Warum Flughäfen keine Drohnen-Abwehrsysteme einsetzen
Unternehmen schützen sich mit Drohnendetektionssystemen vor Industriespionage. Auch zur Sicherung von hochrangigen Politikern und Unternehmern werden die Systeme genutzt. Nur Flughäfen tun sich damit schwer.
Während auf den Londoner Flughäfen Heathrow und Gatwick Drohnenabwehrsysteme zur Früherkennung und zur Lokalisierung des Drohnenpiloten installiert werden, tun sich deutsche Flughäfen schwer. „Nach unserem Kenntnisstand ist derzeit keine geeignete Technik verfügbar, die eine vollumfängliche Detektion und Abwehr in urbanen Gebieten ermöglicht“, lässt der Flughafenbetreiber Fraport in Frankfurt verlauten, der vor wenigen Tagen erneut von Drohnen lahmgelegt wurde.
Dabei gibt es bereits eine Reihe von teilweise seit Jahren erprobten Systemen, die Drohnen und deren Piloten zuverlässig orten. Minutenschnell könnten daraufhin die Sicherheitsbehörden informiert werden. Immerhin sind Flugausfälle aufgrund von Drohnensichtungen nicht nur lästig für Fluggäste, sondern vor allem teuer für die Fluglinien. Und sollten die Drohnenpiloten keine Störenfriede, sondern Terroristen sein, dann sind derartige Vorfälle vor allem gefährlich.
Finden des Drohnenpiloten ist die Kür
„Die Drohne zu detektieren ist Pflicht. Die Kür ist es, den Piloten zu finden“, sagt Markus Piendl, Produktmanager Magenta Drohnenschutzschild bei T-Systems, einem Unternehmen der Deutschen Telekom. Jede Drohne trägt eine Art Fingerabdruck mit sich, die per Funk verbreitet wird. In einer Datenbank sind die Daten von unzähligen Drohnen gespeichert. Das reicht von der nur 18 Gramm schweren „Black Hornet“ aus Norwegen, die durch handbreit gekippte Fensteröffnungen fliegen kann, bis zur fast 12 Meter langen „Wing Loong 1“ des chinesischen Anbieters Avic.
Übrigens: Drohnen übermitteln ihren Fingerabdruck bereits, wenn der Pilot sie zum Start fertigmacht.
Pilotenortung und Drohnenbemächtigung
Erst wenn die Drohne identifiziert ist, folgt der 2. Schritt. Dann wird der Pilot angepeilt, der das Fluggerät steuert. Dazu sind 2 bis 3 Geräte nötig, die die Richtung erfassen, aus der die Signale kommen. Die Koordinaten werden an die Polizei oder den Werkschutz übermittelt, die den illegalen Piloten dann gezielt suchen und (vorläufig) festnehmen können.
Es ist auch möglich, Drohnen zu kapern, indem man in deren Fernsteuerung eindringt. So kann man das Fluggerät von außen vom Kurs abbringen. Das jedoch ist rechtlich nicht ohne weiteres zulässig. Solche externen Eingriffe in die Drohnensteuerung bedürfen einer Genehmigung durch die zuständigen Sicherheitsbehörden.
Drohnenjäger im Wettstreit auf Flugplatz
2016 hatte die Deutsche Telekom eine Reihe von Drohnenjägern auf den Flugplatz Tannheim südlich von Ulm zum Drohnenabwehr-Wettstreit eingeladen. Darunter waren Dedrone aus den USA, Droneshield aus Australien, Squarehead Technology aus Norwegen, Rohde & Schwarz sowie Airbus DS Electronics and Border Security (EBS). Den Sieg trug Dedrone davon. Seit einiger Zeit bietet die Telekom diesen Service nun an. Er wird unter anderem von Unternehmen genutzt, um Industriespionage zu verhindern. Das Abwehrsystem wird aber auch eingesetzt, um hochrangige Persönlichkeiten vor Drohnenangriffen zu schützen.
Drohnen-Detektionssystem schützte G20-Gipfel
In Deutschland bietet Rohde & Schwarz Detektionssysteme für Drohnen an. Guardion heißt das System, das das Münchner Unternehmen gemeinsam mit der ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH und Diehl Defence entwickelt hat. Zum Einsatz kam es unter anderem beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg, bei dem wie sich herausstellte die Gefahr eher von Randalierern auf den Straßen ausging. Das System sei auch für den Einsatz an Flughäfen geeignet, meint Christian Jäger, Abteilungsleiter Drohnenabwehrsysteme bei ESG. Die Frage sei nur, ob die Betreiber bereit seien, ein paar Millionen Euro in die Früherkennung von Drohnen zu investieren.
Man könne Drohnen nicht daran hindern, über den Zaun zu fliegen, meint Jäger. Doch sie ließen sich leicht abfangen – und zwar mit Fangnetzen, die auf die Drohnen geschossen werden. Diese wickeln sich um das Fluggerät und lassen es abstürzen. Die Reichweite liege bei bis zu 150 Metern. Allerdings müssten auf einem Flughafen zahlreiche Abschussvorrichtungen, die es als stationäre sowie mobile Einheiten gibt, installiert sein, um anfliegende Drohnen schnell einfangen zu können.
Auch der australische Anbieter Droneshield nennt ausdrücklich Flughäfen als mögliche Schutzobjekte für seine Detektionstechnik. Das Unternehmen bietet zusätzlich die Möglichkeit an, sich in die Steuerung einer Drohne einzuhacken und sie umzuleiten oder zum Piloten zurückzuschicken. Dazu später mehr.
Drohnenabwehrsystem in Pentagon und Gefängnis im Einsatz
Das einst in Kassel gegründete Unternehmen Dedrone verlegte seinen Sitz 2016 nach San Francisco. Zu den dort ansässigen Kunden gehört das US-amerikanische Verteidigungsministerium ebenso wie das Gefängnis von Suffolk County, wo es als Ortungssystem fungiert. In das Gefängnis wurden zunehmend Drogen und andere Waren eingeschmuggelt, indem Drohnen über den Sicherheitszaun flogen und die Sendung in den Gefängnishof fallen ließen. Dort sammelten die Häftlinge sie ein. Jetzt ist dieser Lieferweg versperrt. Sobald eine Drohne auftaucht, dürfen die Gefangenen den Hof nicht mehr betreten. Wenn dann Waren im Gefängnishof landen, sammeln die Wärter sie ein.
Mit Geräuscherkennung und Störsender gegen Drohnen
Squarehead Technology aus Norwegen detektiert nicht die Funkwellen im Umfeld einer Drohne. Denn diese könnten abgelenkt werden, sodass eine genaue Lokalisierung gar nicht möglich ist. Die Norweger setzen stattdessen darauf, die Geräusche zu erkennen, die von Drohnen ausgehen.
Airbus DS Electronics and Border Security hat ein Detektionssystem im Angebot, das nicht nur die Detektion und Lokalisierung anbietet, sondern auch Störsender, die die Fernsteuerung der Drohne überlagern. Damit kann der Pilot seine eigene Drohne nicht mehr lenken, was „extrem effektiv“ ist, so Thomas Müller, Chef des Unternehmens.
Es folgt ein Beitrag über die aktuellen Forschungsprojekte „Drohnen: Forschung zur Detektion, Erkennung und Abwehr“
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