Dieser Stahl will auch bei hoher Belastung einfach nicht müde werden
Wäre das schwere Zugunglück 1998 in Eschede, als ein ICE wegen eines gebrochenen Radreifens entgleiste, mit diesem neuen Stahl nicht geschehen? Ingenieure habe nach dem Vorbild des Knochens eine Stahlstruktur entwickelt, die deutlich besser gegen Risse und Ermüdungsbrüche gefeit ist. Die Erwartungen sind hoch.
Ein internationales Forscherteam, darunter das Max-Planck-Institut für Eisenforschung (MPIE) in Düsseldorf, ist auf der Suche nach einem Stahl, den man nicht ständig überwachen muss, um Ermüdungserscheinungen aufzuspüren, sondern der einfach nicht müde wird. Zum Vorbild genommen haben sich die Forscher den Aufbau menschlicher Knochen, die extrem leicht, aber dank ihrer Wabenstruktur besonders stabil sind und einen hohen Ermüdungswiderstand aufweisen.
Legierung aus Eisen, Mangan, Nickel und Aluminium
Das Ergebnis ist eine Legierung aus Eisen, Mangan, Nickel und Aluminium. Diese besteht aus verschiedenen metastabilen Phasen, die in Nanometer-großen Lamellen geordnet sind. Eine Phase ist eine Kristallstruktur, in welcher die Atome in einem Metall angeordnet sind.
Diese Kristallstruktur haben die Materialwissenschaftler so verändert, dass „der neu entwickelte Stahl resistent gegen multiple Rissbildung auf der Mikroebene ist“, so Dierk Raabe, Direktor am MPIE. „Um zu prüfen, ob die exzellenten Ermüdungseigenschaften unseres Stahls auch wirklich auf die lamellenartige Mikrostruktur zurückzuführen sind, haben wir ihn mit konventionellen Stählen verglichen.“
In zahlreichen Experimenten verglich das Team rund um Raabe die Ermüdungseigenschaften des neuen Stahls mit denen von Dual-Phasen-Stählen, die für Autos verwendet werden, mit perlitischen Stählen, welche in Stahlseilen für Brücken angewendet werden, und mit TRIP-Stählen, die vor allem in Fahrzeugkarossen Anwendung finden.
Zudem veränderten die Forscher testweise die Mikrostruktur ihrer Legierung erneut und beobachteten die Verschlechterung der Ermüdungsresistenz. Auf diese Art bestätigten die Forscher ihre Annahme, dass der verbesserte Ermüdungswiderstand des neu entwickelten Stahls auf dessen lamellenartige Multiphasen-Mikrostruktur zurückzuführen ist.
Legierung soll weiter verbessert werden.
Serienmäßig einsetzbar ist der neuartige Stahl aber noch nicht. Jetzt soll die Legierung noch optimiert werden, um die Ermüdungsresistenz noch zu verbessern. Die Forscher des MPIE, der Kyushu University Japan und des Massachusetts Institute of Technology in den USA sind überzeugt, dass dies möglich ist.
Warum aber überhaupt der Aufwand? Das Problem von Stählen ist, dass sie unter starker Belastung zwar langsam verschleißen, das aber lange nicht erkennbar ist. Denn der Verschleiß zeigt sich erst tief in der Stahlstruktur, auf der Mikro- und Nanoebene, bevor dann ein Riss folgt. Und so ein Riss ist je nach Einsatzort gefährlich. Bei Radreifen von Zügen sind solche Risse eine Katastrophe. Gleiches gilt für Flugzeuge und Kraftwerke.
Um solche Risse rechtzeitig zu entdecken, werden derzeit die Materialen regelmäßig überwacht und aufwendig vermessen. Und das kostet Geld, Zeit und Einsatzzeiten bei Zügen und Flugzeugen. Zudem werden Sensoren eingesetzt, die zum Beispiel die Räder von Zügen laufend überwachen, um Schwingungsänderungen festzustellen, die auf Materialermüdungen zurückzuführen sind.
Vielleicht kann der neue Stahl da Abhilfe schaffen. Und trotz weniger Kontrolle Katastrophen wie die von Eschede verhindern.
Und das sind die fünf schnellsten Züge der Welt.
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