Machtkampf im Luftraum 10.01.2018, 07:20 Uhr

Wie sich unbemannte Flugobjekte in den Luftraum integrieren lassen

Immer mehr kämpfen Drohnen in den urbanen Räumen mit Hubschraubern und Flugzeugen um die Lufthoheit. Wie alle Flugobjekte effizient und sicher nebeneinander operieren könnten, zeigt ein aktuelles Konzept des DLR.

Grafik einer Skyline mit Flugzeug, Helikopter und Drohne darüber

Auch im unkontrollierten Luftraum wird es künftig wohl feste Flugrouten für die einzelnen Verkehrsteilnehmer geben.

Foto: DLR

Mit den Begriffen unbemannte Flugobjekte oder unbemannte Luftfahrzeuge (unmanned aerial vehicles, UAV) werden Fahrzeuge bezeichnet, die ohne eine menschliche Besatzung an Bord autark fliegen. Gesteuert werden die Luftfahrzeuge entweder über eine Fernsteuerung am Boden oder von einem Computer. Im deutschen Sprachgebrauch werden die unbemannten Luftfahrzeuge in der Regel als Drohnen bezeichnet. Zur Gruppe der Drohnen zählen kommerziell genutzte, militärische und via First Person View gesteuerte Quadrocopter. Wissenswerte Fakten über Drohnen gibt es hier.

Integration unbemannter Flugobjekte in unseren Luftraum

Lufttaxis und Paketdrohnen, die in Städten ihre Dienste verrichten, sind schon längst Realität und keine Science-Fiction mehr. Denn diese modernen Fluggeräte unterliegen einer rasanten technischen Weiterentwicklung und werden immer schneller und in einer immer größeren Zahl in den Alltag integriert. Durch den technologischen Fortschritt steht das Luftverkehrsmanagement vor allem in den großen Städten vor Herausforderungen. Besonders relevant für die Integration der unbemannten Flugobjekte ist der unkontrollierte Luftraum mit einer maximalen Höhe von 762 Meter, im Umfeld von kritischen Infrastrukturen oder Flughäfen ist die Höhe wesentlich geringer. Im Mittelpunkt steht die gemeinsame Nutzung des Luftraumes von vielen unterschiedlichen Luftfahrzeugen. Immerhin müssen die bemannten und unbemannten Flugobjekte alle kritischen Infrastrukturen und sensiblen Orte sicher umfliegen und dürfen sich auch selbst nicht in die Quere kommen.

Warum ist die Integrationsfrage unbemannter Flugobjekte relevant?

Die Integration der unbemannten Flugobjekte ist ein Thema von größter Wichtigkeit. Denn die modernen unbemannten Flugobjekte werden in großer Zahl in den bestehenden Luftverkehr integriert und dürfen dabei den bisherigen bemannten Luftverkehr auf keinen Fall einschränken. Des Weiteren dürfen die unbemannten Flugobjekte keine Gefahr für die sensiblen Luft- und Bodenbereiche darstellen. Durch die Kombination aus bemannten und unbemannten Flugobjekten befinden sich weitaus mehr Objekte im Luftraum und benötigen entsprechend mehr Platz. In der Zukunft werden noch wesentlich mehr Objekte zum Einsatz kommen, während der Luftraum weiterhin begrenzt ist.

DLR legt Konzept zur künftigen Nutzung des urbanen Luftraums vor

Um die wichtigsten Fragen zur Integration schnellstmöglich zu klären, hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, kurz DLR, nun ein Konzept vorgelegt. Das „Concept for Urban Airspace Integration“ soll die Integration der unbemannten Flugobjekte in Zukunft regeln und bringt zum ersten Mal alle unbemannten Fluggeräte mit konventionellen Hubschraubern und Flugzeugen in den urbanen Lufträumen zusammen.

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Im Mittelpunkt des Konzeptes steht eine flexible Bewertung jedes einzelnen Fluggerätes im Hinblick auf dessen technische Ausstattung und Größe. Technisch gut ausgestattete Drohnen, die ein Navigationssystem, eine Kommunikations- und Überwachungsfähigkeit sowie die Technologie „Detect and Avoid“ besitzen, sollen künftig in größerer Anzahl in einem bestimmten Luftraumsegment fliegen dürfen. Kommen hingegen Drohnen mit einer schlechteren Ausstattung zum Einsatz, dürfen diese nur noch wenige Flugbewegungen in einem größeren Abstand durchführen. Gemäß dem vorgestellten Konzept dürfen zunächst einmal alle Teilnehmer unabhängig von ihrer technischen Ausstattung am Luftverkehr im unkontrollierten Luftraum teilnehmen.

Virtuelle Polygone trennen die Flugbereiche voneinander ab

Im Konzept funktioniert die flexible Zuordnung der fliegerischen und technischen Eigenschaften über virtuell mehrdimensionale Polygone. Anhand dieser kann jedes Luftfahrzeug vollkommen individuell dargestellt werden. Je größer ein Fluggerät und je schlechter seine technische Ausstattung im Hinblick auf die Navigation und Kommunikation, desto größer ist das Polygon. Je besser ein Fluggerät in diesen Kategorien abschneidet, desto kleiner ist das Polygon. Handelt es sich zum Beispiel um eine schwach ausgestattete Kameradrohne mit einem großen mehrdimensionalen Polygon, verbleibt nur noch wenig Raum für zusätzliche Fluggeräte. Kompaktere und technologisch besser ausgestattete Fluggeräte können sich dagegen in größerer Zahl im Luftraum aufhalten. Die Arbeitsgrundlage ist einfach: Je mehr Objekte sich in einem gemeinsamen Luftraum befinden, desto größer können die Probleme werden.

Flugmanagement zur optimalen Flugroute und minimalen Gefährdung

Der Luftraum, der sich über den urbanen Gebieten befindet, ist ein empfindlicher Bereich. Hier gibt es viele kritische Infrastrukturen und mehrere sensible Orte. Diese dürfen entweder nur eingeschränkt oder überhaupt nicht von einem Fluggerät überflogen werden. Aus diesen Gründen ist es essenziell wichtig, dass jedes Fluggerät eine risikominimierte Flugbahn zugewiesen bekommt. Im kontrollierten Luftraum passiert genau das, indem jedem Flugzeug von der Luftsicherung eine Luftstraße zugewiesen wird. Die Flugbahnen müssen dabei nicht nur so sicher und risikofrei wie möglich, sondern effektiv sein. Das bedeutet, dass es keine zu großen Abweichungen zur idealen, also kürzesten, Flugroute geben darf.

Im bodennahen Luftraum, der als U-Space bezeichnet wird, soll die Zuweisung gemäß dem Konzept über einen zentralen Service geschehen. Jedes Fluggerät, das sich vor seinem Flug anmeldet, erhält durch diesen Service einen zuvor umfassend simulierten und risikominimierten Flugweg zugewiesen. Alle kritischen Bereiche, die sich am Boden befinden, werden dank einer solchen Flugbahn vermieden. Ein gängiges Beispiel für einen kritischen Bereich ist ein öffentlicher Platz mit einer größeren Menschenmenge. Die Piloten erhalten eine möglichst ideale Route mit einem geringen Risiko. Die zentrale Steuerung, die sich im U-Space befindet, nimmt im Voraus umfassende Berechnungen vor. Dadurch sollen Kollisionen zuverlässig verhindert werden. In Kombination mit der zusätzlichen Anforderung, dass möglichst wenig bevölkerte Bereiche in den Städten überflogen werden, entstehen im Rahmen der automatisierten Streckenplanung spezielle Routen. Günstige Missionsrouten mit natürlichen Knotenpunkten sind beispielsweise Strecken, die sich an Flussläufen orientieren.

Bis zur Realisierung stehen noch viele Forschungsarbeiten an

Das Konzept der DLR basiert auf einer effizienten und multidimensionalen Luftraumsegmentierung. Bei dieser spielen die Position, die Zeit sowie Performance- und Ausrüstungsgradanforderungen eine Rolle. Zusätzlich kommt eine abgestimmte strategische Konflikterkennung mittels einer spezifischen Performance-Modellierung der unbemannten Fluggeräte zum Einsatz. Dank der unterschiedlichen Luftraumeigenschaften, wie zum Beispiel Geländeklassen, Auftreten von Sichtflug-Verkehr, Geofences und der Verfügbarkeit der U-Space-Dienste, lässt sich der Luftraum in mehrere Zellen mit speziellen Anforderungen untergliedern. Dadurch entsteht ein modernes Luftraummanagement, das bei einer geringen Dichte von Fluggeräten eine möglichst große Freiheit bei der Planung und Durchführung von Flugmissionen erlaubt.

Das DLR-Konzept zur besseren Integration unbemannter Fluggeräte in Lufträumen, vor allem in den urbanen Gebieten, ist jedoch erst der Auftakt zu weiteren Forschungsarbeiten. Anfang des Jahres 2018 beginnt das Forschungsprojekt „City-ATM“ der DLR. In diesem Projekt wird das neue Konzept im Laufe der nächsten drei Jahre im Rahmen mehrerer Flugversuche erprobt und in der Praxis ausführlich getestet. An dem City-ATM-Projekt sind fünf DLR-Institute beteiligt, die ihre Erfahrungen im Luftverkehrsmanagement in den Bereichen Kommunikations- und Navigationstechnologien, Vehikeldesign und Vehikelkonzepte, wirtschaftliche und operationelle Machbarkeit sowie Human Factors bündeln. Das Ziel dieser Bemühungen ist die wirtschaftliche und technische Demonstration der Integration unbemannter Flugobjekte. Des Weiteren wird auf Fragen zur Sicherheit und zur gesellschaftlichen Akzeptanz eingegangen. Die Forschungsarbeiten der DLR sind Teil einer europaweiten Planung des zukünftigen Luftraums, dem „SESAR U-Space“. In diesem Raum sollen in Zukunft unbemannte und konventionelle miteinander operieren. Wie schnell und problemlos die Integration der unbemannten Flugobjekte in diesem Luftraum erfolgen kann, hängt maßgeblich vom Fortschritt dieser Forschungsarbeiten und von den kommenden Testergebnissen ab.

Ein Beitrag von:

  • ingenieur.de

    Technik, Karriere, News, das sind die drei Dinge, die Ingenieure brauchen.

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