Kratzer am Auto: Polymere lassen sie wie von Zauberhand verschwinden
Besondere Kombinationen aus Polymeren und Farbstoffen aktivieren mithilfe der Sonneneinstrahlung Selbstheilungskräfte. Sie können die Oberflächen von Autos, Smartphones und Baumaterialien besser schützen und Kratzer verschwinden lassen.
Autolacke sind wie eine Schutzschicht. Allerdings halten sie mechanischen Kräften oder anderen Einflüssen nur bedingt stand, und Kratzer drohen. Forschende haben sich jetzt damit beschäftigt, wie man die Oberfläche von Fahrzeugen besser schützen kann. Dabei setzten sie auf eine Art Selbstheilung, die durch die Einstrahlung von Sonnenlicht ausgelöst werden soll. An das Material für eine solche zusätzliche Schutzschicht werden bestimmte Anforderungen gestellt: Es muss farblos und transparent sein. Schließlich soll es die eigentliche Farbe des Autolackes nicht überdecken. Zudem muss eine Selbstheilung möglich sein, was die Auswahl der Materialien stark eingrenzt. Denn für die Selbstheilung sind sich frei bewegende Moleküle notwendig, allerdings ist dann die Haltbarkeit eher gering. Hingegen schwächeln Materialien mit besonderer Härte eben bei der Selbstheilungsfunktion.
Dem Forscherteam von Jin Chul Kim, Young il Park und Ji-Eun Jeong vom Korea Research Institute of Chemical Technology (KRICT) ist nun die Entwicklung eines transparenten Beschichtungsmaterials gelungen, das alle notwendigen Eigenschaften erfüllt. In ersten Versuchen haben die Ingenieurinnen und Ingenieure Kratzer in der Oberfläche mithilfe von Sonneneinstrahlung in 30 Minuten reparieren können. Dafür fertigten sie eigens ein Modellauto an. Mit einer speziellen Sprühmaschine trugen sie die Beschichtung auf. Anschließend setzten sie das Modellauto rund 30 Minuten der Mittagssonne aus. Danach war der Kratzer vollständig verschwunden, und die Oberfläche des Beschichtungsmaterials war wieder intakt.
Spezielle Beschichtung aus Polymer lässt Kratzer in Oberflächen verschwinden
Das Prinzip dieser Selbstheilung funktioniert so: Das neu entwickelte Material absorbiert das Sonnenlicht. Dabei steigt die Oberflächentemperatur an. Dahinter steckt die Umwandlung von Licht- und thermische Energie. Die erhöhte Oberflächentemperatur setzt die Selbstheilung eines Oberflächenkratzers in Gang. Das geschieht aufgrund eines Wechselspiels von Zersetzung und Neuordnung chemischer Verbindungen in der Polymerstruktur.
Das Forscherteam setzte ein kommerzielles Beschichtungsharz ein, dem es eine dynamische chemische Bindung zufügte, konkret eine spezielle Harnstoffstruktur. Dieser Stoff unterstützt die Zersetzung und Neuzusammensetzung der Polymerstruktur. Darüber hinaus mischten sie einen transparenten photothermischen Farbstoff bei, der aktiv eine dynamische chemische Bindung bei der Belichtung mit Sonnenlicht ermöglicht.
Spezielle Beschichtung aus Polymer kann Licht gut absorbieren und so Kratzer verschwinden lassen
Es gab bereits Versuche mit photothermischen Farbstoffen, die allerdings aus anorganischen Materialien bestanden. Sie waren jedoch nicht so einfach in der industriellen Anwendung einsetzbar, vor allem weil das Beschichtungsmaterial dadurch nicht transparent war. Darüber hinaus benötigen diese anorganischen Materialien eine besonders große Menge an Lichtenergie, um einen photothermischen Effekt zu erzeugen. Deshalb setzte das Forschungsteam auf transparente organische photothermische Farbstoffe. Sie können Licht, das der Infrarotstrahlung sehr nahe ist, gut absorbieren. Darüber hinaus lassen sie sich leicht mit den verschiedenen Lacken mischen und sind günstig in der Herstellung.
Das neu entwickeltes Beschichtungsmaterial soll künftig zum Beispiel bei Smartphones, Computer, Baumaterialien oder für Transportanwendungen eingesetzt werden. Auch bei Fahrzeugen sehen die Forschenden großes Potenzial – vor allem, weil das Material dazu beitragen kann, CO2 zu reduzieren. Denn gerade, wenn Fahrzeuge neu lackiert werden müssen, nutzt man dafür derzeit vor allem organische Lösungsmittel, die für Mensch und Umwelt schädlich sind. Ersetzt man diese Lösungsmittel durch das neue Beschichtungsmaterial, nähert man sich der CO2-Neutralität deutlich an.
Die besonderen Beschichtungen aus Polymer sind vielseitig einsetzbar
„Die entwickelte Technologie ist eine Plattformtechnologie, die selbstheilende Beschichtungsmaterialien synthetisiert, wobei sowohl kostengünstige kommerzielle Polymermaterialien als auch photothermische Farbstoffe verwendet werden. Wir erwarten, dass diese nicht nur in Klarlacken für Autos, sondern auch in zahlreichen weiteren Anwendungsfeldern eingesetzt werden können“, sagt Jin Chul Kim, Forschungsdirektor am KRICT zur Bilanz dieses Forschungsprojekts. Das staatlich finanzierte Forschungsinstitut KRICT gibt es seit 1976 und widmet sich vor allem Technologien, die für Chemie, Industrie und verwandte Bereiche erforscht und entwickelt werden. Das Ministerium für Wissenschaft unterstützte diese Forschung ebenfalls.
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