Erdgas im Meeresboden 10.09.2013, 11:42 Uhr

Gasförderung im Mittelmeer neben einem Pulverfass

Trotz Finanzkrise sind die Zyprioten zuversichtlich: Spätestens 2017 soll die Förderung von Erdgas aus dem Aphrodite-Feld südlich der Insel beginnen und viel Geld in den klammen Staatshaushalt spülen. Auch Israel setzt auf den Erdgas-Boom im Mittelmeer. Trotz der Spannungen in der Region geht die Erschließung der Gasfelder weiter. 2014 soll die Gasförderung im großen Leviathan-Feld vor der israelischen Küste beginnen.

2011 entdeckte die Homer-Ferrington-Bohranlage von Noble Energy große Gasfelder vor der zypriotischen Küste.

2011 entdeckte die Homer-Ferrington-Bohranlage von Noble Energy große Gasfelder vor der zypriotischen Küste.

Foto: dpa

Ob Zypern wie erhofft 2017 von den Gasvorkommen im Aphrodite-Feld profitieren kann, ist noch fraglich. Die Türkei erkennt die Grenzlinien im Mittelmeer im Gegensatz zu Ägypten, Libanon und Israel nicht an und hat die Bohrungen der amerikanischen Explorationsgesellschaft Noble Energy als Provokation bezeichnet und droht Investoren wie dem italienischen Energiekonzern ENI mit Sanktionen. ENI will sich bei der Gasförderung im Aphrodite-Feld 150 Kilometer südlich von Zypern und beim Bau des geplanten Terminals zur Verladung des verflüssigten Erdgases (LNG) auf der Insel engagieren.

Im September 2011 hatte die texanische Ölfirma Noble im Mittelmeer mit Probebohrungen begonnen und dabei das neue Gasfeld südlich von Zypern entdeckt. Experten vermuten rund 100 Milliarden Kubikmeter Gas in dem Gebiet. Das entspricht dem jährlichen Gasverbrauch Deutschlands. Allein aus diesem Feld könnte Zypern seinen Energiebedarf ein Jahrhundert lang decken.

Ein Krisengebiet neben dem anderen

Aphrodite steht für den Gasboom, den das Östliche Mittelmeer derzeit erfasst. Dabei macht die Region derzeit vor allem durch den Bürgerkrieg in Syrien, die Krise in Ägypten und die anhaltenden Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern Schlagzeilen. Doch die Erschließung riesiger Energievorkommen geht dabei weiter.

Die US-Behörde United States Geological Survey (USGS) vermutet im sogenannten Levantinischen Becken vor den Küsten des Libanon und Israels und in der Region des Nil-Deltas Ölreserven von bis zu 3,5 Milliarden Barrel sowie Gasvorräte von 9,5 Billionen Kubikmetern. Das wäre 20-mal so viel Gas, wie in Europa jedes Jahr verbraucht werden. Und deshalb lassen sich Israel und Noble Energy auch von den Spannungen in der Region nicht abhalten, die Vorkommen zu erschließen.

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Leviathan-Feld soll 2014 mit der Produktion beginnen

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu gab dieses Jahr den Startschuss für die Förderung aus dem von Noble Energy entdeckten Tamar-Feld und wird nicht müde, auf die historische Bedeutung der Gasfunde für Israel zu verweisen. Das in drei Jahren von privaten Investoren für drei Milliarden US-Dollar entwickelte Feld ist dabei nicht einmal das größte Vorkommen im östlichen Mittelmeer. Noch größere Vorkommen hat Noble bereits 2010 im ungleich größeren Leviathan-Gasfeld aufgespürt.

Im Östlichen Mittelmeer lagern riesige Gasvorkommen im Meeresboden.

Im Östlichen Mittelmeer lagern riesige Gasvorkommen im Meeresboden.

Quelle: Noble Energy

Während Netanjahu die Gasfunde als „Manna vom Himmel“ preist, hat besonders die Entdeckung von Leviathan die Spannungen in der politisch sensiblen, von Bürgerkrieg, Revolution und  Glaubenskämpfen geplagten Region noch erhöht. Das riesige Gasfeld liegt nämlich nahe an der umstrittenen Grenze zwischen den Hoheitsgewässern Israels und des Libanons. Die radikal-islamische Hisbollah und erbitterter Feind Israels hat das Land schon beschuldigt, dem Libanon gehörendes Gas zu stehlen. Damit ist Libanon aber inzwischen gescheitert: Die um Hilfe angerufene UN hat entschieden, dass die Felder Leviathan und Tamar außerhalb libanesischer Gewässer liegen.

Leviathan ist aber nicht so weit entwickelt wie Tamar, geschweige denn in Produktion. Denn außer politischen Schwierigkeiten sind die Partner dort wegen der Tiefe der Lagerstätte auch auf technische Probleme gestoßen. Das Östliche Mittelmeer ist bis zu 4500 Meter tief, die Gasvorkommen liegen jedoch noch weit darunter. Nach vergeblichen Versuchen, die Felder in 7200 Metern Tiefe zu erreichen, in denen außer reichlich Gas auch 600 Millionen Barrel Öl lagern sollen, hat Noble Energy die Bohrungen unterbrochen und lässt in Südkorea ein Spezialschiff bauen. Nach dessen Lieferung Ende 2013 wollen Noble Energy und deren Konsortialpartner Leviathan die Bohrungen fortsetzen.

Das Leviathan-Konsortium hofft, dass spätestens im ersten Halbjahr 2014 die Förderung beginnen kann. Doch bevor Leviathan in großem Stil Gas oder gar Öl liefern kann, sind Milliardeninvestitionen fällig, darunter eine Pipeline-Verbindung nach Israel oder Zypern – vorausgesetzt Nikosia bekommt Geld für ein LNG-Export-Terminal.

Schwierige Sicherung der Bohr- und Förderplattformen

Unabhängig von technischen Risiken der Gasförderung im Östlichen Mittelmeer sind diese Arbeiten mit beträchtlichen Sicherungskosten gegen Anschläge belastet. Der allergrößte Teil dieser Sicherungseinrichtungen wird von den Israelis nicht nur bezahlt, sondern vor allem auch entwickelt und gefertigt. Dabei geht es im wesentlichen um den Schutz der Bohr- und Förderplattformen, der Transportschiffe und der Hubschrauber für den Personaltransport.

Dabei setzen die recht verschwiegenen Israelis vor allem auf hochgradig automatisiert arbeitende Frühwarnsysteme, die der Luftwaffe und Marine-Sonderkommandos genügend Zeit geben sollen, um Angriffe abzuwehren. Zugleich arbeitet Israel auch an einer speziellen Raketenabwehr, da nicht auszuschließen ist, dass Terroristen Plattformen mit Raketen angreifen.

 

Ein Beitrag von:

  • Axel Mörer-Funk

    Axel Mörer-Funk ist Gesellschafter der Medienagentur S-Press in Bonn. Nach einem Volontariat beim Bonner Generalanzeiger und dem Besuch der Journalistenschule Hamburg arbeitete er u.a. als freier Journalist für dpa, Bunte und Wirtschaftswoche.

  • Peter Odrich

    Peter Odrich studierte Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Verkehrsbetriebe. Nach 28 Jahren als Wirtschaftsredakteur einer deutschen überregionalen Tageszeitung mit langer Tätigkeit in Ostasien kehrte er ins heimatliche Grossbritannien zurück. Seitdem berichtet er freiberuflich für Zeitungen und Technische Informationsdienste in verschiedenen Ländern. Dabei stehen Verkehrsthemen, Metalle und ostasiatische Themen im Vordergrund.

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