Aus Schweden 08.04.2016, 08:50 Uhr

Bruchsichere Fensterscheiben aus durchsichtigem Holz

Forschern in Stockholm gelang das Kunststück, aus Holz transparente Platten herzustellen. Sie empfehlen das durchsichtige Holz als Abdeckung für Solarzellen, weil es nicht bricht wie echtes Glas. Wie das Material hergestellt wird, lesen Sie hier. 

Stockholmer Forschern des KTH Royal Institute of Technology ist es gelungen, durchsichtiges Holz herzustellen.

Stockholmer Forschern des KTH Royal Institute of Technology ist es gelungen, durchsichtiges Holz herzustellen.

Foto: Peter Larsson/KTH

Vor einigen Monaten fielen im Rhein-Sieg-Kreis rund um Bonn Hagelkörner so dick wie Tennisbälle vom Himmel. Autoscheiben gingen reihenweise zu Bruch, ganze Ziegeldächer wurden perforiert, die von Treibhäusern völlig zerstört. Wenn sich eine Entwicklung schwedischer Wissenschaftler durchsetzt, geht es bei einer der nächsten Hagelkatastrophen glimpflicher ab. Die Skandinavier haben Holz entwickelt, das durchsichtig ist. Ansonsten hat es aber noch seine ursprünglichen Eigenschaften: Festigkeit und Elastizität. Eiskugeln etwa tanzen einfach auf dem hölzernen Glas, ohne es zu zerstören.

Aus einer Watteplatte wird hölzernes Glas

Lars Berglund vom Königlichen Institut für Technologie (KTH) in Stockholm hat die Entwicklungsarbeiten geleitet. Das Holz wird in dünne Scheiben geschnitten. Vermutlich mit einer Säure oder einer Lauge waschen die Forscher das braune Lignin heraus, eine Art Leim, der die Zellstofffasern miteinander verklebt. Jetzt ähnelt das Holz einer Platte aus Watte, wäre also nur noch zur Papierherstellung geeignet. Diesen Mangel beheben die Schweden mit flüssigem Polymethylmethacrylat (PMMA), besser bekannt als Acryl- oder Plexiglas. Nach dem Abbinden ist die Watteplatte durchsichtig.

Problemlösung aus Frankreich?

PMMA wird, ein Schönheitsfehler, aus Erdöl hergestellt. Das durchsichtige Glas lässt sich also nicht so einfach recyceln. Daran lässt sich möglicherweise etwas ändern. Forscher des französischen Unternehmens Altuglas International in La Garenne-Colombes in der Region Ile-de-France bei Paris haben Plexiglas entwickelt, das bis zu 50 % Polymilchsäure enthält, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird.

Suche nach noch mehr Transparenz

Die Zugabe von PMMA verändert den Brechungsindex für Licht – das Material wird durchsichtig, allerdings nicht so stark wie echtes Glas oder auch PMMA in reiner Form. Immerhin passieren 85 % der Lichtstrahlen das hölzerne Glas. Damit geben sich die Forscher noch nicht zufrieden. Sie experimentieren jetzt mit unterschiedlichen Holzarten. Gleichzeitig arbeiten sie daran, den Prozess industrietauglich zu machen.

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Solarzellen: Ginge es nach den Stockholmer Forschern, würden sie künftig mit durchsichtigem Holz abgedeckt. Der Vorteil: Das neue Material bricht nicht wie echtes Glas.

Solarzellen: Ginge es nach den Stockholmer Forschern, würden sie künftig mit durchsichtigem Holz abgedeckt. Der Vorteil: Das neue Material bricht nicht wie echtes Glas.

Quelle: Peter Endig/dpa

Verwendet werden könnte das Material als Ersatz für Fensterscheiben und als Abdeckung von Solarzellen, so Berglund. Damit wären die darunter liegenden Strom erzeugenden Zellen besser vor Beschädigungen geschützt. Außerdem sei durchsichtiges Holz preiswerter als echtes Glas – was allerdings noch zu beweisen wäre.

Cellophan war das erste durchsichtige Holz

Das erste durchsichtige Holz hat der Schweizer Jacques E. Brandenberger 1908 erfunden: Cellulosehydrat, das der einstige Chemiegigant Hoechst als Cellophan vertrieb. Dieses Material besteht tatsächlich ausschließlich aus Cellulose, hat allerdings nur die Dicke einer Verpackungsfolie. Cellophan, auch als Knisterfolie bekannt, ist jedoch, anders als hölzernes Glas, hoch transparent. Auch wenn man Cellophan kompostieren oder umweltverträglich verbrennen kann: Völlig grün ist das Material nicht. Zur Herstellung sind Chemikalien wie Schwefelsäure und Natronlauge nötig.

Herstellung des ultradünnen Glases bei Schott, das künftig empfindliche elektronische Bauteile in Smartphones trennen soll.

Herstellung des ultradünnen Glases bei Schott, das künftig empfindliche elektronische Bauteile in Smartphones trennen soll.

Quelle: Schott

Dazu passt das ultradünne Glas von Schott, das künftig elektronische Bauteile in Smartphones trennen soll. Auch Fingerabdrücke zur Autorisierung etwa beim Bezahlen lassen sich mit diesem ungewöhnlichen Glas auslesen.

 

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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