Technikgeschichte 06.10.2024, 14:46 Uhr

Wie Sextanten das Navigieren auf hoher See möglich machten

In der Seefahrt gilt: Man sollte sich nicht nur auf moderne Technik wie GPS verlassen, sondern auch die klassischen Methoden beherrschen. Eines der wichtigsten Navigationsinstrumente ist noch heute der Sextant.

Sextant

Auch moderne Schiffs-Navigatoren sollten den Umgang mit dem Sextanten noch beherrschen.

Foto: PantherMedia / karelstudio

Seit mehr als zwei Jahrtausenden sind Instrumente zur Navigation in der Seefahrt unverzichtbar. Unter diesen ist der Sextant besonders bemerkenswert, da er über Jahrhunderte hinweg die präziseste Positionsbestimmung auf See ermöglichte. Obwohl moderne Technologien wie GPS den Sextanten weitgehend ersetzt haben, bleibt seine Bedeutung als Backup-Tool unbestritten. Grund genug, sich die Geschichte des Sextanten einmal etwas genauer anzuschauen.

Frühe Navigationsinstrumente: Vom Astrolabium zum Spiegelsextanten

In der Seefahrt sind Instrumente, die bei der Navigation helfen, schon seit mehr als 2000 Jahren bekannt. Dabei stand vor allem die Bestimmung der eigenen Position im Mittelpunkt. Eines der ersten technischen Hilfsmittel war das sogenannte „Astrolabium“, mit dessen Hilfe Höhenwinkel von Gestirnen messbar wurden.

Eine erste Weiterentwicklung war die Sonderform „Quadrant“, mit dem sich ebenfalls astronomische Höhenmessungen durchführen ließen. Im Jahre 1699 erfand Sir Isaac Newton einen sogenannten Spiegelsextanten, der allerdings erst 1731 von John Hadley realisiert wurde. Dahinter steckt das Prinzip der Reflektion.

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Sextanten machten die Bestimmung der eigenen Position deutlich genauer

In der Seefahrt gilt die Erfindung des Sextanten durchaus als Meilenstein, weil dieses Hilfsmittel es erstmals ermöglichte, die eigene Position deutlich genauer zu bestimmen, in etwa auf eine Seemeile. Das machte den Sextanten für eine sehr lange Zeit zum wichtigsten nautischen Instrument. In diesem Zusammenhang sind auch die vielen Entdeckungen von James Cook zu betrachten. Der Einsatz des Sextanten ermöglichte eine präzise und systematische Navigation, durch die Cook zahlreiche neue Inseln und Küstenlinien entdeckte und kartografierte.

Erst die GPS-Satellitennavigation sorgte dafür, dass der Sextant langsam seine Relevanz eingebüßt hat. Doch in der Schifffahrt gilt es allgemein als ratsam, sich nicht nur auf die modernen Systeme zu verlassen, sondern im Zweifel immer noch in der Lage zu sein, mithilfe eines Sextanten navigieren zu können.

Die Komponenten eines Sextanten

Sextanten sind Navigationsinstrumente, die hauptsächlich in der Schifffahrt zum Einsatz kommen. Mit diesem Instrument lässt sich der Winkel zwischen Sonne und Horizont messen. Ein solcher Sextant besteht aus:

  • Fernrohr – mit einstellbarem Okular
  • Indexspiegel, auch Großer Spiegel oder Drehspiegel genannt
  • Indexspiegel-Blendgläsern (dienen als Lichtfilter)
  • Horizontspiegel, auch Kleiner Spiegel genannt
  • Limbus oder Gradbogen
  • Handgriff
  • einer Trommelschraube mit Minutenskala, die der Feineinstellung des Zeigerarms dient
  • Index für Minutenablesung
  • Kreisbogenarm, auch Alhidade genannt
  • Index der Alhidade für Gradablesung

Der Winkel des großen Indexspiegels ist veränderbar, wohingegen der kleinere Spiegel fest ist. Schließlich soll hier eine Reflektion möglich sein. Das Bild der Sonne trifft erst auf den beweglichen Spiegel und wird dann gegen den festen Spiegel reflektiert. Zugleich kann man durch den zweiten Spiegel den Horizont sehen. Da man mit dem Sextanten also praktisch auf die Sonne zielt oder auch schießt, ist auch häufig vom „Sonnenschuss“ die Rede.

alter Bronzesextant

Alter Bronze-Sextant, wie in die Navigationsoffiziere früher verwendet haben.

Foto: PantherMedia /
scorpp

Wie wende ich einen Sextanten an?

Der Sextant ist ein empfindliches Instrument. Es gilt also, entsprechend sorgsam mit ihm umzugehen und ihn adäquat aufzubewahren, damit er keinen Schaden nimmt. Denn nur in einwandfreiem Zustand ist auch eine entsprechende Messung möglich. Wichtig ist dabei auch, dass die Spiegel sauber und scharf sind.

Wenn Sie mit der Messung beginnen möchten, stellen Sie den drehbaren Zeigerarm, die Alhidade, auf Null und peilen den Horizont an. Bewegen Sie den Zeigerarm langsam nach vorn. Dadurch nähern Sie sich nach und nach dem Himmelskörper, den Sie messen möchten. Das können die Sonne, der Mond, Planeten oder auch Sterne sein.

Auf diese Art und Weise entsteht durch die Reflektion auf dem Sextantenspiegel ein Spiegelbild am Horizont des anvisierten Himmelskörpers. Die Aufgabe ist es, dass die Sonne im festen Spiegel genau auf dem Horizont liegt. Sobald Sie dieses Bild vor Augen haben, lesen Sie den dazugehörigen Winkel auf der Skala des Sextanten ab und nehmen auch die exakte Zeit – angefangen mit Sekunden, Minuten und am Schluss die Stunden in UTC-Weltzeit.

Sonne exakt anpeilen

Damit Sie sich sicher sind, die Sonne auch exakt angepeilt zu haben, empfehlen Nautik-Expertinnen und -Experten eine seitliche Pendelbewegung mit dem Sextanten. Wenn dann in der Vertikalen die Sonne die tiefste Position einnimmt, stimmen die Einstellungen. Wie Sie anhand der Beschreibungen feststellen, ist es nicht ganz einfach, den Sextanten richtig einzusetzen und dann auch noch die Messungen und Ergebnisse aufzuschreiben. Hilfreich ist es, dies zu zweit zu machen.

So kann die erste Person die Messungen durchführen und die zweite Person notiert die Ergebnisse. Um dann tatsächlich die genaue Position bestimmen zu können, benötigen Sie nautische Tabellen, wie sie beispielsweise regelmäßig im Nautischen Jahrbuch, oder auch Almanach genannt, veröffentlicht werden. Das Besondere daran: Der Almanach erscheint immer ein Jahr im Voraus und enthält tabellarische Darstellungen von Sonne, Mond, Planeten und Sternen, die der Positionsbestimmung bei Verwendung eines Sextanten helfen sollen.

Darüber hinaus finden sich unter anderem auch Zeiten für Sonnenaufgang und -untergang, Dämmerung, Mondaufgang und -untergang, Mond- und Sonnenfinsternis-Zeiten, Mondphasen und Kalenderinformationen im Almanach. Indem Sie mit dem Sextanten nicht nur einen Himmelskörper anpeilen, sondern mindestens einen weiteren, ermitteln Sie Ihre tatsächliche Position möglichst genau. Denn auf diese Art und Weise können Sie Werte und Messungen vergleichen und so bessere Schlüsse daraus ziehen.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Anwendung des Sextanten?

Es gibt durchaus Einflüsse, die eine Navigation mittels Sextanten erschweren. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Dass ein Schiff schwankt, ist natürlich. Die meisten Sextanten können das ausgleichen. Bei allzu rauer See jedoch wird die Messung deutlich schwieriger.
  • Wolkenbildung oder auch Dunstschleier versperren die Sicht auf die Himmelskörper, die Sie anpeilen möchten. Ein möglichst freier Himmel ist also erforderlich.
  • Daraus ergibt sich auch, dass der Einsatz des Sextanten bei Nacht ebenfalls nicht einfach ist.
  • Manche Himmelskörper lassen sich am besten zu bestimmten Zeiten anpeilen, zum Beispiel in der Morgen- oder Abenddämmerung.

Bedeutung des Sextanten für die Seefahrt

Da der Einsatz des Sextanten erstmals eine genauere Positionsbestimmung ermöglichte und diese Technik zudem in allen Weltmeeren gleichermaßen einsetzbar war, ließen sich Reiserouten festlegen und diese sogar optimieren. Pioniere wie James Cook wagten sich auch dank dieser Technik, die für mehr Sicherheit sorgte, in entlegene Gebiete vor.

Indem Menschen wie er die Welt erkundeten, entstand neues Wissen über unter anderem neue Länder, Entfernungen und den Planeten Erde. Der Sextant machte es möglich, auch deutlich längere Strecken in Angriff zu nehmen. Zugleich sorgte die genaue Positionsbestimmung für mehr Effizienz in der Seefahrt. Davon profitierten in früheren Jahrhunderten Kriegs- und Handelsschiffe.

Machen Radar und GPS die Sextanten überflüssig?

In der jüngeren Vergangenheit gibt es zwei weitere Meilensteine für die Schifffahrt: Die Entwicklung des Radars im 20. Jahrhundert und des GPS (Global Positioning System) im 21. Jahrhundert. Moderne Schiffe, ganz gleich ob kleine Motorboote oder große Handelsschiffe, sind mit GPS-Empfängern ausgestattet. Sie erlauben es, die eigene Position auf etwa zehn Meter genau zu bestimmen. Das Radar hilft dabei, gerade bei schlechter Sicht, andere Schiffe, Bojen oder potenzielle Gefahren zu erkennen.

Auch diese Technik ist heute Standard und findet sich in allen modernen Schiffen. Doch bei aller Technik ist es wichtig, auch die klassischen Methoden der Navigation zu kennen. Schließlich kann Technik ausfallen oder gestört werden. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, die klassische Navigation mittels Sextanten und moderne Technik in Kombination zu verwenden. Das sorgt für eine möglichst sichere Fahrt.

Ein Beitrag von:

  • Nina Draese

    Nina Draese hat unter anderem für die dpa gearbeitet, die Presseabteilung von BMW, für die Autozeitung und den MAV-Verlag. Sie ist selbstständige Journalistin und gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Automobil, Energie, Klima, KI, Technik, Umwelt.

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