Durchgeschnitten: Dieser Kunststoff heilt sich selbst
Ein Protein aus dem Gebiss von Tintenfischen hat US-Forscher auf die Spur eines Kunststoffes gebracht, der sich selbst heilen kann. Unmengen Abfall könnten so vermieden werden. Der Clou daran ist, dass ein wenig Wasser und leichter Druck für die Heilung ausreichen.
In aller Welt haben Melik Demirel und seine Kollegen von der Pennsylvania State University Gebisse gesammelt. Kreisförmige Zahnreihen von Tintenfischen aller möglichen Unterarten.
Und in allen fanden sie dasselbe Protein, das dafür sorgt, dass sich die Zähne selbst heilen können. Der pure Kontakt mit Wasser reicht aus, um die Gebisse lebenslang zu erhalten.
Die Möglichkeit, das Protein aus den Tintenfischen systematisch zu gewinnen, wurde schnell verworfen, denn für ein Gramm der Substanz braucht man fünf Kilogramm Tintenfisch. Aber Demirel und seiner Gruppe gelang es, das Protein in einer Bakterienkultur künstlich nachzubauen. So entstand ein Polymer, ein neuartiger Kunststoff, der die gleichen wundersamen Eigenschaften hat wie das Gebiss der Tintenfische.
Nach der Heilung so stabil wie vor der Verletzung
Die Forscher produzierten einen Prototyp in Form eines Hundeknochens und schnitten ihn in zwei Hälften. Dann erwärmten sie Wasser auf 45 Grad Celsius, tröpfelten es auf die Schnittstellen und übten mit einem Metallwerkzeug leichten Druck auf den Kunststoff auf. Nach kurzer Zeit habe der Knochen ausgesehen wie vorher, berichtet Demirel. Hinzu kam: „Härtetests haben gezeigt, dass das Material nachher genauso widerstandsfähig war wie vor dem Zerschneiden.“Sinnvolle Einsatzgebiete sehen die Wissenschaftler vor allem da, wo Reparaturen von außen kaum möglich sind. Glasfaserkabel auf dem Meeresgrund beispielsweise können heute nur ausgetauscht, aber nicht repariert werden. Künftig könnten diese Kabel sich also selbst heilen, meint Demirel. Der Professor für Ingenieurwissenschaften hält es aber auch für möglich, dass der Ansatz irgendwann bei der Wundheilung in der Medizin angewendet werden kann. „Auf dieses Ziel werden wir uns jetzt fokussieren“, sagt Demirel.
Künstliche Haut kann „schwitzen“
Wann eine praktische Anwendung möglich ist, bleibt allerdings vorerst offen. Selbstheilende Materialien gibt es ja durchaus schon. So haben Forscher der Universität Illinois schon vor 14 Jahren einen Kunststoff entwickelt, der winzige Bläschen enthält, die wiederum mit einer Art Heilsalbe gefüllt sind. Entsteht ein Riss im Material, platzen auch solche Bläschen und setzen sozusagen ihren eigenen Klebstoff frei.
Durchgesetzt hat sich diese Entwicklung bislang zwar nicht, andere Wissenschaftler verfolgen aber ähnliche Ziele. So haben Chemiker aus Harvard in diesem Jahr eine Art künstlicher Haut vorgestellt, die „schwitzen“ kann: Ein Ölfilm, der Oberflächen schützt, erneuert sich so bis zu 60 Mal selbst.
Ein Stück weiter ist das die Bauindustrie. Die hat inzwischen einen selbstheilenden Beton entwickelt.
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