Analyse VDI 09.12.2016, 07:11 Uhr

Zu viele Verkehrstote durch alte Autos mit alter Sicherheitstechnik

Mehr als 1000 Verkehrstote ließen sich bis 2020 vermeiden, wenn der Autobestand nicht immer älter und Ablenkung etwa durch Mobiltelefone wirksam bekämpft würde. Das ist das Ergebnis einer Analyse der im VDI organisierten Sicherheitsexperten renommierter Autohersteller, Zulieferer, Universitäten und Institutionen.

Seiten-Crashtest bei Daimler: Die Zahl von Verkehrstoten lässt sich nach Meinung von VDI-Ingenieuren nicht mehr wesentlich durch neue Sicherheitstechnik im Auto verbessern, sondern durch weniger Ablenkung des Fahrers. Außerdem wird der Fuhrpark in Deutschland immer älter – und damit steigen die Sicherheitsrisiken.

Seiten-Crashtest bei Daimler: Die Zahl von Verkehrstoten lässt sich nach Meinung von VDI-Ingenieuren nicht mehr wesentlich durch neue Sicherheitstechnik im Auto verbessern, sondern durch weniger Ablenkung des Fahrers. Außerdem wird der Fuhrpark in Deutschland immer älter – und damit steigen die Sicherheitsrisiken.

Foto: Daimler

Zwischen 830 und 1180 Todesopfer könnten bis 2020 vermieden werden, so das Ergebnis der Analyse, die VDI-Sicherheitsexperten jetzt vorgestellt haben. „Wenn wir die Zahl der Verkehrstoten signifikant senken wollen, müssen wir die Infrastruktur und die Verhaltensmaßnahmen der Verkehrsteilnehmer stärker einbeziehen“, so Professor Rodolfo Schöneburg, Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik (FVT) und Centerleiter Sicherheit bei Daimler.

2014 und 2015 ist Zahl der Verkehrstoten gestiegen

Schöneburg und seine Kollegen im VDI sind besorgt, weil 2015 zum zweiten Mal in Folge die Zahl der Verkehrstoten gestiegen ist auf 3.459. „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir mit Einzelmaßnahmen und rein fahrzeugseitig nicht mehr viel bewegen können“, so Schöneburg.

Das Problem: Ein Großteil der Autos auf den Straßen ist so alt, dass sie über moderne Sicherheitstechnik noch nicht verfügen, die dabei hilft, Unfälle zu verhindern. „Besorgt sind wir über die immer älteren Fahrzeuge auf deutschen Straßen und deren überholte Sicherheitstechnik. Seit 2000 ist das Durchschnittsalter von Pkw von knapp sieben auf über neun Jahre gestiegen, bei Nutzfahrzeugen von knapp sieben auf fast acht und bei Motorrädern sogar von neuen auf über 16 Jahren“, erklärt Prof. Schöneburg.

Mehr ältere Autos in Unfälle verwickelt

Und dass ältere Autos wirklich stärker in Unfälle verwickelt sind, zeigen diese Zahlen: Obwohl Fahrzeuge mit dem Baujahr 1998 oder älter nur 23 Prozent der gesamten Pkw-Population ausmachen, stellen sie mit 60 Prozent die Mehrheit aller getöteten Fahrzeuginsassen.

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Professor Rodolfo Schöneburg, Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik (FVT) und Centerleiter Sicherheit bei Daimler. 

Professor Rodolfo Schöneburg, Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik (FVT) und Centerleiter Sicherheit bei Daimler.

Quelle: Daimler

Der VDI sieht deshalb das Ziel der EU gefährdet, die Zahl der Verkehrstotenzahlen von 2010 und 2020 um die Hälfte abzusenken. Die beiden größten Hebel zur Vermeidung von Verkehrstoten sieht das VDI-Gremium mit Fachleuten aus Unfallforschung, Industrie und Hochschule in der Erneuerung des Pkw-Bestands und die damit einhergehende Verbesserung der Sicherheitstechnik sowie eine Minderung der Ablenkung der Verkehrsteilnehmer zum Beispiel durch Mobiltelefone. Dadurch könnten jeweils 200 bis 300 Todesopfer vermieden werden.

Eine Halbierung der Quote nicht angeschnallter Autofahrer könnte weitere 200, die Erneuerung und Ausstattung des Lkw-Bestands mit Assistenzsystemen zwischen 40 und 80 Verkehrstote weniger bedeuten. Bis zu 80 Verkehrsopfer weniger könnten durch Fahrertrainings für Motorradfahrer, ältere Fahrer und Fahranfänger erreicht werden.

Nach einer Studie der Technischen Universität Chemnitz im Auftrag der Unfallforschung der Versicherer ist das Unfallrisiko für Radfahrer mit und ohne Hilfsmotor gleich hoch. Allerdings müssen Pedelec-Fahrer bei höheren Geschwindigkeiten mit schwereren Verletzungen rechnen. 

Nach einer Studie der Technischen Universität Chemnitz im Auftrag der Unfallforschung der Versicherer ist das Unfallrisiko für Radfahrer mit und ohne Hilfsmotor gleich hoch. Allerdings müssen Pedelec-Fahrer bei höheren Geschwindigkeiten mit schwereren Verletzungen rechnen.

Quelle: Carsten Rehder/dpa

Durch eine verbesserte Sichtbarkeit von Fußgängern und Radfahrer, durch eine bessere Sicherheitskleidung der Motorradfahrer sowie durch das verstärkte Tragen von Fahrradhelmen in Verbindung mit einer Helmpflicht für Pedelecfahrer könnten jeweils rund 50 Opfer weniger erreicht werden, so die VDI-Experten.

 

Ein Beitrag von:

  • Axel Mörer-Funk

    Axel Mörer-Funk ist Gesellschafter der Medienagentur S-Press in Bonn. Nach einem Volontariat beim Bonner Generalanzeiger und dem Besuch der Journalistenschule Hamburg arbeitete er u.a. als freier Journalist für dpa, Bunte und Wirtschaftswoche.

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