Verwaltung, die der Aufgabe zu folgen hat. Wir müssen die Strukturen also entsprechend anpassen. Wo nicht mehr ausgebaut wird, machen Neubauämter keinen Sinn. Im Zuge der Reform werden wir zahlenmäßig etwa ein Viertel der 40 Schifffahrtsämter durch Zusammenlegungen reduzieren. Betriebsbedingte Kündigungen wird es nicht geben. Ziel ist eine effiziente, zukunftssichere WSV.

Aber Umsetzungen. Droht dabei nicht gerade ein Verlust jener hoch qualifizierten Mitarbeiter, die, wie in Ihrem Bericht aufgezeigt, ohnehin schon in die Wirtschaft und andere Behörden abwandern?

Scheurle: Wir legen großen Wert darauf, unser Fachpersonal auf allen Ebenen in der Verwaltung zu behalten. Diese Frage entscheidet sich aber nicht allein nach den Standorten. Wir werden nicht nur darauf achten, dass es keine nachteiligen Veränderungen für die Beschäftigten gibt. Wir wollen, dass Flexibilität belohnt wird, und werden verstärkt in Qualifizierung investieren.

Ihre Reform reagiert auch darauf, dass die WSV kaum Ingenieure, ITler und Nautiker findet. Kann es die Reaktion des Staates sein, sich aus Hoheitsaufgaben zurückzuziehen, wenn er zu seinen tariflichen Vorstellungen keine Fachkräfte findet?

Scheurle: Die WSV kann sich verfassungsrechtlich gar nicht aus den Hoheitsaufgaben zurückziehen. Wir werden unser Fachpersonal künftig allerdings konzentrierter einsetzen. Zudem werden wir unsere Qualifizierungsoffensive, also die gezielte Fort- und Weiterbildung des eigenen Personals, erweitern. Und nicht zuletzt werden wir noch intensiver mit Hochschulen kooperieren, um Studierende der gesuchten Fachrichtungen früher für die WSV und die vielfältigen Fachaufgaben zu interessieren.

Unter dem Stichwort Systemflexibilität ist im Bericht eine weitere Konzentration der Mittel angekündigt, sollten diese nicht reichen. Angesichts der Teuerung der Erhaltungs- und Ausbaumaßnahmen scheint vorprogrammiert, dass das Wasserstraßennetz immer weiter ausgedünnt wird …

Scheurle:  … zunächst einmal ist gemeint, dass eine Wasserstraße oder ein Wasserstraßenabschnitt in eine höhere oder auch niedrigere Kategorie wechseln kann, wenn sich die Transportmengen künftig verändern sollten. Natürlich müssen wir uns auch für den Fall wappnen, dass die Investitionsmittel real noch knapper werden. Die Senkung oder Streckung von Investitionsmaßnahmen im Rahmen der Haushaltsbewirtschaftung geschähe aber unabhängig von der Netzstruktur. Sie wäre in jeder Struktur erforderlich.

Als zentrales Instrument, um die Kosten in den Griff zu bekommen, setzen Sie auf Standardisierung. Was ist darunter zu verstehen?

Scheurle: Beispielsweise Fahrzeugkonzepte, Baugruppenkonzepte für wasserbauliche Anlagen oder IT-Anwendungen. Es geht darum, die Technik und Bauweisen für bestimmte Anlagen, Bauwerke und Fahrzeuge WSV-weit zu vereinheitlichen. Etwa bei Straßenbrücken, Schleusen, Wehren, Tonnenlegern und anderen Schiffen. So können Aufgaben effizienter erledigt werden. Zudem wollen wir Kompetenzzentren bilden, die für die gesamte WSV Querschnittsaufgaben übernehmen.

Ein Beitrag von:

  • Peter Trechow

    Peter Trechow ist Journalist für Umwelt- und Technikthemen. Er schreibt für überregionale Medien unter anderem über neue Entwicklungen in Forschung und Lehre und Unternehmen in der Technikbranche.

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