Glas am Bau schafft zusätzliche Energieeffizienz
Die vergangene Finanz- und Wirtschaftskrise traf auch die Glasbranche. Mit der vom 28. September bis zum 1. Oktober 2010 in Düsseldorf veranstalteten Glasstec soll das nun wieder in Gang gekommene Geschäft untermauert werden. Große Hoffnungen setzen Aussteller auf den Absatz am Bau.
Themen wie Solartechnik und Photovoltaik werden auf der diesjährigen Messe „Glasstec“ eine besondere Rolle spielen. Kein Wunder: Das Thema Energie wirkt auf die Glasbranche wie ein Konjunkturprogramm. Entsprechend deutlich die Hinweise des Messeveranstalters auf den Themenbereich Energieeffizientes Bauen. So begleitet die Glasstec erstmals in direkter räumlicher Verzahnung die „International Trade Fair for Solar Production Equipment“ (Solarpeq), die sich gezielt der Produktion von Solartechnik widmen will.
Insgesamt haben sich zu Glasstec und Solarpeq rund 1260 Aussteller angemeldet, denen die Messe Düsseldorf zur Präsentation ihrer Produkte 63 000 m2 Nettofläche zur Verfügung gestellt hat. Glaserzeugnisse und Glasanwendungen für Flach- wie auch Hohlglas werden in den Hallen 9 bis 11 zu sehen sein. In den Hallen 11 und 12 sowie 14 bis 17 präsentieren die Aussteller Glasbearbeitungs- und Glasveredelungstechnologien. Mess-, Steuer- und Regeltechnik sowie Software für Glasmaschinen bietet die Halle 12, während in den Hallen 13 bis 16 Exponate aus dem Bereich Glasherstellung und Produktionstechnik zu finden sind.
Kern der Solarpeq ist die Halle 14, wobei sich Glasstec-Aussteller aber auch in den Hallen 9 bis 17 dem Thema solarer Produktionstechnik widmen wollen. Hierbei soll – so Glasstec-Projektleiterin Birgit Horn – ein Besucherleitsystem für Transparenz sorgen.
Wer mit wachen Augen das augenblickliche bauliche Treiben in den Industriestaaten verfolgt, wird unschwer erkennen: Glas war als Werkstoff in der Architektur noch nie so wichtig wie heute, und zwar sowohl im Außenbereich wie im Innenausbau. Kein Wunder, dass sich die Glasstec schon deshalb besonders mit dem Thema Bau befasst. Neue Verfahren und Technologien etwa zur Formgebung, Bedruckung und Bedampfung sollen auf der Messe vorgestellt werden. Auch will man multifunktionale Gläser präsentieren, die einen kreativen Einsatz am und im Gebäude ermöglichen.
„Bereits das breite Angebot der Aussteller aus den Bereichen Glasindustrie, Glasmaschinenbau und Glaserhandwerk macht die Glasstec attraktiv für Architekten, Bauingenieure und Fassadenplaner,“ betonte Birgit Horn vor der Presse. So solle unter dem Motto „Energieeffizienz mit Glas“ die Glasstec-Sonderschau „Glass technology live“ (gtl) verdeutlichen, welchen nachhaltigen Beitrag Glas zur Ressourcenschonung per intelligenter Dämmung, Lichtlenkung oder Energiegewinnung leisten könne.
Gleichwohl gehört in Deutschland die Glasproduktion neben den Bereichen Baustoffe, Chemie, Nichteisen-Metalle, Papier und Stahl zu den energieintensivsten Industriezweigen. Deshalb betonte der Bundesverband Glasindustrie im Vorfeld der Messe, Energie dürfe nicht immer teurer werden. Die energieverbrauchsintensiven Industriebereiche stünden in einem harten internationalen Wettbewerb und müssten als erste höhere Energiepreise ausbaden.
Fertigungsstätten mit hohem Energieverbrauch beschäftigen in Deutschland rund 875 000 Mitarbeiter, 14 % der Beschäftigten des Verarbeitenden Gewerbes. Und jeder Arbeitsplatz in der energieintensiven Grundstoffproduktion sichere etwa zwei Arbeitsplätze in anderen Industriezweigen.
Das mag mit ein Grund dafür gewesen zu sein, dass man auf der Glasstec 2010 die Vorteile des Glases beim Energiesparen gezielt herausstellen will. Wichtigster Aspekt bei der Schaffung von Energieeffizienz am Bau mit entsprechenden Glasprodukten: die passive Sonnenenergienutzung und die solaren Anwendungen. So soll nicht zuletzt die Solarpeq-Konferenz „Solar meets glass“ Vertreter beider Branchen an einen Tisch bringen, um die Synergieeffekte zwischen Glas- und Bauindustrie weiter zu verstärken.
Für die deutschen Glasmaschinenhersteller sei dieses Jahr wie auch das vorige ebenfalls schwierig, bestätigt der VDMA. „Allerdings läuft es im Augenblick besser als zu Jahresanfang erwartet,“ so Bernd-Holger Zippe, Vorsitzender des VDMA-Forums Glastechnik. Man scheine nach der Krise „die Kurve ganz ordentlich bekommen zu haben“. Bei den Unternehmen gingen wieder deutlich mehr Aufträge ein, obwohl sich die Umsätze immer noch im Minus befänden.
Tatsächlich sind in den ersten sieben Monaten diese Jahres die Auftragseingänge im deutschen Glasmaschinenbau preisbereinigt um 13 % gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr gestiegen. Das dürfte sich günstig auf die Umsatzentwicklung auswirken. Zum Jahresende 2010 erwartet die Branche einen Gesamtumsatz zwischen 600 Mio. € bis 650 Mio. €. „Grund zur Euphorie besteht aber nicht,“ stellte Zippe fest. Von dem Umsatzniveau, das die Branche 2008 erreicht hatte, sei man „weit entfernt“.
Rund zwei Drittel ihres Umsatzes erwirtschaften deutsche Hersteller von Glasmaschinen im Ausland. Eine starke Nachfrage verzeichnet die Branche vor allem aus dem Nahen und Mittleren Osten, aus Indien, China und Südamerika. Vor allem Brasilien mit seiner wieder wachsenden Bauwirtschaft und seiner konsumfreudigen Bevölkerung boome, weiß Zippe. Indien habe auch über die nächsten Jahrzehnte hinweg einen immensen Bedarf an Glas und berge großes Potenzial für den Maschinenbau. China laufe für die Unternehmen, die vor Ort sind, immer noch rund, auch wenn chinesische Billigangebote es ihnen zunehmend schwerer machten, sich am Markt zu behaupten. Zippe: „Wir versuchen, uns dem harten Preiswettbewerb zu entziehen und über Qualität und Service zu punkten. Und während in Europa der Pro-Kopf-Verbrauch bei etwa 30 kg Glas jährlich liegt, sind es in Indien gerade mal 0,5 kg, in China 3 kg.“
„Die Hauptabsatzmärkte für die Branche liegen auch zukünftig vor allem in Europa,“ so der Vorsitzende des VDMA-Forums Glastechnik. Schließlich sei der Maschinen- und Anlagenbau das Zugpferd und die Schlüsselindustrie für Energieeffizienz im produzierenden Gewerbe und in der Energieumwandlung. Beispiel: Glas für Photovoltaikanwendungen. Hinsichtlich der viel beklagten Verbrauchsintensität von Energie bei der Glasfertigung betonte Zippe, in den letzten 80 Jahren sei der durchschnittliche Energieverbrauch bei der Herstellung von 1 t Glas von etwa 6000 kWh um 75 % auf rund 1500 kWh gesunken. Möglich gemacht haben das, so Zippe, optimierte Verfahren, optimaler Material- und Rohstoffeinsatz sowie entsprechende Systemsteuerungen und Konstruktionen. ELMAR WALLERANG
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