Heftige Gasexplosion in Kaligrube tötet drei Bergarbeiter
Drei Männer sind bei der schweren Gasexplosion in einem Kalischacht bei Unterbreizbach in Thüringen wohl qualvoll erstickt. Ein große Menge Kohlendioxid hatte sich bei einer kontrollierten Sprengung aus dem Gestein in 900 Meter Tiefe gelöst und eine Staubwolke bis an die Oberfläche ausgelöst.
Um 13 Uhr und 10 Minuten knallte es am 1. Oktober heftig in einem dunklen Kalischacht in Unterbreizbach, der von der Firma K&S betrieben wird. Sieben Bergleute waren zunächst von den Versorgungsschächten abgeschnitten. Zwei schafften es aus eigener Kraft zurück an Licht und Luft, zwei weitere wurden von der Grubenwehr aus ihrem dunklen Verlies im Schutzraum in 700 Metern Tiefe befreit. „Es ist uns gelungen, die Beiden aus der Kammer zu befreien“, sagte ein Sprecher der Firma. Drei Bergleute galten zunächst als vermisst, niemand kannteihren genauen Aufenthaltsort. „Sechs Mitarbeiter der Grubenwehr sind momentan unter Tage und suchen die Vermissten“, so der Sprecher. „Das gestaltet sich allerdings als schwierig, weil das unterirdische Tunnelsystem so groß ist wie München.“
Sauerstoff für genau eine Stunde
Bereits direkt nach der Explosion bestanden somit keine guten Aussichten für die drei Vermissten. Denn auch die Zeit drängte. Jeder Kumpel dort unten in der Finsternis hat Sauerstoff für genau eine Stunde dabei. Innerhalb dieser Stunde müssen sich die Bergleute in einen Schutzraum gerettet haben, sonst ist der Tod sicher.
K&S-Sprecher Michael Wudonig sprach von einer „enorm starken Druckwelle“. Die Detonation beförderte eine gewaltige Staubwolke durch den Schacht bis an die Oberfläche. Offenbar hat sich Kohlendioxid, das in den Kalisalzen eingeschlossen sein kann, bei einer kontrollierten Sprengung in etwa 900 Metern Tiefe explosionsartig freigesetzt. Es sei „Betriebsalltag“, sagte Wudonig, dass bei Sprengungen im Gestein eingeschlossenes Kohlendioxid austritt. Es sei aber „absolut ungewöhnlich“, dass wie in diesem Fall schlagartig eine solche Menge Kohlendioxid entweicht, dann in den Schacht vordringt und sogar über Tage austritt.
Kalisalz ist vor rund 250 Millionen Jahren entstanden
Kali ist ein Salz und ist neben Stickstoff und Phosphor einer der wichtigsten Nährstoffe, um Pflanzen zu düngen. Das Kalisalz, das der Konzern K&S im hessisch-thüringischen Kalirevier abbaut, ist vor gut 250 Millionen Jahren entstanden. Im Bereich der heutigen Kalilagerstätten befanden sich zu dieser Zeit die Randbereiche früherer Kontinente. Durch die permanenten tektonischen Bewegungen entstanden in diesen Randbereichen immer wieder flache Meerwasserbecken, die durch Barrieren vom übrigen Ozean, dem sogenannten Zechsteinmeer, abgetrennt waren.
Das Meerwasser verdunstete im heißen und trockenen Klima und ließ neben vielen anderen Mineralien auch das Kalisalz auskristallisieren. Im Lauf der Zeit entstanden so vor vielen Millionen Jahren die üppigen Kalisalzvorkommen, die der Mensch heute aufwändig und unter großen Gefahren aus den Kavernen in der Tiefe der Berge holt.
Turbodünger für Nutzpflanzen
Kalisalz ist enorm wichtig für die Pflanzenernährung, das Kalium ist sogar das Hauptnährelement der Pflanzen. Der Mineralstoff Kalium verstärkt bei Pflanzen die Stoffwechselprozesse und intensiviert die so wichtige Photosynthese. Kalium beschleunigt die Umwandlung von Traubenzucker in Stärke und den Aufbau von Eiweiß. Und das sorgt für den gewünschten Wachstums-Turbo vor allem bei den Nutzpflanzen. Dabei ist das Düngemittel Kali nicht künstlich herstellbar, es muss mit großem Aufwand gewonnen werden.
So verwundert es kaum, dass der weltweite Kalibergbau im 19. Jahrhundert in Sachsen-Anhalt begann. Dort wo in den Tiefen unter den Bergen viel von dem begehrten Düngemittel lagerte. Um Kali zu gewinnen, muss es aus dem Gestein, in dem es gebunden ist, herausgelöst werden. Und zwar unter Tage. Dazu bohren die Bergarbeiter Löcher in das kalihaltige Gestein. Zum Ende der Schicht der Arbeiter wird in diese Löcher Sprengstoff eingebracht und dann kontrolliert zur Explosion gebracht.
Im Normalfall bringt dann die nächste Schicht das abgesprengte Gestein mit Radladern auf Förderbändern in die Fabrik, wo es aufbereitet wird. Im Normalfall ist es auch so, dass peinlich genau kontrolliert wird, welche Arbeiter gerade unter Tage sind. Denn gesprengt wird eigentlich erst, wenn alle wieder oben sind und das Bergwerk verlassen haben.
1958 gab es in Eisenach eine ähnlich schwere Explosion
Doch offenbar kommt es immer wieder auch zu Problemen. Wie jetzt, wo eine eigentlich vollkommen normale kontrollierte Sprengung, die wirklich beinahe täglich irgendwo im Bauch des Berges geschieht, derartig große Mengen an Kohlendioxid plötzlich freigesetzt werden und mit einer enormen Wucht explodieren. Dann rollt eine Druckwelle durch das gesamte Bergwerk. 1958 kam es in im Kali-Schacht in Menzengraben bei Eisenach zu einer ähnlich unkontrollierten Explosion. Das Kohlendioxid breitete sich in Sekunden im gesamten Stollen aus. Für sechs Bergleute kam jede Hilfe zu spät.
Drei Männer im Alter von 24, 50 und 56 Jahren sind tot
Zu spät kam auch jetzt bei dieser Explosion für die drei vermissten Bergleute jede Hilfe. Die drei Männer im Alter von 24, 50 und 56 Jahren sind tot.
„Mein ganzes Mitgefühl gilt den Angehörigen der drei Bergleute, die heute ihr Leben verloren haben“, sagte Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht. Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, erklärte: „Die Öffentlichkeit hat vielfach verdrängt, dass auch heutzutage Bergbau immer noch mit einem Risiko verbunden ist.“
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