In Amerika gefunden 26.06.2013, 12:18 Uhr

Gas im Trinkwasser durch Fracking

Fracking belastet Trinkwasserbrunnen: Amerikanische Forscher haben die Gase Methan, Ethan und Propan in privaten Trinkwasserbrunnen gefunden, die in der Nähe von Frackingfeldern lagen. Und sie glauben, beweisen zu können, dass diese Gase aus den Frackinganlagen kommen.

Eine Fracking-Anlage im Bundesstaat Pennsylvania in Amerika. In Pennsylvania ist im Juni erstmals das Trinkwasser durch Fracking belastet worden.

Eine Fracking-Anlage im Bundesstaat Pennsylvania in Amerika. In Pennsylvania ist im Juni erstmals das Trinkwasser durch Fracking belastet worden.

Foto: dpa/Jim Lo Scalzo

Also doch: Durch das unkonventionelle Fördern von Gasvorkommen im Schiefergestein, das sogenannte Fracking, gelangen Gase in das Trinkwasser. Diesen Befund haben Forscher der Duke University im US-Staat North Carolina jetzt im Wissenschaftsmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PINAS) veröffentlicht. Die Wissenschaftler nahmen insgesamt 141 Proben in privaten Wasserbrunnen, die allesamt in der Gegend des Marcellus-Beckens im Nordosten des Bundesstaats Pennsylvania liegen. Das Marcellus-Becken ist mit großen Schiefergasvorkommen in der Erde gesegnet und daher ein Gebiet mit vielen Fracking-Anlagen.

Fracking kommt vom englischen Begriff „to fracture“, was so viel wie aufbrechen oder aufreißen bedeutet. Und das trifft es ja auch. Denn genau das passiert beim Fracking: Es werden Risse im Speichergestein tief in der Erde erzeugt. Grundsätzlich geht es darum, Erdgas aus zumeist großen geologischen Tiefen zu fördern. Dieses Gas lagert zum Teil in mehreren tausend Metern Tiefe zum Beispiel in Schiefergestein. Im Gegensatz zu den konventionellen Gasfeldern im Nahen Osten werden diese Schiefergasvorkommen auch unkonventionelle Lagerstätten genannt. Es ist nicht ganz einfach, dieses Gas zu fördern.

Frackfluid bricht das Schiefergestein auf und löst das gebundene Gas

Im Gegenteil: Die Fracking-Technologie kann durchaus als brachial bezeichnet werden. Eine senkrechte Tiefenbohrung wird zunächst in die gewünschte Tiefe gebracht. Unten verschwenkt der Bohrkopf in die Horizontale und läuft so mitten durch das Schiefergestein mit dem geologisch gebundenen Erdgas. Sodann pumpt man ein so genanntes Frackfluid unter hohem Druck in die Tiefe. Dort bricht das Fluid das Gestein auseinander. Danach pumpt man die eingepresste Flüssigkeit wieder nach oben. Dem Frackfluid beigesetzter Sand verbleibt in den Rissen und hält sie so offen. Dann werden weitere Bohrungen gesetzt, um das nun aus dem Gestein herausgelöste Gas zu fördern.

Diese Art der Förderung stellt ein Gefahrenpotential dar: Es kann passieren, dass das Frackfluid in das Grundwasser gelangt und dieses auf lange Zeit verunreinigt. In Deutschland ist das Fracking aus genau diesem Grund heftig umstritten. Ein Gesetzesvorhaben, das Fracking unter bestimmten Auflagen in Deutschland zulassen sollte, ist von den Politikern wegen des Widerstandes hierzulande erst einmal auf die lange Bank geschoben worden. Die aktuellen Befunde aus Amerika dürften dem Fracking in Deutschland nun endgültig den Todesstoß versetzen. Denn nun scheint bewiesen zu sein, was Kritiker schon immer vermutet haben. Stoffe aus den Förderanlagen gelangen in  die Umwelt.

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Ethankonzentration war 23-mal höher

Das hat Auswirkungen auf das Trinkwasser in den privaten Brunnen rund um das Förderfeld. Die Belastung mit Methan war der Studie zufolge bei Brunnen im Umkreis von einem Kilometer um die Fracking-Anlagen im Marcellus-Becken sechsmal höher als in anderen Brunnen. Die Ethankonzentration war sogar 23-mal höher. In zehn Brunnen war das Wasser auch mit Propan belastet – alle zehn Brunnen lagen im Umkreis von einem Kilometer um Fracking-Anlagen. „Die Daten zu Methan, Ethan und Propan deuten darauf hin, dass die Bohrungen das Wasser einiger Hausbesitzer belastet haben“, erklärte Studienautor und Umweltwissenschaftler Robert Jackson.

Helium-4 als Beweis für die Quelle

Der Umweltwissenschaftler ist sich sicher, dass diese neuen Erkenntnisse zur Auswirkung von Fracking auf das Trinkwasser sehr schwer zu widerlegen seien, denn es gebe „keine biologischen Quellen von Ethan und Propan in der Region“. Dazu kommt: Helium-4, eine spezielle Variante des Edelgases mit der Ordnungszahl 2 eignet sich als Fingerabdruck für die Herkunft von Gasen. Denn Helium-4 verbindet sich nicht mit anderen Stoffen, seine Menge bleibt unverändert. Damit wollen die Forscher nun beweisen können, dass das Gas in den Trinkwasserbrunnen aus den Fracking-Gasquellen stammt. Denn der Anteil des Heilium-4 im Grundwasser der betreffenden Gegend sei identisch mit dem Anteil in den Fracking-Gasquellen, schreiben die Forscher in ihrer PINAS-Veröffentlichung.

Die USA haben im großen Stil auf das Fracking gesetzt, ohne die möglichen Umweltauswirkungen näher zu betrachten. So waren auch schon früher in der Nähe von Bohranlagen erhöhte Gasmengen im Boden gemessen worden. Da man aber vor lauter Fracking-Euphorie völlig versäumt hatte, den Zustand des Bodens vor dem Eingriff durch das Fracking zu bewerten, war es nicht möglich, den Anteil der Bohrstelle an der Gasmenge zu bestimmen. Niemand wusste, wie viel Gas in der Zeit vor dem Fracking dort schon aufgestiegen war.

Neue Studie zur Verfügbarkeit von Öl und Gas lässt aufhorchen

Die globale Öl- und Gasförderung wird laut einer Studie der Expertengruppe Energy Watch Group (EWG) schneller zurückgehen als gedacht. „Der Welt geht die billige und reichliche Verfügbarkeit von fossilen Energieträgern aus“, sagte Hauptautor Werner Zittel am Montag in Berlin. Die EWG-Studie steht damit im krassen Widerspruch zu den Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA), die bis zum Jahr 2030 sogar noch einen Anstieg der weltweiten Förderung erwartet. „Anders als die IEA nehmen wir die belastbaren Zahlen etwas ernster“, sagte Zittel bei der Vorstellung der Studie. Er warf der Energiebehörde vor, „Spekulationen“ auf Grundlage der optimistischsten Ausbeutungsprognose zu betreiben.

Nach Zittel wird bereits im Jahr 2030 die weltweite Erdölförderung um 40 Prozent unter den Förderwerten des vergangenen Jahres liegen. Neue Fördertechniken könnten bislang lediglich den Rückgang bei der konventionellen Erdölgewinnung ausgleichen. Gemeint sind die neuen Fördertechniken Tiefseebohrungen, die Ausbeutung von Teersanden und das Fracking. Alle diese neuen Fördermethoden sind teurer, energieintensiver und riskanter als die konventionelle Förderung.

Potential von Fracking wird überschätzt

Die Nachricht, dass Fracking das Trinkwasser verseucht, dürfte den Fracking-Boom in Amerika wohl etwas dämpfen. Werner Zittel vom EWG meint ohnehin, dass Fracking wegen der begrenzten Gesteinsvorkommen nur „kurzzeitig einen deutlichen Förderbeitrag in den USA“ liefert. Derzeit allerdings sind die USA durch das massive Fracking fast völlig unabhängig von Gaslieferungen anderer Länder und können ihren Energiehunger aus eigenen Gasvorkommen stillen.

Neue Erkenntnisse aus den USA geben den Kritikern der umstrittenen Technologie recht: Fracking belastet offenbar das Trinkwasser.

Neue Erkenntnisse aus den USA geben den Kritikern der umstrittenen Technologie recht: Fracking belastet offenbar das Trinkwasser.

Quelle: dpa/Felix Kästle

Amerika verfügt über große weite Landstriche, die nahezu unbewohnt sind und in deren Erde unkonventionell zu fördernde Gasvorräte lagern. Das erleichtert es den Amerikanern, Fracking im großen Stil zu betreiben. Anders ist die Situation im recht dicht besiedelten Deutschland. Nach einer Schätzung des Umweltbundesamtes könnte mit den im Untergrund vermuteten Schiefergasvorkommen der deutsche Gasbedarf für 13 Jahre gedeckt werden. Diese Zahl ist allenfalls eine theoretische Zahl. Denn zum Beispiel in Trinkwasserschutzgebieten wird Fracking in Deutschland niemals erlaubt werden. Und das betrifft immerhin 14 Prozent der Landesfläche.

Ölpreis innerhalb von 15 Jahren verzehnfacht

„Die Konzerne haben kein Interesse daran, die Ressourcenlage als verknappt darzustellen“, sagte Hans-Josef Fell, energiepolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, bei der Vorstellung der EWG-Studie. Zittel rechnete vor, dass sich der Ölpreis innerhalb von 15 Jahren verzehnfacht habe. Bereits in den nächsten fünf Jahren sei in Deutschland ein Spritpreis von zwei Euro möglich.

Die EWG-Forscher schätzen, dass beim Erdgas voraussichtlich 2020 das Maximum erreicht sei, danach gehe die Fördermenge zurück. Ähnlich drastisch sehen sie die Lage bei Kohle. Die Weltkohlereserven hätten sich seit 1990 halbiert. Die Wissenschaftler rechneten vor, dass die weltweiten Vorkommen bei stagnierendem Verbrauch noch für etwas mehr als 100 Jahre reichen. Doch alle Zahlen und Prognosen zeigen: Der Energieverbrauch stagniert nicht, er steigt. Und zwar drastisch.

 

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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