Wegen Passagier-Ansturms: Wien setzt auf fahrerlose U-Bahnen
Die Wiener sind demnächst in Trambahnen ohne Fahrer unterwegs: Wien setzt ab 2024 auf U-Bahnen von Siemens, die autonom durch die Stadt fahren. Fahrten im 90-Sekunden-Takt sollen den steigenden Passagierandrang beherrschbar machen.
Die Wiener U-Bahn platzt aus allen Nähten. 2020 rechnet die Stadt mit einem Ansturm von einer Milliarde Passagieren pro Jahr. Ein Andrang, der nur mit autonomen Zügen zu bewältigen ist. „Wir können schneller reagieren. Kurzfristig bei Bedarf mehr Züge auf die Strecken bringen und damit das Intervall verdichten“, erklärt Projektleiter Nikolaus Panzera.
Erste autonome Züge werden ab 2024 auf einem 5 km langen Abschnitt der neuen Strecke U5 fahren. Alle 90 Sekunden soll ein Zug rollen – bislang liegt der engste Takt bei zweieinhalb Minuten. „Wir müssen auf Stehpausen oder Nachtdienstzeiten der Mitarbeiter weniger Bedacht nehmen, weil ein Zug nicht müde, ein Computer nicht unkonzentriert wird.“
Computer steuern autonome U-Bahnen millimetergenau
Die 34 autonomen Züge stammen von Siemens. Sie werden über kabellose Verbindungen mit der Leitstelle in Erdberg verbunden sein. Um das Bremsen und Beschleunigen kümmert sich dort ein Computer. Dabei ist Präzisionsarbeit im Millimeterbereich gefragt. Denn die Türen der autonomen Züge müssen sich exakt mit den Automatiktüren decken, die entlang der Bahnsteigkanten stehen.
Sobald die Position erreicht ist, öffnen sich die Pforten und die Passagiere steigen ein. Deutlich mehr Passagiere, denn Fahrerhaus und Fahrer gibt es nicht mehr. Dafür gibt es künftig Supervisoren, die den Fahrgästen bei Bedarf helfen. Und Videokameras, die Livebilder in die Leitstelle übertragen. „Fahrerlos heißt auf keinen Fall menschenlos“, betont Panzera.
Schon heute fahren U-Bahnen in Wien semi-autonom
Für Wien sind die autonomen Siemens-Züge der nächste Schritt in der Evolution des vollautomatischen Fahrbetriebs. Seit 40 Jahren fahren die U-Bahnen semi-autonom. Der Fahrer drückt zu Fahrtbeginn einen Knopf, den Rest erledigt der Computer.
Trotzdem scheint dieser Schritt zur Vollautomatisierung entscheidend. „Mit der Umsetzung des neuen Konzepts für den U-Bahn-Betrieb läutet Wien ein neues U-Bahnzeitalter ein“, erklärt Infrastrukturminister Alois Stöger. Der öffentliche Verkehr gewinne immer mehr an Bedeutung. „Deshalb ist es mir wichtig, dass wir mit unseren Investitionen nicht nur neue Verbindungen schaffen, sondern durch den Einsatz modernster Technik auch den Komfort und die Sicherheit aller Fahrgäste laufend verbessern.“
Aber auch mit autonom fahrenden Bussen experimentieren die Wiener Verkehrsbetriebe. Bereits im Herbst 2018 wird der erste autonom fahrende Bus in der Wiener Seestadt im Rahmen eines Forschungsprojekts seine Testrunden drehen. Ab Frühjahr 2019 können dann auch Fahrgäste einsteigen: Zwei Busse werden dann selbstständig bis Juni 2020 in dem Viertel unterwegs sein – mit allerhöchstens 20 km/h und einem „Operator“ an Bord, der in Österreich derzeit gesetzlich vorgeschrieben ist.
Autonome U-Bahnen kommen weltweit zum Einsatz
Global betrachtet wird die Wiener U-Bahn allerdings nichts Außergewöhnliches sein. Denn Züge ohne Fahrer sind schon in zahlreichen Städten unterwegs –unter anderem in Dubai, Barcelona, Kopenhagen, London, Paris und in Singapur. Dort fahren autonome Züge von Alstom bereits seit 2003 auf der 20 km langen Nord-Ost-Linie. Und auch in Nürnberg gibt es eine autonome U-Bahn. Die U3 ist die erste fahrerlose U-Bahnstrecke Deutschlands.
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