Neue Werkstoffe 12.06.2018, 13:01 Uhr

Forscher entwickeln Graphenplatten für den Flugzeugbau

Einem chinesisch-amerikanischen Team ist es erstmals gelungen, Platten aus Graphen herzustellen, ohne dass das Material seine überragenden Eigenschaften verliert. Es könnte zur Konkurrenz für kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) werden.

Falschfarbenaufnahme eines Graphenplatte unter dem Elektronenmikroskop: Forschern ist es gelungen, Graphenplatten herzustellen, die als Baustoff etwa für Flugzeuge dienen können.

Falschfarbenaufnahme eines Graphenplatte unter dem Elektronenmikroskop: Forschern ist es gelungen, Graphenplatten herzustellen, die als Baustoff etwa für Flugzeuge dienen können.

Foto: Beihang University

Graphen gehört zu den reißfestesten und härtesten Materialien auf der Welt. Stahl kommt da längst nicht mit. Das Material besteht aus Kohlenstoffatomen, die bienenwabenförmig angeordnet sind. Der unsichtbare Film ist nur eine Atomlage dick. Könnte man hunderttausende oder Millionen solcher Graphenblätter übereinanderstapeln und sie miteinander verbinden, hätte man ein wahrlich unverwüstliches Material. Es könnte beispielsweise im Flugzeugbau eingesetzt werden. Doch es ist bisher nicht gelungen, einen Kleber zu entwickeln, der die gleichen Eigenschaften wie Graphen hat, dieses also nicht schwächt.

Perlmutt und Papier sind die Vorbilder

Das hat jetzt ein Forscherteam um Qunfeng Cheng, Chemieprofessor an der Beihang University in Peking, und Ray Baughman, Direktor des Nanotech-Instituts der University of Texas, geschafft. Es orientierte sich am Aufbau von Perlmutt, einem äußerst harten Werkstoff, den viele Meeresbewohner zum eigenen Schutz herstellen. Es besteht aus einzelnen Lagen Calciumcarbonat, die durch einen organischen Kleber miteinander verbunden sind.

„Anstatt die Filme aufeinanderzulegen, oxidieren wir kleine Graphenpartikel“, sagt Baughman. „Dann verrühren wir sie mit Wasser und filtern das Graphen heraus. Es entstehen Graphenfilme.“ Auch hier hat das chinesische-amerikanisch Team ein Vorbild: die Herstellung von Papier. Zellstofffasern werden mit Wasser verrührt. Sie verdrillen sich und werden mit einem wasserdurchlässigen Tuch abgeseiht. Nach dem Trocknen ist das Papier fertig.

Graphenplättchen verhaken sich miteinander

Der Graphenfilm ist noch wenig belastbar. „Unser Trick: Wir verbinden die Plättchen mit einer Art Kleber, der benachbarte Plättchen an den Stellen verbindet, an denen sie sich überlappen“, so Boughman. Der Kleber hat gleichzeitig die Aufgabe, die Oxidation rückgängig zu machen. Es entsteht wieder Graphen. Die Plättchen verhaken sich gewissermaßen miteinander, sodass die Grundfestigkeit des Materials auch an den Verbindungsstellen herrscht. Es entstehen ganze Platten, die die Eigenschaften des Films haben, der nur eine Atomlage dick ist.

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„Unsere Platten können weit mehr Energie absorbieren als kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe, ehe sie zerstört werden“, sagt Cheng. Damit könnten sie zur Konkurrenz für große Bauteile aus CFK werden, glauben die Forscher. Sie halten es für möglich, dass die Platten kostengünstiger hergestellt werden können als CFK. Alles läuft noch im Labormaßstab ab, eine industrielle Produktion ist noch in weiter Ferne.

Sensationelle Energieeinsparung

Die erhoffte Kosteneinsparung resultiert vor allem aus dem Energieverbrauch. Während Kohlenstofffasern, die das Grundgerüst von CFK bilden, bei einer Temperatur von 2500 Grad Celsius hergestellt werden, benötigt das chinesisch-amerikanische Verfahren eine Temperatur von lediglich 45 Grad.

Die Graphenplatten sind nicht nur extrem fest. Sie leiten auch Strom und schirmen elektromagnetische Felder ab. „All diese Eigenschaften machen sie attraktiv für neuartige Anwendungen, die heute noch gar nicht angedacht sind“, sagt Sijie Wan, Doktorandin an der Beihang University und Mitglied des Forscherteams.

Mit einem Schaum aus Graphen experimentieren dagegen die Kollegen am MIT. Und auch hier sind erstaunliche Eigenschaften des Materials zu beobachten.

Gyroid-Modelle aus dem 3D-Drucker wie dieses wurden benutzt, um die Stärke und mechanischen Eigenschaften eines neues leichten Materials zu testen.

Gyroid-Modelle aus dem 3D-Drucker wie dieses wurden benutzt, um die Stärke und mechanischen Eigenschaften eines neues leichten Materials zu testen.

Quelle: Melanie Gonick/MIT

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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