Kürzere Stillstandszeiten 12.06.2014, 10:40 Uhr

Gleitlack schmiert Maschinen und schützt vor Korrosion

Einen robusten Gleitlack, der ohne Fett schmiert, haben Forscher des Leibniz Instituts für Neue Materialien (INM) entwickelt. Bislang zeitaufwendiges Nachfetten von Maschinenteilen soll somit der Vergangenheit angehören. Der Lack bietet gleichzeitig Korrosionsschutz.

Ein Forscher des INM sprüht mit einem Roboterarm den neuen Gleitlack auf die Oberfläche von Zahnrädern. Die volle Leistungsfähigkeit erreicht der Lack nach dem Aushärten im Ofen. Anders als bei klassischen Schmierstoffen und Funktionsölen bilden sich im Maschinenalltag keinerlei Verklumpungen oder Verharzungen.

Ein Forscher des INM sprüht mit einem Roboterarm den neuen Gleitlack auf die Oberfläche von Zahnrädern. Die volle Leistungsfähigkeit erreicht der Lack nach dem Aushärten im Ofen. Anders als bei klassischen Schmierstoffen und Funktionsölen bilden sich im Maschinenalltag keinerlei Verklumpungen oder Verharzungen.

Foto: Leibniz Institut für Neue Materialien

Es ist ein wenig so etwas wie die Quadratur des Kreises: Forscher des Leibniz-Instituts für Neue Materialien (INM) mit Sitz in Saarbrücken haben jetzt einen Gleitlack für Metalle und Metalllegierungen entwickelt, der ohne Fett schmiert und gleichzeitig vor Korrosion schützt. Das ist der Normalfall: Bewegliche Maschinenteile wie Zahnräder, Gewinde, Kurbeln oder Fahrradketten verschleißen, wenn ihre metallischen Oberflächen aufeinander reiben. Dagegen helfen Schmierstoffe oder Funktionsöle.

Der Nachteil daran: Diese Schmierstoffe oder Funktionsöle verbinden sich mit Schmutz, mit Abrieb und mit Staub zu einer klebrigen Masse. Nach einiger Zeit ist alles verklumpt oder verharzt. Logische Folge sind häufige Wartungen, hoher Ressourcenverbrauch, umweltbelastende Abfälle und lange Maschinenausfälle.

Getreu ihrem Motto „Neues Denken – Neue Materialien“ vereinen die INM-Forscher nun in dem neu entwickelten Gleitlack die Eigenschaften so, dass separates Fetten überflüssig ist. Der Gleitlack eignet sich als Beschichtung für Metalle und Metalllegierungen, wie zum Beispiel Stahl, Aluminium oder Magnesium.

Partikel setzen sich wie in einer Schneekugel auf der Oberfläche ab

Der Lack besteht aus Flüssigkeiten, in denen sich feste Teilchen hin- und herbewegen. Das kann man sich ganz ähnlich wie bei einer Schüttelschneekugel vorstellen, in der sich der Schnee nach einiger Zeit absenkt und eine weiße Decke bildet. „Das Besondere an unserem Gleitlack ist seine Zusammensetzung und Struktur“, erklärt Carsten Becker-Willinger, Leiter des Programmbereichs Nanomere am INM. „Wir haben plättchenförmige Festkörperschmierstoffe und plättchenförmige Teilchen in ein Bindemittel eingebettet. Beim Auftragen dieses Gemisches auf eine Oberfläche entsteht ein wohlgeordnetes Gefüge, in dem sich diese verschiedenen Partikel dachziegelartig anordnen.“

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Ein Arbeiter baut ein Getriebe für einen Omnibus zusammen. Auch in solchen Getrieben könnte der Gleitlack in Zukunft zum Einsatz kommen.

Ein Arbeiter baut ein Getriebe für einen Omnibus zusammen. Auch in solchen Getrieben könnte der Gleitlack in Zukunft zum Einsatz kommen.

Quelle: dpa

Es bildet sich zwischen Gleitlack und Gegenkörper, also der metallischen Oberfläche, ein sogenannter Transferfilm aus, durch den Oberflächen reibungsarm aufeinander gleiten. „Erst durch das besondere Mischungsverhältnis hat unser Komposit einen sehr niedrigen Reibungskoeffizienten. Würden wir nur den Festkörperschmierstoff verwenden, wäre der Reibungskoeffizient deutlich höher“, sagt der Chemiker.

1000 Stunden Korrosionsbeständigkeit im Salzsprühtest

„Unser Gleitlack kann noch mehr“, erklärt Becker-Willinger weiter, „die Dachziegelstruktur sorgt nicht nur für reibungsarmes Gleiten. Sie wirkt wie eine feste Schutzschicht. Das ist ein besonderer Vorteil, denn damit verhindert unser Material zusätzlich das Vordringen von Feuchtigkeit auf Metalloberflächen. Es schützt also auch noch vor dem Verrosten – ein wichtiger Punkt, der ebenfalls dem Materialverschleiß entgegenwirkt.“ Diese Barriere verhindert wirkungsvoll das Vordringen von Feuchtigkeit oder Salzen auf Metalloberflächen.

Das Komposit zeigt im neutralen Salzsprühtest auf niedrig legiertem Stahl eine Korrosionsbeständigkeit von über 1000 Stunden. Dabei kommt der auf den zu schützenden Untergrund aufgetragene Gleitlack in eine Prüfkammer. Dort produziert eine gesprühte Salzlösung eine korrosionsfördernde Atmosphäre. Unter diesen Bedingungen beschleunigt sich der Korrosionsvorgang und der Überzug verliert seinen Korrosionsschutz. Da die Konzentration der wässrigen Salzlösung, die Temperatur, der ph-Wert und der Druck während der Prüfung konstant bleiben, können die Ergebnisse reproduziert werden. Am Ende der Prüfdauer werden die an dem Prüfkörper aufgetretenen Korrosionserscheinungen bewertet – also Rostgrad, Blasengrad und korrosive Unterwanderung der Beschichtungen.

Gleitlack kann per Sprühen oder Tauchen aufgebracht werden

Der neue Gleitlack lässt sich mit allen klassischen, nasschemischen Verfahren aufbringen, also zum Beispiel durch Sprühen oder durch Tauchen. Die volle Wirkung entfaltet der Lack dann durch Aushärten im Ofen. Dabei bildet sich die Dachziegelstruktur ohne weiteres Zutun in Selbstorganisation aus.

Das Saarbrücker INM zeigt diesen neuen Gleitlack am 16. und 17. Juni als eines der wenigen deutschen Forschungsinstitute in den USA auf der Fachmesse Tech Connect World in Washington DC. In Kooperation mit dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) präsentiert es am Stand 301, in der sogenannten German Area, den Gleitlack und andere neue Entwicklungen.

 

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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