Continental testet erste Autoreifen aus Pusteblumen
Fahren wie auf Pusteblumen – so könnte der neue Werbeslogan von Continental lauten. Der Hersteller hat nämlich die ersten Autoreifen mit Kautschuk aus Löwenzahn gebaut. Bis zur Markteinführung dauert er aber noch.
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Contidrom nahe Hannover: Die Reifentestanlage ermöglicht Testfahrten ohne Fahrer auf trockenem und nassem Untergrund. Hier wurde auch die erste Kleinserie von Reifen aus Kautschuk getestet, der aus russischem Löwenzahl gewonnen wurde.
Foto: Continental
Continental hat nach mehrjähriger Forschungsarbeit den Sprung in die Kleinserien-Produktion der Pusteblumen-Reifen geschafft. Ihre Laufstreifen sind ausschließlich aus Kautschuk aus der Löwenzahnwurzel hergestellt. „Um mit den bisherigen Ernteerträgen aus unserem Forschungsprojekt möglichst aussagekräftige Testergebnisse zu gewinnen, haben wir uns für den Bau von Pkw-Winterreifen entschieden, die einen besonders hohen Naturkautschukanteil haben“, erklärt Continental-Vorstand Nikolai Setzer.
Erfolgreiche Testfahrten in Schweden und Niedersachsen
Die Reifen hören auf den Namen ContiWinterContact TS 850 P und haben ihre Feuertaufe bereits bestanden – bei Testfahrten auf den Testgeländen in Schweden und Niedersachsen. „Der Kautschuk aus Löwenzahn hat optimale Rohstoff- und Materialeigenschaften“, sagt Carla Recker von Continental. „Die Reifen daraus zeigen ein äquivalentes Eigenschaftsprofil im Vergleich zu Reifen aus herkömmlichem Naturkautschuk.“
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Aus russischem Löwenzahn gewinnen Christian Schulze Gronover, Carla Recker und Prof. Dirk Prüfer Naturkautschuk für die Herstellung von Autoreifen.
Quelle: Dirk Mahler/Fraunhofer
Bis zur industriellen Großfertigung wird aber noch einiges an Latex-Milch durch die Stängel des Löwenzahns fließen. „Wir verfolgen das Ziel, Reifen aus Löwenzahn-Kautschuk innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre zu Serienprodukten zu entwickeln.“
Continental hat die Reifen gemeinsam mit Forschern des Fraunhofer Instituts für Molekularbiologie aus Aachen entwickelt. Unter ihnen Dirk Prüfer, der sich an die Geburtsstunde der Idee erinnert. „Ich saß auf einer Wiese im Sauerland, die übersäht war mit Löwenzahn. Als ich eine Blüte abgerissen hatte, tropfte aus dem Stängel weiße Latex-Milch“, erzählt Prüfer. „Da hatte ich die Idee, dass man hieraus doch Kautschuk gewinnen könnte.“
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In den vergangenen Jahren wurde der wilde Kaukasische Löwenzahn mit heimischem Löwenzahn gekreuzt, um seine Kautschukerträge zu steigern.
Quelle: Fred Eickmeyer
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Der russische Löwenzahn kommt auch mit kargen Böden gut zurecht und erzeugt besonders viel Latex-Milch.
Quelle: Continental
Der heimische Löwenzahn eignet sich allerdings nicht. Er produziert zu wenig Latex – das ist Kautschuk in flüssiger Form. Deswegen kommt russischer Löwenzahn zum Einsatz, der deutlich mehr Latex-Milch produziert. Angebaut werden kann er aber auch in Deutschland. Testfelder wurden schon in Straubing angelegt.
Löwenzahn als Alternative zum Kautschukbaum
Der russische Löwenzahn soll eine Alternative zum Kautschukbaum werden, dem besonders in Südost-Asien immer größere Regenwaldflächen weichen müssen. „Die Pflanze ist extrem anspruchslos. Sie kann in gemäßigtem Klima und selbst auf Böden kultiviert werden, die für die Produktion von Nahrungs- oder Futtermitteln nicht oder nur begrenzt geeignet sind“, erklärt Fraunhofer-Forscher Christian Schulze Gronover. „Außerdem hat Löwenzahn den Vorteil, dass er von Jahr zu Jahr wächst. Der Kautschukbaum bringt erst nach sieben bis zehn Jahren einen Ertrag.“
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Der Reifen aus Löwenzahn hat auch schon ein eigenes Label: Taraxa Gum.
Quelle: Continental
Der russische Löwenzahn könnte eines Tages die Abhängigkeit von Kautschuk-Importen verringern. Doch ersetzen? Das wahrscheinlich nicht, sagt Prüfer. „Um den Weltbedarf an Naturkautschuk mit Löwenzahn zu decken, bräuchte man ein Fläche so groß wie Österreich.“ Und die liegt nirgends irgendwo brach herum.
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