Erst Flakes, dann Pulver: Fraunhofer Forscher recyceln Permanentmagnete
Fraunhofer Forscher haben es geschafft, Permanentmagnete zu recyceln. Für Magnethersteller könnte das bedeuten, dass sie zukünftig weniger Seltene Erden aus China importieren müssen. Hinter dem Recycling steckt ein verblüffender Trick.
Permanentmagnete sind heißbegehrt: Sie ersetzen in der neuesten Generation der Windkraftanlagen klassische Getriebe und helfen Autobauern dabei, elektrische Stellmotoren kleiner auszulegen, die beispielsweise die Scheibenwischer antreiben. Die leistungsstärksten Permanentmagnete basieren auf Neodym, Dysprosium, Eisen und Bor.
Das Problem: Die Seltenen Erden Neodym und Dysprosium lassen sich nur unter schwierigen Bedingungen und mit viel Energieaufwand gewinnen. Magnethersteller importieren 90 % aus China, wo knapp die Hälfte der weltweit verfügbaren Reserven liegt.
Forscher versuchen seit längerem, Magnete zu recyceln, um die Importabhängigkeit zu reduzieren. Dabei ziehen sie die einzelnen Seltenen Erden aus den alten Magneten wieder heraus. Das ist jedoch zeit- und kostenintensiv. Deswegen haben sich Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung (ISC) aus Alzenau über Alternativen nachgedacht.
„Statt jede Seltene Erde einzeln wiederzugewinnen, recyceln wir den kompletten Werkstoff, also den gesamten Magneten – und das in weniger Schritten“, erklärt Oliver Diehl, Wissenschaftler in der Projektgruppe IWKS. „Der Prozess ist deutlich einfacher und effizienter, denn die Zusammensetzung des Materials ist bereits wie gewünscht.“
Der Trick: Forscher setzen auf das Melt-Spinning-Verfahren
Beim Recycling setzen die Forscher auf das sogenannte Melt-Spinning-Verfahren – ein Verfahren, das auch unter dem Namen Rascherstarrung bekannt ist. Das funktioniert folgendermaßen: Die Wissenschaftler verflüssigen den Magneten in einem Schmelztiegel. Das 1000 C° heiße Material gelangt über eine Düse auf ein wassergekühltes Kupferrad, das sich mit einer Geschwindigkeit von 10 bis 35 m/s dreht. Sobald der Schmelztropfen das Kupfer berührt, gibt er seine Hitze innerhalb von Sekundenbruchteilen an das Metall ab und erstarrt.
Ließe man die Schmelze auf übliche Weise erstarren, würden sich die Atome in Reih und Glied in einem Kristallgitter anordnen. Das Melt-Spinning-Verfahren hingegen vermeidet die Kristallisation. Stattdessen entstehen sogenannte Flakes. Sie haben wahlweise eine Struktur, bei der Atome vollkommen unregelmäßig angeordnet sind, oder eine nanokristalline Struktur, bei der sich die Atome nur in nanometergroßen Bereichen in einer Kristallstruktur anordnen.
Der Vorteil: Die Korngrößen – also die Bereiche gleicher Kristallstruktur – lassen sich über die Geschwindigkeit des Rades und die Temperatur der Schmelze gezielt variieren. Über sie kann man die Eigenschaft des Permanentmagneten verändern. Anschließend zermalen die Forscher die Flakes zu einem Pulver, aus dem sich neue Magnete bauen lassen.
Demonstrationsanlage läuft bereits
Die Forscher haben bereits eine funktionierende Demonstrationsanlage gebaut. Diehl: „Die Demoanlage kann bis zu einem halben Kilogramm Schmelze verarbeiten und liegt damit zwischen einer Labor- und einer Großanlage.“
Welche Kosten beim Recycling entstehen, sei derzeit schwer zu beantworten. „Der zu erwartende finanzielle Vorteil bei der Wiederverwertung der Magnete hängt nicht nur vom Recyclingprozess ab, sondern auch von der Preisentwicklung der Seltenen Erden.“ Je höher die Rohstoffpreise für Seltene Erden sind, desto mehr lohnt es sich, auf bereits vorhandene Materialien zurückzugreifen.
Laut Marktforschungsunternehmen Transparency Market Research wird die weltweite Nachfrage nach Permanentmagneten bis 2019 auf 1,168 Millionen t steigen. 2012 lag sie bei 650.000 t.
Ein Beitrag von: