Werksferien fallen aus: Sonderschichten statt Urlaub bei vielen Autobauern
Juli und August sind traditionell die beiden Monate, in denen in der deutschen Automobilbranche irgendwann für jeweils drei Wochen die Bänder still stehen. Das ist in diesem Sommer anders, trotz Absatzkrise. Bei vielen Herstellern fallen die Werksferien aus.
Von wegen Absatzkrise im Automobilbau: Die deutschen Autobauer planen Sonderschichten und streichen die Werksferien. So laufen bei VW in Wolfsburg die Bänder wohl den ganzen Sommer durch. Zunächst gilt es dort, die Aufträge abzuarbeiten, die wegen des schlimmen Hochwassers im sächsischen Zwickau liegen geblieben sind. Zudem wird in Nordamerika das Vorgängermodell des neuen Golf 7 stark nachgefragt. „Wegen der hohen Nachfrage nach dem Golf prüft Volkswagen in Teilbereichen des Werks Wolfsburg, im Werksurlaub durch zu produzieren“, sagte ein VW-Sprecher. Es geht um täglich bis zu 300 Fahrzeuge, die in den Werksferien gebaut werden sollen.
Der VW-Konzern ist derzeit auf Freiwilligensuche, um eine Kernmannschaft aufzustellen. Täglich ein bis zwei Schichten will VW arbeiten lassen. Es scheint aber mit den Zusagen für diese Sommerferienarbeit schwierig zu sein.
Noch vor einer Woche waren Umbauarbeiten bei VW fest eingeplant
Die Planungen bei VW sahen noch bis vor etwa einer Woche vollkommen anders aus. Die dreiwöchigen Werksferien waren fest verplant für Umbauarbeiten. Es gab auch laut Betriebsrat keinen Antrag des Unternehmens für eine Fortsetzung der Produktion während der Urlaubszeit mit Kräften aus der Stammbelegschaft. „Außerdem brauchen wir die produktionsfreie Zeit für Umbauarbeiten, um den Anlauf des Golf Plus vorzubereiten“, sagte Vize-Betriebsratschef Stephan Wolf kürzlich in einem Interview mit der WAZ. Wegen eines Umbaus der Lackiererei beginnen für einen Teil der Mitarbeiter die Werksferien sogar schon am Sonntag, 7. Juli, und damit eine Woche früher als für ihre Kollegen.
Schnee von gestern. Jetzt heißt es ran an die Bänder, damit der Golf rollt. Denn es geht um den Golf. Wolfsburg ist das Pkw-Herz von Volkswagen. Täglich laufen dort 3800 Fahrzeuge vom Band. Es handelt sich um die Kompaktmodelle Golf und Golf plus sowie den Familienwagen Touran und den kleinen Geländewagen Tiguan.
Gestrichen ist der Werksurlaub in Wolfsburg allerdings nur für den Golf, die anderen Modelle laufen auch während der Sommerferien weiter vom Band. 1200 Stammbeschäftigte braucht Volkswagen für mindestens einen Ein-Schicht-Betrieb. Noch ist man auf Freiwillen-Suche. Die Entscheidung über Urlaub oder Band soll noch in dieser Woche fallen.
Die meisten Hersteller arbeiten in den Ferien durch
Auch andere Hersteller wollen durcharbeiten. VW-Tochter Audi lässt in Ingolstadt während der Ferienzeit den A3 weiter vom Band rollen. In Neckarsulm allerdings sind im August drei Wochen Werksferien geplant. Aber das war ja bei VW bis vor einer Woche auch noch der Stand der Dinge.
Auch bei Daimler gibt es in diesem Sommer keine Werksferien. In den Pkw-Werken in Sindelfingen und Raststatt sowie im Motorenwerk in Stuttgart-Untertürkheim soll die Produktion weiterlaufen. Daimler will dafür richtig viel, nämlich 4500 Ferienarbeiter einstellen, darunter auch Schüler und Studenten.
Auch bei BMW gibt es in diesem Sommer keine allgemeinen Werksferien. Die Münchner kennen nur eine Phase im Jahresverlauf, in der nicht gearbeitet wird. Das ist die Zeit zwischen Weihnachten und dem Dreikönigsfest.
Adam soll es richten für Opel
Selbst der krisengeschüttelte Hersteller Opel freut sich über die rasante Nachfrage nach dem Kleinwagen Adam, der im Werk Eisenach in Thüringen für volle Auftragsbücher sorgt. Das neue Lifestyle-Auto, benannt nach dem legendären Gründer Adam Opel, rollt seit dem 10. Januar 2013 in Eisenach vom Band und hat junge und viele weibliche Käufer gefunden. „Die Auslastung ist gut. Es werden voraussichtlich auch im dritten Quartal einige Sonderschichten gefahren“, sagte der Noch-Betriebsratsvorsitzende von Opel Eisenach, Harald Lieske. Sonderschichten bei Opel, davon war lange keine Rede mehr. Eher von Standortschließungen, wie jüngst in Bochum.
Corsa soll ab 2014 auch in Weißrussland montiert werden
Eisenach ist dank Adam seit langer Zeit keine reine Opel-Corsa-Fabrik und mit rund 1600 Beschäftigten in der Region ein großer Arbeitgeber. „Derzeit bauen wir in Eisenach 36 Autos pro Stunde“, sagt Lieske. Der Stadtflitzer Adam macht da inzwischen etwa zwei Drittel der Produktion aus. Weiter Luft nach Oben entsteht für das Werk in Eisenach durch die Entscheidung der Opel-Mutter General Motors, den Kleinwagen Corsa von 2014 an auch in Weißrussland zu bauen. „Wir liefern Montagesätze, eigentlich fertige Autos, die in Weißrussland dann wieder zusammengebaut werden“, so Lieske, der jetzt Ende Juni nach zwei Jahrzehnten als Betriebsrats-Chef in Eisenach in den Ruhestand geht. Den wird er sich verdient haben, angesichts des chaotischen schlingernden Kurses von Opel nicht nur in Eisenach. Dort war im vergangenen Jahr noch Kurzarbeit angesagt. So schnell ändern sich die Zeiten.
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