Wie Züge: Elektro-Lkws sollen mit Oberleitungen fahren
Elektro-Lkws mit Stromabnehmern, die auf der Autobahn unter Oberleitungen fahren? Klingt verrückt, könnte in Deutschland aber bald Realität werden. Siemens hat die Technologie entwickelt und sucht Partner für ein Pilotprojekt.
Autofahrer aufgepasst! In Deutschland könnte es bald E-Lkws zu sehen geben, die auf der rechten Fahrbahnspur unter Oberleitungen fahren. Genau wie Züge. „Wir sind bereit zur öffentlichen Erprobung“, sagt Siemens-Projektleiter Martin Birkner.
Transportunternehmen können sich für Pilotstrecke bewerben
Schon 2017 könnte eine erste Pilotstrecke auf öffentlicher Straße Realität werden: Das Bundesumweltministerium hat vor einigen Tagen ein entsprechendes Förderprogramm auf den Weg gebracht. Interessenten für eine Teststrecke sollen eine Projektbeschreibung bis Ende Februar 2016 einreichen.
Im zweiten Halbjahr könnte dann die konkrete Planung beginnen, sagt Randolf Schließer, der sich im Auftrag des Ministeriums beim Projektträger VDI/VDE Innovation + Technik um das Vorhaben kümmert. Aus seiner Sicht wäre es am besten, wenn Anlagenbauer, Transportunternehmen und Bundesländer zusammen eine Bewerbung abgäben.
Lkw koppeln sich automatisch an Oberleitung an
Und wie funktioniert das System? Kernelement ist ein intelligenter Stromabnehmer, der einem Hirschgeweih ähnlich sieht und auf dem Lkw-Dach montiert ist. Er erkennt, ob auf dem aktuell befahrenen Streckenabschnitt eine Oberleitung vorhanden ist, und ermöglicht das automatische An- und Abbügeln bis zu einer Geschwindigkeit von 90 km/h.
Unter der Oberleitung schalten die Hybrid-Lkw dann ihre Dieselmotoren ab, wechseln auf E-Motoren und fahren emissionsfrei. Auch Überholen funktioniert problemlos. Der Stromabnehmer senkt sich, sodass der Fahrer auf die Überholspur ausscheren kann. Für die kurze Zeit sorgt dann eine Batterie für die Stromversorgung.
Bislang hat der Konzern das System auf einer 2,2 km langen Teststrecke in Templin-Groß Dölln – 60 km nördlich von Berlin – erprobt. Ein weiteres Pilotprojekt läuft in Schweden.
Güterverkehr wird bis 2030 um 40 % wachsen
Doch warum ist der eHigway überhaupt so interessant? Weil die Bundesregierung damit rechnet, dass der Güterverkehr bis 2030 um rund 40 % wächst. Das Problem: Nach ihrer Prognose wird die Bahn nur ein Fünftel des Zuwachses übernehmen können, sodass in Zukunft deutlich mehr Lkws auf den Straßen fahren werden.
Dabei gilt es, den CO2-Ausstoß im Zaum zu halten. „Der Hybrid ist der erste Schritt auf dem Weg zu elektrisch angetriebenen Fahrzeugen, die eine immer wichtigere Rolle bei der Entwicklung des nachhaltigen Güterverkehrs spielen“, sagt Roland Edel, Technologiechef der Mobilitätssparte von Siemens.
Und Oberleitungen sind deswegen die geeignete Lösung, weil Akkus für lange Gütertransporte noch nicht leistungsstark genug sind. Und wie teuer ist das? Laut Birkner gehen bisherige Studien davon aus, dass ein Kilometer Autobahnelektrifizierung bis zu 2,5 Millionen € kostet.
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