Wie Nikolaus Otto mit seinem Viertaktmotor die Welt veränderte
Nikolaus Otto, Erfinder des Viertaktmotors, revolutionierte die Motorentechnik und prägte Autos, Flugzeuge und Maschinen.
Sein Name ist untrennbar mit der Geschichte des Automobils verbunden, dabei sah anfangs gar nichts danach aus, dass Nikolaus Otto einmal die Motorentechnik revolutionieren sollte. Ohne Schulabschluss ging es für ihn erst in einen kaufmännischen Beruf. Wie er dennoch zum Erfinder des Viertaktmotors wurde und wie dieser funktioniert, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
Nikolaus Otto: Frühes Leben und Ausbildung
Nikolaus August Otto wurde am 14. Juni 1832 in Holzhausen an der Haide im Herzogtum Nassau (heute Teil von Rheinland-Pfalz, Deutschland) geboren. Er entstammte keiner armen Familie. Sein Vater war der Landwirt und Gastwirt Philipp Wilhelm Otto und seine Mutter war Maria Magdalena, geborene Zahn. Nikolaus Otto war das jüngste von sechs Kindern. Sein Vater starb noch in seinem Geburtsjahr, sodass Otto als Halbwaise aufwuchs.
Otto besuchte die Dorfschule in Holzhausen und zeigte schon früh Interesse und Talent im technischen Bereich. Nach Abschluss der Grundschule wechselte er mit 14 Jahren zur Realschule in Langenschwalbach, deren Besuch er jedoch 1848 ohne Abschluss, aber mit einem guten Zeugnis, abbrach. Zwar wurde bereits in Schulzeiten sein Interesse an technischen Fragen geweckt, dennoch absolvierte Nikolaus Otto in den folgenden drei Jahren eine Kaufmannslehre in einem kleinen Warenhandel in Nastätten nahe Holzhausen (Nassau).
Nach seiner Ausbildung begann Otto als Kaufmann in Frankfurt am Main zu arbeiten. Er war zunächst in verschiedenen Handelsgeschäften tätig und reiste dabei viel, wodurch er verschiedene Industriestädte und technische Entwicklungen kennenlernte. Diese Reisen und seine Arbeitserfahrung weckten sein Interesse an technischen Innovationen und mechanischen Prozessen. Später ging Nikolaus Otto nach Köln, wo bereits einer seiner Brüder lebte.
Die Anfänge der Motorenentwicklung
Nikolaus Otto begann seine Arbeit an der Verbrennungsmotorentechnik in den frühen 1860er Jahren, inspiriert durch die Erfindung des Gasmotors von Étienne Lenoir. Diese ersten Motoren waren jedoch ineffizient und unzuverlässig. Otto, getrieben von dem Wunsch, einen effizienteren Motor zu entwickeln, startete seine eigenen Experimente mit verschiedenen Gasgemischen und Zündmethoden.
Seine ersten Versuche konzentrierten sich auf die Verbesserung der Gasmotorenleistung und 1864 traf er mit Eugen Langen (dem späteren Vater der Wuppertaler Schwebebahn) einen Ingenieur, der seine Visionen teilte. Gemeinsam gründeten sie die Firma „N. A. Otto & Cie.“ und begannen, ihre technischen Ideen zu verfeinern. Ein bedeutender Meilenstein war die Entwicklung des atmosphärischen Gasmotors, der die Goldmedaille auf der Weltausstellung in Paris 1867 gewann. Diese Anerkennung verschaffte Nikolaus Otto und Eugen Langen die notwendige Aufmerksamkeit und Unterstützung, um ihre Arbeit fortzusetzen.
Nikolaus Otto lernte viel von den bestehenden Maschinen und erkannte, dass ein Motor mit kontrollierter Verbrennung eine bedeutende Verbesserung darstellen würde. Trotz ihrer Fortschritte standen Otto und Langen vor erheblichen Herausforderungen. Viele ihrer frühen Motoren brachen häufig zusammen. Finanzielle Engpässe bedrohten ihre Arbeit. Ein herber Rückschlag war der Versuch, flüssige Kraftstoffe anstelle von Gas zu verwenden, was zu zahlreichen technischen Problemen führte.
Dennoch blieb Nikolaus Otto hartnäckig. 1876 gelang ihm dann der Durchbruch: Er entwickelte den Viertaktmotor, der auf dem Prinzip der kontrollierten Verbrennung in vier Phasen basierte. Dieser Motor, bekannt als Ottomotor, revolutionierte die Motorentechnik und legte den Grundstein für die moderne Automobilindustrie.
So funktioniert der Viertaktmotor
Nikolaus Ottos Viertaktmotor basiert auf vier wesentlichen Arbeitszyklen: Ansaugen, Verdichten, Arbeiten und Ausstoßen. Im Ansaugzyklus wird ein Kraftstoff-Luft-Gemisch in den Zylinder eingesaugt, während sich der Kolben nach unten bewegt. Im Verdichtungszyklus wird dieses Gemisch durch die Aufwärtsbewegung des Kolbens komprimiert, was die Energieeffizienz erhöht. Es folgt der Arbeitstakt, bei dem das komprimierte Gemisch durch eine Zündkerze entzündet wird, was mittels Explosion den Kolben wieder nach unten drückt. Im letzten Zyklus, dem Ausstoßen, bewegt sich der Kolben erneut nach oben und drückt die verbrannten Gase durch das Auslassventil aus dem Zylinder.
Die technische Innovation des Viertaktmotors liegt in dieser präzisen Steuerung der Zyklen, die eine kontinuierlichere und effizientere Verbrennung ermöglicht. Nikolaus Ottos Konstruktion beinhaltete eine raffinierte Ventilsteuerung und Zündung, die es erlaubte, den Brennstoff effizienter zu nutzen und die Leistung erheblich zu steigern. Im Vergleich zu früheren Motoren, wie dem Zweitaktmotor oder den frühen atmosphärischen Gasmotoren, bot der Viertaktmotor eine deutlich höhere Effizienz und Zuverlässigkeit. Er verbrauchte weniger Kraftstoff und erzeugte mehr Leistung pro Arbeitstakt. Er eignete sich deshalb für viele Anwendungen – von industriellen Maschinen bis hin zu Fahrzeugen.
Entwicklung und Patentierung des Viertaktmotors
Die Entwicklung von Nikolaus Ottos Viertaktmotor begann in den frühen 1870er-Jahren. Otto und sein Team, darunter bedeutende Ingenieure wie Franz Rings und Gottlieb Daimler, arbeiteten unermüdlich daran, die Effizienz und Zuverlässigkeit ihrer Motoren zu verbessern. Sie experimentierten mit verschiedenen Designs und technischen Ansätzen, um die vier Arbeitszyklen – Ansaugen, Verdichten, Arbeiten und Ausstoßen – optimal zu steuern.
Der fertige Viertaktmotor war im Jahr 1876 eine bedeutende technische Innovation. Um seine Erfindung zu schützen, reichte Nikolaus Otto am 9. Mai 1877 beim Kaiserlichen Patentamt in Berlin eine Patentanmeldung ein. Das Patent wurde ihm am 4. August 1877 unter der Nummer 532 erteilt. Es sicherte ihm das ausschließliche Recht zur Nutzung und Vermarktung seiner Erfindung in Deutschland.
Jedoch war die rechtliche Absicherung seiner Erfindung nicht ohne Herausforderungen. Bereits kurz nach der Patenterteilung sah sich Otto mit rechtlichen Auseinandersetzungen konfrontiert. Ein besonders bedeutender Fall war der Patentstreit mit Étienne Lenoir und anderen Erfindern, die behaupteten, ähnliche Technologien bereits früher entwickelt zu haben. Diese Streitigkeiten führten zu langwierigen und kostspieligen Gerichtsverfahren. Die Prozesse dauerten bis zum Lebensende des Erfinders und belasteten Nikolaus Otto auch gesundheitlich. Am 26. Januar 1891 erlag er in Köln einem Herzleiden und wurde auf dem Friedhof Melaten beigesetzt.
Auswirkungen des Viertaktmotors auf die Motorentechnik
Nikolaus Ottos Viertaktmotor hatte weitreichende Auswirkungen, die die Entwicklung der modernen Motorentechnik revolutionierten. Technologisch gesehen setzte der Viertaktmotor neue Maßstäbe in Effizienz und Leistung. Durch die präzise Steuerung der vier Zyklen – Ansaugen, Verdichten, Arbeiten und Ausstoßen – konnte der Motor effizienter arbeiten und mehr Energie aus dem Brennstoff gewinnen. Dies führte zu einer höheren Leistungsdichte und Zuverlässigkeit, was ihn vielseitig einsetzbar machte.
Industriell ermöglichte der Viertaktmotor den Bau von leistungsstärkeren Maschinen, was die industrielle Produktion und den Transport revolutionierte. Für die Automobilindustrie war der Motor ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Er bildete die technologische Grundlage für die Entwicklung moderner Automobile. Der Motor ermöglichte es, Fahrzeuge zu bauen, die zuverlässiger und wirtschaftlicher im Betrieb waren. Dies führte zu einem rasanten Wachstum der Automobilindustrie und machte individuelle Mobilität der breiten Bevölkerung zugänglich.
Praktische Anwendungen des Viertaktmotors
Der Viertaktmotor, den Nikolaus Otto entwickelte, fand schnell Anwendung in verschiedenen Fahrzeugtypen. Hersteller wie Daimler und Benz nutzten diese Technologie, um die ersten modernen Automobile zu entwickeln, was den Beginn einer neuen Ära in der Mobilität markierte. Motorräder profitierten ebenfalls von der Viertakttechnik, da sie kompakte Motoren benötigten, die den steigenden Ansprüchen an Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit gerecht wurden.
In der Luftfahrtindustrie ermöglichte der Viertaktmotor den Bau von Flugzeugen, die länger und weiter fliegen konnten. Die kontrollierte Verbrennung und Effizienz des Viertaktmotors waren entscheidend für die Entwicklung von Flugzeugmotoren, die den frühen Flugpionieren wie den Gebrüdern Wright halfen, ihre historischen Flüge zu absolvieren. In der Landwirtschaft ermöglichte der Viertaktmotor den Betrieb von Traktoren und anderen landwirtschaftlichen Maschinen, die die Produktivität in der Landwirtschaft deutlich steigerten. Die Motoren ersetzten tierische und menschliche Arbeitskraft in vielen Bereichen.
In der Energieerzeugung fanden Viertaktmotoren Anwendung in Generatoren, die eine konstante Stromversorgung für abgelegene Standorte boten. Dies war besonders wichtig in der frühen Elektrifizierung ländlicher Gebiete und bei der Bereitstellung von Notstrom.
Aktuelle Anwendungen und Weiterentwicklungen des Viertaktmotors umfassen die Integration von elektronischen Steuerungen und modernen Kraftstoffsystemen, die die Leistung weiter verbessern und die Emissionen reduzieren. Hybridfahrzeuge nutzen Kombinationen von Verbrennungs- und Elektromotoren, wobei der Viertaktmotor oft als primäre Kraftquelle dient. Zudem werden alternative Kraftstoffe eingesetzt, um die Leistung zu steigern und die Umweltbelastung zu minimieren.
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