Werften halten sich mit Spezialschiffbau über Wasser
Die deutschen Werften stecken nach Ansicht von PriceWaterhouseCoopers (PWC) in der schwersten Krise seit dem zweiten Weltkrieg. Zugleich haben sie aber ihre internationale Wettbewerbsposition durch Produktivitätsverbesserungen und die Konzentration auf „maßgeschneiderte“ Produkte verbessert. Um diese Position zu halten, fordert die maritime Industrie mehr Unterstützung aus Berlin und wünscht sich insbesondere eine stärkere Finanzhilfe für die Entwicklung neuer Produkte.
„Die Situation auf dem globalen Schiffbaumarkt ist brutal“, sagte Harald Fassmer, der Vorsitzende des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) am Anfang April in Hamburg bei der Vorstellung der Studie „Situation des deutschen Schiffbaus 2013“, die PriceWaterhouseCoopers im Auftrag des VSM erstellt hat. „Wir müssen gemeinsam die Innovationskraft weiter stärken, die Projektfinanzierung sicherstellen und externe Kostentreiber abstellen“, appellierte Fassmer, der auch Chef der Fassmer-Werft ist, noch vor der von Bundeskanzlerin Angela Merkel am 8. April in Kiel eröffneten Nationalen Maritimen Konferenz an die Bundesregierung.
Nach der Finanzkrise und der Schifffahrtskrise erlebten die Werften weltweit seit 2008 einen nie gekannten Auftragseinbruch. Gemessen in der gewichteten Maßeinheit für Schiffsgrößen ging das Auftragsvolumen von mehr als 160 Mio. Compensated Gross-Tons (CGT) innerhalb von zwei Jahren auf gut 30 Mio. CGT zurück. „Das ist das Dreifache des Einbruchs, den die Branche während der Ölkrise in den 1970er-Jahren erlebte“, wie PWC-Experte Holger Jandke anlässlich der Präsentation der Studie feststellte.
Deutsche Werften leiden unter asiatischen Dumpingpreisen
Zusätzlich belastet wurden die deutschen Werften durch Dumpingpreise der nach wie vor wachsenden Konkurrenz vor allem in China und Südkorea. In den vergangenen fünf Jahren mussten laut den PWC-Angaben acht Betriebe Insolvenz anmelden. Die verbliebenen 21 Schiffbaubetriebe an Nord- und Ostsee haben als Konsequenz ihre Produktpalette völlig umgestellt. „Handelsschiffbau in Serie gibt es nicht mehr“, sagte Jandke, stattdessen fertigen die Werften „maßgeschneiderte Einzelbauten“ wie Kreuzfahrtschiffe oder Spezialfahrzeuge sowie Marineschiffe.
Nachdem die Werften 2009 keinen nennenswerten Auftrag an Land ziehen konnten, stieg das Ordervolumen bis Ende 2012 auf 3,175 Mrd. €. Zumeist handelt es sich um Großprojekte mit Laufzeiten bis zu vier Jahren, die neue Entwicklungsanforderungen stellen. „Früher folgten auf eine Ingenieurstunde 30 Arbeitsstunden in der Produktion, heute liegt das Verhältnis bei 1 zu 3“, verdeutlichte Fassmer die Konsequenzen.
Für die Werften bedeutet diese Entwicklung laut PWC einerseits gute Verdienstmöglichkeiten, stellt die ausnahmslos mittelständischen Betriebe aber vor neue Probleme: Sie müssen während der Projektzeit große Summen vorfinanzieren, bekommen seit der Bankenkrise aber nur sehr zögerlich und zu hohen Kosten Kredite.
Branche hofft auf Kredite aus Bundesprogrammen
Zu den externen Belastungen der Branche zählt der VSM die Umlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die in der Summe bis zu 2 % des Auftragsvolumens ausmachen können. Ein weiterer Kostenfaktor sieht der Verband darin, dass für die anspruchsvollen Aufträge Spezialisten benötigt werden, die auch in anderen Branchen gefragt sind. Laut der PWC-Studie müssen die Schiffbauer deshalb höhere Löhne und Gehälter zahlen als das übrige verarbeitende Gewerbe.
Mit Unterstützung der fünf Küstenländer fordern die Schiffbauer deswegen eine stärkere Unterstützung durch die Bundesregierung. Dabei vermeiden sie ausdrücklich das Stichwort Subventionen, stattdessen erwarten sie z. B. neue Finanzierungssysteme wie direkte Kredite aus Bundesprogrammen, eine Entlastung bei externen Kosten wie der EEG-Umlage sowie Förderprogramme für die Entwicklung neuer Produkte.
Ein Beitrag von: