Wie sprechen Autos künftig in Echtzeit miteinander?
In dem Forschungsprojekt „5G NetMobil“ haben 16 Projektpartner in den vergangenen drei Jahren Ergebnisse und Erfahrungen gesammelt. Ihrer Ansicht nach ist es ihnen gelungen, entscheidende Meilensteine auf dem Weg zum vollvernetzten Fahren zu erreichen.
Mit 9,5 Millionen Euro hat das Ministerium für Bildung und Forschung das Projekt „5G NetMobil“ gefördert. Die insgesamt 16 Projektpartner stammen aus Forschung, Mittelstand und Industrie. Ziel war es, die vernetzte Kommunikation im Straßenverkehr zu erforschen und gemeinsam Lösungen zu finden, die für mehr Sicherheit und Effizienz sowie weniger Emissionen sorgen. „Mit dem Projekt 5G NetMobil haben wir entscheidende Meilensteine auf dem Weg zum vollvernetzten Fahren erreicht und zeigen, wie moderne Kommunikationstechnologien unseren Straßenverkehr gleichzeitig sicherer, effizienter und wirtschaftlicher machen“, sagt Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Bildung und Forschung. Die Projektpartner haben Grundlagen geschaffen in den Bereichen Netzwerke, Sicherheit und Kommunikationsprotokolle. Dies sei die Basis für die Standardisierung, die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle sowie die ersten Serienprojekte der Partner.
Statt sich weiterhin auf die menschlichen Augen zu verlassen, setzen die Partner auf Radar-, Ultraschall- und Videosensoren. Sie seien die Augen moderner Fahrzeuge. Schließlich gebe es im Straßenverkehr immer wieder Situationen, die für das menschliche Auge unübersichtlich oder gar nicht einsehbar seien. Die Sensoren sind allerdings ebenfalls eingeschränkt – nämlich in ihrem Radius, in dem sie das Geschehen im direkten Umfeld des Fahrzeugs erfassen. Um die Ecke blicken oder hinter Hindernisse, das können sie nicht. Ändern soll sich das durch die direkte Vehicle-to-Vehicle- (V2V), Vehicle-to-Infrastructure- (V2I) und Vehicle-to-Network- (V2N) Kommunikation. Diese Verbindungen sollen es ermöglichen, dass die Fahrzeuge sich sowohl untereinander als auch mit ihrer Umgebung in Echtzeit austauschen können. Damit bewegen sie sich auch außerhalb des Sichtbereichs der Sensoren.
Verschiedene Kommunikationsmodelle getestet
Im Rahmen des Projekts haben die Partner beispielsweise einen Kreuzungsassistenten entwickelt. Er soll Fußgänger und Radfahrer an unübersichtlichen Kreuzungen schützen. Dafür wurde eine Kamera in die Infrastruktur der Kreuzung eingebaut. Sie erkennt Fußgänger und warnt Fahrzeuge in Bruchteilen von Sekunden, damit es nicht zu gefährlichen Situationen zum Beispiel beim Abbiegen kommt.
In einem weiteren Forschungsprojekt standen Nutzfahrzeuge im Mittelpunkt, die sich in sogenannten Platoons zusammenschließen. Der Vorteil: Sie können sehr nah beieinander fahren, Gas-, Brems- und Lenkeingriffe sind durch die V2V-Kommunikation synchron gesteuert. Das Ergebnis: Es entsteht ein automatisiertes Windschattenfahren der Fahrzeuge. Das reduziert den Kraftstoffverbrauch merklich und erhöht gleichzeitig die Sicherheit auf Autobahnen. Platooning ist nicht nur in einer Reihe denkbar, sondern auch parallel – um ebenfalls in der Landwirtschaft, zum Beispiel bei Erntemaschinen, zum Einsatz zu kommen. „Die Arbeit des Forschungsprojekts ist für ein breites Anwendungsspektrum relevant. Davon profitieren nicht nur die Projektpartner aus Industrie und Forschung, sondern ganz besonders die Verkehrsteilnehmer“, erklärt Frank Hofmann von der Robert Bosch GmbH, der das Projekt von Seiten der Industrie koordiniert.
Lösung für unterschiedliche Netzqualität
Für vollvernetztes Fahren und eine Kommunikation in Echtzeit braucht es folgende Voraussetzung: Die Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur muss zuverlässig und direkt funktionieren – sowohl mit hohen Datenraten als auch geringen Latenzzeiten. Bekanntermaßen gibt es deutschlandweit noch erhebliche Unterschiede im Netzausbau und der Qualität der Datenverbindung. Sobald nur noch eine geringe Datenrate zur Verfügung steht, soll ein „Quality of Service“-Konzept greifen. Es erkenne die Änderungen der bereitgestellten Netzqualität und gebe dies an die vernetzten Fahrfunktionen weiter. Für das Platooning könne dies beispielsweise bedeuten, dass sich die Abstände der einzelnen Fahrzeuge in der Kolonne daraufhin automatisch vergrößern, sobald die Netzqualität sinkt.
Als weitere Alternative testeten die Partner die Teilung des Mobilfunknetzwerks in einzelne virtuelle Netze innerhalb des Hauptnetzes, „Slicing“ genannt. Geht es zum Beispiel um sicherheitskritische Funktionen, wie die Warnung an einer Kreuzung vor einem Fußgänger, ließe sich ein separates Teilnetz nutzen, um die Datenübertragung und Funktionalität weiterhin zu gewährleisten. Gleichzeitig würde die Datenübertragung für die Straßenkarte oder das Videostreaming in einem anderen virtuellen Netz gesteuert, das getrennt vom anderen läuft. Möglich sei auch, diese Anwendungen kurzzeitig zurückzustellen, wenn nur eine geringe Datenrate verfügbar ist.
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