Forschende entwickeln nachhaltige Klebstoffe aus Hühnerfedern
Bisher werden Klebstoffe meist noch aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl hergestellt, das könnte sich bald ändern. Ein Forschungsteam vom Fraunhofer IGB hat Kleber entwickelt, bei denen Hühnerfedern im Mittelpunkt stehen. Genauer geht es um das in den Federn enthaltene Keratin.
Federn statt Erdöl heißt die Devise bei neuen Klebstoffen, die Fraunhofer-Forschende gemeinsam mit Henkel entwickelt haben. Der biobasierte Rohstoff Keratin steht dabei im Mittelpunkt, der zum Beispiel in Hühnerfedern, aber auch in Krallen, Klauen oder Hufen von Tieren enthalten ist. Mit Keratin lassen sich eine Vielzahl unterschiedlicher Klebstoffe für verschiedene Anwendungsbereiche herstellen. Außerdem sind die Verfahren und Endprodukte nachhaltig, perfekt für eine bioinspirierte Kreislaufwirtschaft.
Klebstoffe sind fast überall
Klebstoffe halten Sportschuhe zusammen, sind in Smartphones, Bodenbelägen, Möbeln, Textilien und Verpackungen zu finden und halten sogar Autoscheiben. Kurzum: Klebstoffe sind fast überall. Experten kennen mehr als 1000 verschiedene Klebstoff-Varianten, mit denen sich fast jedes Material miteinander verbinden lässt. Wegen ihres geringen Gewichts eignen sie sich besonders für den Leichtbau.
Im Gegensatz zu Schraubverbindungen, bei denen der Druck punktuell wirkt, verteilt sich der Druck bei Klebeverbindungen gleichmäßig, so dass sich die Oberflächen nicht verziehen. Klebstoffe korrodieren nicht und schützen wirksam vor Feuchtigkeit. Außerdem sind geklebte Flächen widerstandsfähiger gegen Vibrationen. Sie zeichnen sich durch geringe Kosten und einfache Verarbeitung aus.
Keratin statt Erdöl
Traditionell basieren Klebstoffe auf fossilen Rohstoffen wie Erdöl, doch das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB geht einen neuen Weg. Das Institut nutzt Federn, ein Nebenprodukt der Geflügelfleischproduktion, als alternative Rohstoffquelle.
Die Federn, die bisher größtenteils vernichtet oder zu Tierfutter verarbeitet wurden, enthalten das Strukturprotein Keratin. Es ist viel zu schade, es wegzuwerfen oder zu verfüttern. Keratin ist ein Biopolymer, das auch in Krallen, Klauen, Hufen und Federn vorkommt und diesen eine hohe Festigkeit verleiht.
Darum eignet sich Keratin so gut für die Klebstoff-Herstellung
Keratin ist ein umweltfreundliches Material, da es biologisch abbaubar ist. Seine einzigartige Struktur verleiht ihm besondere Eigenschaften, die es laut Forschungsteam ideal für die Herstellung von Klebstoffen machen. Die langkettigen Moleküle des Keratins ermöglichen aufgrund ihrer polymeren Struktur Vernetzungsreaktionen über funktionelle Gruppen.
Diese Reaktionen sind entscheidend, denn sie qualifizieren Keratin für die Herstellung verschiedenster Klebstoffe. „Die für Klebstoffe erforderlichen Merkmale sind im Ausgangsmaterial gewissermaßen schon angelegt und müssen nur freigelegt, modifiziert und formuliert werden“, sagt Projektleiter Dr. Michael Richter.
Neues Verfahren entwickelt und optimiert
In den vergangenen drei Jahren hat das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB gemeinsam mit Klebstoffhersteller Henkel am Projekt KERAbond gearbeitet. In diesem Projekt ging es um die Entwicklung von Spezialchemikalien aus maßgeschneiderten, funktionalen Keratinproteinen. Ziel des Projekts war es, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem Keratin aus Hühnerfedern gewonnen und in eine neuartige Chemikalie umgewandelt werden kann. Diese dient dann als Basis für die Herstellung maßgeschneiderter Klebstoffe.
Der Prozess beginnt mit der Sterilisierung, Reinigung und mechanischen Zerkleinerung der Federn aus den Schlachthöfen. Anschließend werden die langkettigen Proteine durch ein enzymatisches Verfahren in kleinere Einheiten gespalten, die die Grundlage für die spezielle Plattformchemikalie bilden. Mit dieser Chemikalie lassen sich dann Klebstoffe mit spezifischen Eigenschaften wie Aushärtezeit, Elastizität, Temperaturbeständigkeit und Festigkeit herstellen. Darüber hinaus ermöglicht sie die Herstellung verwandter Produkte wie Härter, Beschichtungen und Primer.
Ein wesentlicher Schritt war die Skalierung des Verfahrens für die industrielle Produktion, die am Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna erfolgreich demonstriert wurde. Dabei wurde eine größere Menge Hühnerfedern verarbeitet, um zu zeigen, dass die Herstellung der Plattformchemikalie auf Keratinbasis auch im großen Maßstab wirtschaftlich möglich ist. Die so gewonnenen Materialien wurden bereits in ersten Versuchen sowohl am Fraunhofer IGB als auch bei Henkel erfolgreich eingesetzt.
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