Chancen und Risiken 19.06.2023, 09:51 Uhr

China auf Lithium-Beutezug: Was kann Deutschland tun?

Experten glauben, dass China bis 2025 rund ein Drittel des globalen Lithium-Vorkommens kontrolliert. Das birgt große Gefahren für Deutschland und die gesamte Europäische Union. Was können wir tun?

Lithium

Der Kampf um Lithium ist längst voll entbrannt und China hat die Nase vorne.

Foto: Panthermedia.net/jroballo

Die steigende Popularität von Elektroautos hat zu einem regelrechten Boom bei Batterien geführt und damit die Nachfrage nach Lithium in die Höhe schnellen lassen. Deutschland und Europa befinden sich in einer Abhängigkeit von China, da chinesische Unternehmen Milliardeninvestitionen tätigen, um sich weltweit Lithiumvorkommen zu sichern. Angesichts dieser Situation stellt sich die Frage: Welche Handlungsmöglichkeiten hat Deutschland und welche Risiken bestehen?

Kontrolliert China bis 2025 ein Drittel des globalen Lithium-Vorkommens?

China führt weltweit eine offensive Strategie zur Sicherung von Lithium-Ressourcen an, was erhebliche Risiken für Deutschland und Europa birgt. Angesichts des rasanten Anstiegs des Bedarfs an Batterien aufgrund des Elektroauto-Booms entbrennt ein globaler Wettbewerb um dieses Leichtmetall, das für die Zukunft der Elektromobilität von entscheidender Bedeutung ist.

Chinesische Unternehmen investieren gigantische Summen in Ländern Lateinamerikas und Afrikas, um sich Lithiumvorkommen zu sichern. Experten prognostizieren, dass China bis zum Jahr 2025 voraussichtlich rund ein Drittel der weltweiten Lithiumversorgung kontrollieren könnte.

Bereits vor drei Jahren hat der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping die Offensive angekündigt: „Wir müssen die Abhängigkeit internationaler Lieferketten von China verstärken und wirksame Gegenmaßnahmen und Abschreckungsmöglichkeiten gegen Ausländer schaffen, die die Versorgung nach China künstlich unterbrechen wollen.“

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Welche Möglichkeiten hat Deutschland, Abhängigkeiten zu verringern?

Das aggressive Vorgehens Chinas in Sachen Lithium ist für Deutschland auf jeden Fall ein größeres Problem. Der Kieler Wirtschaftsprofessor Tobias Heidland fordert daher eine stärkere Diversifizierung der deutschen Industrie: „Die Abhängigkeit von China beim Lithium ist ein großes Risiko für deutsche Unternehmen“, sagt der Direktor des Forschungszentrums Internationale Entwicklung am Wirtschaftsforschungsinstitut IfW. „Sollte es zu größeren Spannungen kommen, könnten sie den Zugang zu entscheidenden Zwischenprodukten verlieren.“

Doch wie lässt sich das verhindern? Eine Möglichkeit wäre sicherlich, innovative Produkte zu entwickeln, die weniger oder gar kein Lithium benötigen. Auch in Sachen Recycling ist sicherlich noch Luft nach oben. Je mehr Lithium wiederverwendet werden kann, desto weniger muss von China dazugekauft werden. Darüber hinaus gibt es in Deutschland auch ein begrenztes Lithiumvorkommen, das noch nicht vollständig erschlossen ist.

Ein Problem der gesamten Europäischen Union

Die gesamte Europäische Union hängt am Tropf von China, wie auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede Ende März betonte. Die EU beziehe ihr Lithium zu 97 Prozent aus China, was insbesondere im Falle politischer Streitigkeiten mit Peking fatale Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft habe. Und es ist zu befürchten, dass die Abhängigkeiten noch größer werden: „Batterien, die unsere Elektroautos antreiben, werden den Bedarf an Lithium bis 2050 um das 17-fache steigen lassen“, sagte von der Leyen.

Es ist daher elementar wichtig, dass sich die Europäischen Staaten zusammentun und nicht jeder sein eigenes Süppchen kocht. Durch gemeinsame Forschungsprojekte und Kooperationen in der Batterieproduktion könnten europäische Länder ihre Ressourcen bündeln und eine größere Unabhängigkeit von China erreichen.

Welchen Wettbewerbsvorteil hat China?

Chinesische Investitionen in Ländern in Südamerika und Afrika bieten einen Wettbewerbsvorteil, da sie in der Regel geringere Anforderungen an Umwelt- und Menschenrechtsstandards stellen als europäische Unternehmen. Ryan Berg vom US-Zentrum für Strategische und Internationale Studien erklärte gegenüber der Fachzeitschrift „Foreign Policy“: „Die Regierungen wissen, dass sie durch die Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen nicht das gleiche Qualitätsniveau erreichen – aber sie bereitet ihnen auch weniger Kopfschmerzen, es gibt weniger Vorschriften, weniger Vorträge über Umweltbelastungen und weniger Beschwerden von Nichtregierungsorganisationen.“

Die Länder im Süden sind auf ausländische Investitionen angewiesen, möchten jedoch nicht die Fehler früherer Rohstoffbooms wiederholen und große Teile der Wertschöpfungskette aus der Hand geben. In diesem Zusammenhang haben der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador und der bolivianische Staatschef Luis Arce die Gründung eines Lithium-Kartells nach dem Vorbild der OPEC angeregt. Arce betonte: „Wir sollten auf dem Markt geschlossen und souverän auftreten und Preise aufrufen, von denen unsere Volkswirtschaften profitieren.“

Wo haben deutsche Unternehmen die besten Chancen?

Wirtschaftswissenschaftler Heidland sieht insbesondere in Ländern, die bei der Lithiumförderung auf Umwelt und Nachhaltigkeit achten, Chancen für deutsche Unternehmen. Er betont: „Die Lithiumproduktion verursacht starke Umweltschäden oder man muss sehr viel Geld in die Hand nehmen, um dies zu vermeiden. Und das treibt wiederum die Preise in die Höhe. Das ist eine schwierige Situation für deutsche Unternehmen, sich in Ländern zu engagieren, wo darauf kein Wert gelegt wird. Da wird man sicherlich nicht mit den chinesischen Ansätzen konkurrieren können.“

Auf der anderen Seite bietet sich deutschen Unternehmen die Möglichkeit, in Ländern zu punkten, die bewusst auf Nachhaltigkeit setzen. Hier können deutsche Firmen mit ihrer Expertise in diesem Bereich ein attraktives Angebot machen.

Auch Afrika im Fokus des chinesischen Lithium-Feldzugs

Afrika befindet sich ebenfalls im Fokus der chinesischen Bemühungen in Bezug auf Lithium. Laut der Geologischen Gesellschaft der USA verfügen Simbabwe, die Demokratische Republik Kongo, Ghana, Namibia und Mali zusammen über 4,38 Millionen Tonnen Lithium. Obwohl afrikanische Länder bisher nur eine jährliche Produktion von 40.000 Tonnen aufweisen, wird bis 2030 ein Anstieg auf 500.000 Tonnen erwartet, wobei Simbabwe als Hauptlieferant fungiert.

Chinesische Investoren haben schnell gehandelt und bereits in Afrika Fuß gefasst. Die größte Lithiummine Simbabwes, Bikita, befindet sich in den Händen des chinesischen Großkonzerns Sinomine. Zudem besitzt das chinesische Unternehmen Zhejiang Huayou Cobalt Kontrollrechte über Simbabwes zweitgrößte Lithiumgrube, Arcadia.

„Chinesische Investoren haben in den letzten drei Jahren schätzungsweise zehn Milliarden US-Dollar oder mehr in Lithiumprojekte in Simbabwe investiert oder verplant“, sagt Clinton Pavlovic, Analyst der internationalen Großkanzlei Hogan Lovells.

Afrika: Rohstoffe sollen vor Ort verarbeitet werden

Simbabwe erweist sich aufgrund seines reichen Vorkommens an anderen für die Entwicklung von Elektrofahrzeugen wichtigen Rohstoffen wie Kobalt, Mangan, Nickel und Graphit als äußerst attraktiv für Investoren. Selbst das im Dezember erlassene Exportverbot für Roh-Lithium ändert daran wenig – ausgenommen davon sind bereits vor Ort ansässige ausländische Unternehmen. Auch andere afrikanische Länder möchten Investoren dazu verpflichten, Rohstoffe vor Ort zu verarbeiten, um einen größeren Anteil der Gewinne im Land zu behalten.

In Nigeria hat China ebenfalls bereits das Spielfeld unter Kontrolle. Im Januar legte das Unternehmen Ming Xin Mineral Separation Nig den Grundstein für den Bau der ersten Lithium-Verarbeitungsanlage des westafrikanischen Landes. Interessanterweise wurde die Entscheidung, den Auftrag an das chinesische Unternehmen zu vergeben, nur wenige Monate nach der Ablehnung eines Gesuchs des US-Autobauers Tesla getroffen. Nigeria lehnte das Gesuch ab, da Tesla nur am Export von Roh-Lithium interessiert war.

Wie sieht die Zukunft in Deutschland aus?

Eines wird aus den Ausführungen deutlich: Es ist für Deutschland von großer Bedeutung, die Abhängigkeit von chinesischen Lithiumquellen zu verringern und eine nachhaltige und sichere Versorgung mit Batterierohstoffen sicherzustellen. Durch Investitionen in Forschung und Entwicklung, den Ausbau der heimischen Lithiumgewinnung, europäische Kooperationen, verbessertes Batterierecycling und die Förderung von Effizienz und Nachhaltigkeit in der Elektromobilität kann Deutschland seine Position stärken und die Weichen für eine zukunftsfähige Batterieindustrie stellen. (mit dpa)

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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