Werkstoffe 22.12.2006, 19:25 Uhr

Glasfaser ersetzt Kupfer beim Hausanschluss  

VDI nachrichten, New York, 22. 12 06, rb – Die Zahl der Festnetz-Telefonanschlüsse geht weltweit dramatisch zurück. Telefoniert wird schon lange mehr übers Handy als über das Festnetz. Und seitdem auch die schnelle Datenübertragung drahtlos oder übers Fernsehkabel erfolgt, hagelt es Festnetz-Kündigungen. Wenn die Netzbetreiber ihre riesigen Infrastrukturen nicht vollends abschreiben wollen, sind Investitionen in Milliardenhöhe erforderlich.

Mehr als 100 Jahre lang sonnten sich die Telekommunikationsanbieter in einem technologischen und zumeist auch rechtlich abgesicherten Monopol. Der Besitz der Telefonkabel und die hoheitliche Aufgabe eines funktionierenden landesweiten Telekommunikationsnetzes sorgten für ein ruhiges Dasein und gute Gewinne.

Auch die beachtlichen Aufwendungen zur Aufrüstung der weltweiten TK-Backbones auf Glasfaserverbindungen in den letzten 15 Jahren hat an den Gewinnen keinen Schaden hinterlassen, denn die damit verbundenen Kapazitätserweiterungen bei gleichzeitig sinkenden Betriebskosten machten diese Investitionen schon nach kurzer Zeit wieder bezahlt. Doch jetzt droht den TK-Gesellschaften, dass sie einen großen Teil dieser Infrastruktur abschreiben müssen, wenn sie nicht bald mit den modernen Highspeed-Konkurrenzverbindungen gleichziehen können.

Bei der Sprachübertragung hat sich das Handy als Primärgerät schon lange gegenüber dem Festnetz durchgesetzt. Auch beim Internetzugang ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis UMTS, WLAN oder gar Wimax einen ausreichend schnellen mobilen Zugang bieten, der mit ADSL konkurrieren kann. Und selbst bei drahtgebundenen Anschlüssen gibt es bereits in vielen Ländern erhebliche DSL-Konkurrenz durch das Kabel-TV-Netz. In den USA beispielsweise liefern sich die DSL-Anbieter schon seit zehn Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den TV-Anbietern, weil das dortige Kabelnetz von Anfang an als Digitalnetz ausgelegt wurde.

Time-Warner bietet z. B. in New York für 150 $ den so genannten „Dreier-Pack“ an, das ist Kabelfernsehen, Internetmodem und VoIP-Telefon aus einer Hand – und aus einer Buchse. Wer an dieses Modem einen WLAN-Router anschließt, kann dann nicht nur drahtlos surfen sondern mit den neuen WLAN-Handys auch drahtlos telefonieren.

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In Deutschland ist die Situation vor allem durch die vorherrschende Stellung der Telekom nicht so dynamisch, doch in vielen anderen Ländern Europas sowie in Asien und Nordamerika stehen die Telefongesellschaften unter einem immensen Druck ihre Netze massiv aufzurüsten. Dabei geht es im Wesentlichen um die Abschaffung des Engpasses der „letzten Meile“, also den Hausanschlüssen.

Die vor 15 Jahren mit DSL geschaffene trickreiche Ausnutzung der Kupferkabel hat ihren Leistungshöhepunkt erreicht und ist wirtschaftlich nicht weiter ausbaubar. Ein neuer Leistungsschub ist nur noch mit einer neuen Verkabelung der End-User-Anschlüsse möglich – und das heißt Glasfaser bis ins Wohnzimmer.

Für diese Netzform gibt es verschiedene Abkürzungen: FTTH (Fiber-to-the-Home), FTTP (Fiber-to-the-Premises) und FTTB (Fiber-to-the-Building) – oder kurz FTTx. Hintergrund für den Begriffswirrwarr ist, dass das Glasfaserkabel zunächst nur bis in den Keller oder bis ans Grundstück verlegt wird und die Reststrecke bis ins Wohnzimmer nur dann ausgetauscht wird, falls die vorhandene Kupferverbindung die erforderliche Bandbreite nicht hergibt.

Denn das, was über diese Netze in die Haushalte eingespeist wird, ist selbst in ihren ersten Ausbaustufen schon eine beachtliche Leistung, die bis an 100 Mbit/s heranreicht. Diese End-User-Netze sind überwiegend als Passive-Optical-Network (PON) ausgelegt, das heißt, die Hauptstränge werden mit passiven Splittern in 16, 32 oder 64 Adern aufgetrennt. Der PON-Provider führt dann auch das erforderliche Switching und Routing durch.

So hoch wie die Leistung sind auch die Kosten. Amerikas führender FTTx-Provider, Verizon, rechnet, dass er bis 2010 noch rund 18 Mrd. $ in den Netzausbau stecken muss, was sich zu Gesamtkosten von 23 Mrd. $ addiert. Gegenwärtig kostet jeder Anschluss das Unternehmen 933 $, rund 200 $ mehr als ursprünglich kalkuliert. „Es ist das größte Projekt dieser Gesellschaft seit dem Aufbau des Kupfernetzes“, sagt Verizon-Chef Ivan Seidenberg, dessen Gehalt inzwischen vom Aufsichtsrat an den Projekterfolg gekoppelt wurde. Profitabel soll es nicht vor 2009 sein, so die bislang veröffentlichten Zahlen. AT&T arbeitet vorsichtiger und will vorerst nur weitere 350 Mio. $ in einen Testbereich rund um Austin, Texas, investieren.

In den US-Städten werden die Glasfaserkabel in Abwasserkanäle verlegt, eine preiswerte Vorgehensweise, die auch in Paris getestet wird. Trotzdem würde der Aufbau eines solchen Netzes für ganz Frankreich noch 7 Mrd. € verschlingen, meint der Provider Iliad.

Auch in Deutschland gehen die entsprechenden Investitionen in die Milliarden. Für das derzeit im Aufbau befindliche Netz zum Anschluss von zwölf Städten sind 500 Mio. € erforderlich und falls die Telekom die nächste Stufe mit 50 Städten angeht werden 3 Mrd. € fällig.

Koreas führender Anbieter KT will die nächsten drei Jahre jährlich 250 Mio. € investieren, um sein FTTH-Netz auszubauen, das gegenwärtig im Versuchsstadium operiert.

HARALD WEISS

In US-Städten liegen Kabel in Abwasserrohren

Ein Beitrag von:

  • Harald Weiss

    Freier IT-Journalist, IT-Analyst und IT-Consultant in Kaiserslautern. Nach verschiedenen Positionen in Softwareentwicklung,  MarCom und PR, 17 Jahre President New York Reporters in New York. Seit 2016 freischaffend wieder in Deutschland.

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