Winterreifen für das Fahrrad – sinnvoll oder nicht?
Beim Auto ist es klar: Winterreifen erhöhen die Sicherheit bei Schnee und Eis, doch wie sieht es beim Fahrrad aus? Sind Fahrrad-Winterreifen sinnvoll oder können wir darauf verzichten? Welche Möglichkeiten der Bereifung gibt es für Fahrräder im Winter? Hier kommen die wichtigsten Antworten zu diesem Thema.
Immer mehr Menschen nutzen ihr Fahrrad das ganze Jahr, um damit zur Arbeit, Schule oder Uni zu fahren. Da stellt sich die Frage nach der Bereifung im Winter. Hier gilt: Wie Autofahrer sollten Fahrrad-Pendler ihre Untersätze mit Winterreifen ausstatten. Es stellt sich nur noch die Frage, ob einfache Winterreifen ausreichen oder ob es zusätzlich welche mit Spikes sein sollen. Eine weitere Frage stellt sich hinsichtlich der profilierten Reifen von Mountainbikes oder Trekkingrädern. Sind diese wintertauglich? Antworten dazu finden Sie in unserem Ratgeber.
Für wen lohnt sich eine Umrüstung auf Fahrrad-Winterreifen?
Wer nur bei schönem Wetter sein Rad aus der Garage holt, der braucht sich sicherlich keine Gedanken über Winterreifen machen. Wer hingegen das Fahrrad ganzjährig als Fortbewegungsmittel nutzt, um damit zum Beispiel zur Arbeit, Uni oder Schule zu fahren, sollte sich auf jeden Fall um seine Sicherheit kümmern. Schneematsch, Eis und Reifglätte – aber auch nasses Laub erschweren im Winter das Vorankommen. Ist die Bodenhaftung zu stark eingeschränkt, kann es zu Stürzen kommen.
Für Abhilfe sorgen spezielle Winterreifen für das Fahrrad. Hier lassen sich grob zwei Varianten unterscheiden:
- Reifen, deren Profil ähnlich wie bei einem Winterreifen für das Auto aufgebaut sind
- Spezielle Spike-Reifen für Eis und Schnee
„Die Umrüstung auf Winterreifen mit Lamellen-Profil und weicherer Gummimischung bietet im Vergleich zu Standard-Fahrradreifen deutlich mehr Haftung“, erklärt Oliver Reidegeld, Sprecher des ADAC Hessen-Thüringen. „Das macht sich vor allem auf lockeren und festgefahrenen Schneefahrbahnen sowie auf Schneematsch bemerkbar. Ist der Untergrund dagegen vereist, helfen nur noch Winterreifen mit Spikes, um überhaupt Haftung zu generieren“, erklärt Reidegeld weiter.
Eine Umrüstung auf Winterreifen ist insbesondere dann zu empfehlen, wenn Sie schmale Reifen ohne nennenswertes Profil fahren. Damit kommen Sie im Sommer perfekt voran, weil sie leicht sind und gut abrollen. Für feuchtes Herbstlaub, Streugut, Sand oder Schneematsch sind sie jedoch überhaupt nicht gemacht und ein Sicherheitsrisiko.
Wer braucht nicht unbedingt auf Winterreifen umrüsten?
Wer bereits Allwetterreifen mit einem griffigen Profil hat, der braucht nicht zwingend Winterreifen. Gerade Mountainbikes und Treckingräder sind meist von Haus aus mit solchen Reifen ausgestattet. Um die Haftung zu verbessern, kann der Reifendruck reduziert und somit die Aufstandsfläche der Reifen verbessert werden. Der ADAC empfiehlt, den Reifendruck auf zwei bis drei Bar abzusenken. Generell sollten Sie jedoch beachten, dass die Reifenmischungen für den Sommer härter als die für den Winter sind. Der Grip ist daher auf jeden Fall schlechter, der Bremsweg hingegen länger.
Bei Glatteis und Blitzeis gelten die oben genannten Regeln nicht, hier kommen Sie höchstens mit Spikereifen einigermaßen sicher voran. Haben Sie Ihr Fahrrad nicht damit ausgestattet, sollten Sie es an diesen Tagen aus Sicherheitsgründen besser stehen lassen. Spikes sind, anders als beim Auto, bei Fahrrädern nicht verboten. Damit kann theoretisch sogar auf trockenem Asphalt gefahren werden. Wirklich Spaß macht das dann aber nicht, da die Reifen dann einen wesentlich höheren Rollwiderstand haben und zudem noch laut klackern.
Winter-Fahrradreifen oder Spike-Reifen?
In den meisten Fällen sind Winter-Fahrradreifen die bessere Wahl. In den meisten Regionen Deutschlands ist der Winter nicht so hart, dass mit dauerhaftem Schnee und glatten Straßen zu rechnen ist. Wer im Sauerland, Schwarzwald, Alpenraum oder im Erzgebirge wohnt, für den sind Reifen mit Spikes sicherlich eine Überlegung wert, ansonsten überwiegen die Nachteile:
- Sie sind schwer und rollen ausgesprochen schlecht
- Sie sind laut und vergleichsweise teuer
- Sind auf Straßen ohne Schneedecke schnell verschlissen
- Sie müssen mindestens 30 Kilometer auf Asphalt eingefahren werden
Auf Schnee und Eis sind sie aber natürlich unschlagbar, verringern sie doch den Bremsweg enorm. Generell sollten Sie sich jedoch überlegen, ob Sie an den wenigen Tagen im Jahr, in denen es im Flachland wirklich glatt und rutschig ist, auf Ihr Fahrrad verzichten.
Winterreifen für das Fahrrad haben im Vergleich zu Sommerreifen einen im Mittel 16 Prozent kürzeren Bremsweg. Das ist das Ergebnis umfangreicher Tests des TCS (Touringclub der Schweiz). Die deutlichen Gripverbesserungen machen sich vorrangig auf lockeren und festgefahrenen Schneefahrbahnen sowie auf Schneematsch bemerkbar. Auf Eis sind hingegen die Unterschiede zu Sommerreifen deutlich geringer.
Eine Umrüstung kann sich lohnen
Schauen wir noch einmal auf den TCS-Test. Das Schweizer Pendant zum ADAC hat Ende 2021 vier Fahrrad-Winterreifen ohne und vier mit Spikes getestet. Testsieger wurde der Winter Traveler Skin der norwegischen Firma Retyre mit seinem modularem Reifensystem: Über den Basis–Reifen mit glattem Straßenprofil für Sommereinsatz lässt sich bei Bedarf mit einem Reißverschluss der stark profilierte Spike–Reifen mit 160 Spikes aufziehen. Beliebt sind auch die Fahrrad-Winterreifen Continental Top Contact Winter II Premium oder der Schwalbe Marathon GT 365. Bei letzterem handelt es sich um einen Ganzjahresreifen für das Fahrrad.
Insgesamt beweist der TCS-Test, dass Winterreifen und Spikereifen für Fahrräder eine echte Option für Pendler und alle Radler sind, die bei winterlichen Bedingungen unterwegs sein müssen. Welche der beiden Reifenvarianten die bessere Wahl ist, hängt von den individuellen Einsatzbedingungen ab. In schneereichen, kalten Regionen mit häufiger Straßenglätte spielen Spikereifen ihre Stärken aus, wer eher im gemäßigten Flachland wohnt, für den sind Winterreifen für das Fahrrad meist die bessere Option.
Fahrten auf großflächig blanken Eis sollten mit allen Bereifungsarten vermieden werden. Fast alle Fahrmanöver bergen das Risiko eines Sturzes. Unter diesen Bedingungen können Sie sich höchstens mit Spikereifen und ganz vorsichtiger Fahrweise aufs Rad wagen. Ein Tipp hat der ADAC noch für alle Winter-Fahrradfahrer noch auf Lager: Die Vorderradbremse sollte bei winterlichen Straßenverhältnissen nur mit Bedacht genutzt werden – insbesondere, wenn keine Spikes im Spiel sind.
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